Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika
steilsten Spitze erklommen, als am Fuß des Hügels, am Saume eines niedrigen und nicht sehr dichten Gehölzes der »Chucuroo« plötzlich erschien. Niemals hatte ihn Sir John so in der Nähe gesehen. Es war wirklich ein ungeheures Thier. Seine kleinen Augen funkelten, seine geraden, nach hinten zu ein wenig gebogenen Hörner, eins vor dem andern stehend, von ziemlich gleicher Länge, vielleicht zwei Fuß groß und fest in der Knochenmasse der Nasenlöcher verwachsen, bildeten eine schreckliche Waffe.
Der Buschmann bemerkte das Thier zuerst, wie es eine halbe Meile entfernt unter einem Mastixgebüsch lag.
»Sir John, sagte er sofort, das Glück begünstigt Euer Gnaden! Da ist der Chucuroo!
– Das Rhinoceros! rief Sir John aus, dessen Augen sich plötzlich belebten.
– Ja, Sir John, antwortete der Jäger. Es ist, wie Sie sehen, ein prachtvolles Thier, das, wie es scheint, sehr geneigt ist, uns den Rückzug abzuschneiden. Warum dieser Chucuroo sich so an unsere Fersen heftet, begreife ich nicht, denn es ist nur ein einfacher Pflanzenfresser; aber er ist nun einmal da, dort in dem Gebüsch, und wir müssen ihn herausbringen.
– Kann er bis zu uns herauf? fragte Sir John.
– Nein, Euer Gnaden, antwortete der Buschmann. Der Abhang ist zu steil für seine kurzen, untersetzten Gliedmaßen. Auch wird er warten!
– Nun wohl, so mag er warten, sagte Ersterer, und wenn wir unsere Station untersucht haben, werden wir diesen unbequemen Nachbar ausquartieren.«
Sir John Murray und Mokum nahmen ihre einen Augenblick unterbrochene Untersuchung wieder auf. Sie beobachteten mit größter Sorgfalt die obere Lage des Hügels und wählten den Platz zur Aufstellung der Signalstange aus. Andere ziemlich bedeutende Anhöhen im Nordwesten mußten die Errichtung neuer Dreiecke außerordentlich begünstigen.
Als die Arbeit beendet war, sagte Sir John zum Buschmann:
»Wenn es Ihnen jetzt beliebt, Mokum.
– Ich stehe Euer Gnaden zu Befehl.
– Wartet das Rhinoceros immer noch?
– Immer noch.
– So wollen wir herabsteigen, und so gewaltig dies Thier auch sein mag, so wird eine Kugel aus meiner Büchse schon mit ihm fertig werden.
– Eine Kugel! rief der Buschmann aus, Euer Gnaden wissen nicht, was ein Chucuroo ist. Diese Thiere haben ein zähes Leben, und niemals hat man ein Rhinoceros durch eine , noch so geschickt abgeschossene Kugel fallen sehen.
– Bah! machte Sir John, weil man keine Spitzkugeln gebrauchte!
– Spitze oder runde, antwortete Ersterer, die erste Kugel wird ein solches Thier nicht niederstrecken.
– Nun gut, mein tapferer Mokum, versetzte Sir John, mit dem Selbstgefühl eines Jägers; ich werde Ihnen zeigen, was unsere europäischen Waffen vermögen, weil Sie daran zweifeln!«
Und bei diesen Worten lud Sir John seine Büchse, bereit Feuer zu geben, sobald die Entfernung ihm passend erschiene.
»Ein Wort, Euer Gnaden! sagte der Buschmann, ein wenig ärgerlich, und hielt seinen Gefährten durch einen Wink zurück. Würden Euer Gnaden wohl eine Wette mit mir eingehen?
– Warum nicht, wackerer Jäger?
– Ich bin nicht reich, sagte Mokum, doch würde ich gern ein Pfund gegen die erste Kugel Euer Gnaden wagen.
– Abgemacht, versetzte Sir John sofort. Ein Pfund für Sie, wenn dies Rhinoceros nicht unter meiner ersten Kugel fällt!
– Gilt’s die Wette? sagte der Buschmann.
– Es gilt.«
Die beiden Jäger stiegen den steilen Abhang des Hügels hinab und hatten bald fünfhundert Schritt vom Chucuroo Posto gefaßt, der unbeweglich liegen blieb. Er bot sich also Sir John’s Augen unter den günstigsten Verhältnissen dar, der ihn nach Belieben auf’s Korn nehmen konnte. Der Engländer glaubte selbst so leichtes Spiel zu haben, daß er in dem Augenblick, wo er zu schießen im Begriff war, dem Buschmann Zeit geben wollte, seine Wette zurückzunehmen, deshalb sagte er:
Ein Rhinoceros in Sicht. (S. 142.)
»Es bleibt noch dabei?
– Es bleibt dabei!« antwortete ruhig Mokum.
Das Rhinoceros blieb unbeweglich wie eine Schießscheibe. Sir John blieb die Wahl der Stelle, wo er ihn treffen wollte, um einen sofortigen Tod herbeizuführen. Er entschloß sich, ihn in’s Maul zu schießen, und da sein Jägerselbstgefühl ihn anfeuerte, zielte er mit größter Genauigkeit, welche der Unfehlbarkeit seiner Waffe zu Hilfe kommen sollte.
Die Karawane in herrlicher Gegend. (S. 148.)
Der Schuß knallte. Doch traf die Kugel statt des Fleisches auf das Horn des Rhinoceros und zerschmetterte
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