Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika
einnahm, mit dem Scorzef durch einen einzigen Triangel direct zu vereinigen. Der Gipfel des Berges, durch einen sehr spitzen Kegel gebildet, konnte sehr genau visirt werden und eignete sich also zu einer guten Beobachtung. Man brauchte deshalb nicht bis zur Nacht zu warten, noch eine Abtheilung Matrosen und Eingeborene zur Aufstellung einer Reverbere auf dem Gipfel des Scorzef abzuschicken.
Die Instrumente wurden gerichtet und der die Spitze des letzten südlichen Triangels bildende Winkel wurde zur größeren Sicherheit auf dieser Station nochmals gemessen.
Mokum, der sehr ungeduldig war, die Ufer des Ngami zu erreichen, hatte nur ein provisorisches Lager errichtet. Er hoffte noch vor Anbruch der Nacht an dem ersehnten Gewässer anzukommen; dennoch versäumte er keine seiner gewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln und ließ die Umgegend durch einige Reiter durchstreifen. Links und rechts gab es Gehölze, die es klug war, zu durchsuchen. Man hatte indeß seit jener Oryxjagd keine Spur mehr von den Makololos gesehen, und es schien, als hätten diese das Ausspüren der Karawane aufgegeben. Dessenungeachtet war der Buschmann mißtrauisch auf der Hut, um auf Alles gefaßt zu sein.
Während so der Jäger wachte, beschäftigten sich die Astronomen damit, ihr neues Dreieck zu vollenden. Nach den von William Emery gemachten Aufnahmen würde dieser Triangel sie ziemlich nahe dem zwanzigsten Breitegrad bringen, an welchem der Endpunkt des Bogens, den sie in diesem Theile Afrikas zu messen beabsichtigten, ablaufen sollte. Noch einige Operationen jenseit des Ngami, und sehr wahrscheinlich würde man damit das achte Stück des Meridians erhalten. Dann, nachdem man eine Prüfung der Berechnung vermittelst einer neuen, direct auf dem Boden gemessenen Basis vorgenommen, würde das große Werk vollendet sein. Man begreift also, von welchem Eifer diese kühnen Männer beseelt waren, als sie sich dem Ziele so nahe sahen. Und wie hatten währenddessen die Russen ihrerseits operirt? Seit den sechs Monaten der Trennung der Mitglieder der internationalen Commission, wo waren wohl in diesem Augenblick Mathieu Strux, Nicolaus Palander, Michael Zorn? Hatten sie ebenso harte Mühseligkeiten als ihre englischen Collegen erdulden müssen? Hatten sie auch unter dem Wassermangel, der drückenden Hitze des Klimas gelitten? Waren die Gegenden, welche sie denen von Livingstone beschriebenen nahe brachten, weniger dürr?
Vielleicht, denn es gab von Kolobeng an Dörfer und Flecken wie Schokuané, Schoschong und andere, nicht weit rechts vom Meridian, in denen sich die russische Karawane wieder versorgen konnte. Doch stand nicht zu befürchten, daß in dieser weniger öden, und daher von Räuberbanden unaufhörlich belästigten Gegend, die kleine Truppe von Mathieu Strux sehr den Gefahren ausgesetzt gewesen? Mußte man nicht aus dem Umstand, daß die Makololos die Verfolgung der englischen Expedition aufgaben, schließen, daß sie sich der russischen auf die Spur geworfen hatten?
Der immer in Gedanken vertiefte Oberst Everest dachte oder wollte nicht an diese Dinge denken, aber Sir John Murray und William Emery unterhielten sich häufig über das Schicksal ihrer ehemaligen Collegen. Sollte es ihnen beschieden sein, sich einander wiederzusehen? Sollten die Russen bei ihrem Unternehmen Glück haben? Würde dasselbe mathematische Resultat, das heißt, der Werth des Längegrades in diesem Theile Afrikas bei beiden Expeditionen, die gleichzeitig, doch getrennt, die Errichtung des trigonometrischen Netzes verfolgt hatten, übereinstimmend sein? Dann gedachte William Emery an seinen Gefährten, dessen Abwesenheit ihm so schmerzlich war, und er wußte wohl, daß auch Michael Zorn ihn niemals vergessen würde.
Indessen hatte die Messung der Winkeldistanzen begonnen. Um den an der Station anliegenden Winkel zu erlangen, handelte es sich darum, zwei Zielpunkte zu haben, von denen einer durch den kegelförmigen Gipfel des Scorzef gebildet wurde. Zum andern, links vom Meridian, wählte man einen spitzen nur vier Meilen entfernten Hügel. Seine Richtung ergab sich durch eins der Gläser der Winkelmeßscheibe.
Wie schon gesagt, war der Scorzef verhältnißmäßig weit entfernt. Doch hatten die Astronomen keine Wahl, da dieser isolirt stehende Berg der einzige Culminationspunkt der Gegend war. Es gab wirklich weder nördlich noch westlich, noch jenseits des Ngamisees, den man noch nicht bemerken konnte, irgend eine andere Anhöhe. Nun nöthigte die Entfernung des
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