Aber bitte mit Sake
einem der Stockbetten nieder. Ich kann mir nicht vorstellen, wie in diesem Raum vier Leute samt Gepäck Platz haben sollen. Die Kabine erinnert mich ein wenig an die Klassenfahrten meiner Schulzeit, sie hat echten Jugendherbergs-Charme. Das Bad ist nicht viel mehr als eine Nasszelle, mit einem Waschbecken, das aussieht, als hätte man es zu Ansichtszwecken in Miniaturform gegossen, die Toilette steht fast schon in der Dusche und ist von Kimikos Hightech- WC meilenweit entfernt.
»Nicht gerade luxuriös, aber zweckmäßig!« Immerhin, meine Zimmergenossin spricht Englisch; damit sind die größten Kommunikationsprobleme innerhalb der Kabine – zumindest was die Sprache angeht – gelöst.
»Nein, aber ich schätze, darum geht es hier auch nicht«, entgegne ich.
»Das ist richtig! Man muss sich einfach darauf einlassen. Diese Kreuzfahrt ist ein echtes Abenteuer, ganz besonders für uns Japaner. Viele der Passagiere haben Japan ihr ganzes Leben lang noch nicht verlassen. Glauben Sie mir, es ist faszinierend zu beobachten, wie sie sich im Laufe der Reise verändern.«
»Sie waren schon mal auf dem Peaceboat ?«, frage ich, überrascht.
»Ja, das ist meine dritte Fahrt. Das erste Mal hatte ich eine der Suiten mit Balkon auf dem obersten Deck, aber dort war ich sehr einsam. Deswegen habe ich mich dieses Mal entschieden, eine Kabine mit anderen zu teilen. Es ist immer besser, unter Menschen zu sein. Und in den Viererkabinen werden die Generationen bunt durcheinandergemischt. Das gefällt mir. Es hält jung.« Sie lacht.
»Was sind denn hier für Leute an Bord?«
»Vor allem Rentner und junge Leute, die gerade ihr Studium abgeschlossen haben. Das liegt daran, dass es in Japan kaum möglich ist, zu verreisen, während man berufstätig ist. Wir Japaner arbeiten sehr hart und nehmen nur ungern Urlaub. Uns stehen zwar im Durchschnitt zehn Tage pro Jahr zu, aber niemand von uns würde das ausnutzen. Das wäre sehr illoyal den Kollegen gegenüber.« Sie steht auf, streicht ihren Kimono glatt und streckt mir die Hand entgegen. »So begrüßen Sie sich doch in Europa, oder? Entschuldigen Sie bitte meine Unhöflichkeit, ich hab mich noch gar nicht vorgestellt. Watashi nonamae wa Kyoko Kikuchi desu . Ich bin Kyoko Kikuchi.«
»Dana Phillips.«
» Oai dekite ureshi desu. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
»Freut mich auch. Waren Sie denn auch berufstätig?«, nehme ich das Gespräch wieder auf.
»Ja, ich war Tänzerin für traditionellen japanischen Tanz. Und ich schneidere Kimonos.« Sie zeigt auf das Modell, das sie trägt. »Diesen hier habe ich zum Beispiel selbst genäht.« Neugierig sehe ich sie an.
»Und reisen Sie immer allein? Das ist doch sicher ungewöhnlich für Japaner?«
»Wir sind ja nicht allein. Wir sind hier in einer großen Gruppe. Aber falls Sie wissen wollen, ob ich häufiger ohne meinen Mann reise, lautet die Antwort: Ja. Erstens hält das die Ehe frisch, zweitens stammt mein Mann aus Russland und ist noch als Professor an der Universität tätig, obwohl er die siebzig weit überschritten hat. Die Forschung ist seine Leidenschaft, der er niemals drei Monate den Rücken kehren würde. Aber da er weiß, wie gerne ich auf Reisen bin, hat er es mir gestattet, allein zu fahren. Er ist ein sehr großzügiger Mann. Und sehr intelligent. Ich muss gestehen, im Gegensatz zu ihm passe ich auf, mein Gehirn nicht über Gebühr zu beanspruchen. Vom zu vielen Denken bekommt man Falten. Und ich möchte gerne, solange es möglich ist, jung und frisch aussehen.« Sie lächelt mich verlegen an. Verstohlen betrachte ich ihr Gesicht. Kyoko Rikuchi sieht deutlich jünger aus als siebzig. Vermutlich hat sie zusätzlich auch noch den einen oder anderen kosmetischen Eingriff machen lassen, denn ihre Haut ist unnatürlich glatt und spannt etwas zu sehr über den Wangenknochen.
»Das war natürlich nur ein Spaß. Um ehrlich zu sein, es ist das Tanzen, das mich in Form hält, auch wenn ich mittlerweile nicht mehr auf der Bühne stehe.« In diesem Moment fliegt die Tür auf und knallt gegen die Kabinenwand. » Konichiwa !« Mit einem Satz steht Crazy Girl vom Check-in in unserer Kabine. » Gelmany !«, ruft sie, als sie mich entdeckt und fängt an zu kichern. Kyoko schaut amüsiert, während ich etwas verschreckt zurückweiche.
»Ich schätze, wir haben eine neue Zimmergenossin«, murmelt sie, stellt sich dem Mädchen vor und verbeugt sich vor Crazy Girl , das immer noch aufgeregt auf und ab hüpft.
»Ich bin Kyoko. Sehr
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