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Aber bitte mit Sake

Aber bitte mit Sake

Titel: Aber bitte mit Sake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Phillips
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genug Vorstellungskraft besitze, um über das Schiff zu schreiben, selbst dann, wenn ich nicht in einer Viererkabine wohne. Aber Kimiko winkt ab.
    »Es wird dir gefallen, glaub mir. Du, ich muss weiter, die Abschiedszeremonie geht gleich los. Aber lass uns die Tage unbedingt zusammen essen! Dann stelle ich dir auch Henry vor.«
    »Henry?«
    »Henry ist einer der wenigen internationalen Gäste. Ein super Typ mit einer wirklich spannenden Geschichte. Du musst ihn kennenlernen. Ich habe ihm schon von dir erzählt. Er freut sich darauf, dich zu treffen. Also, demnächst mehr! Jamata  – Tschüß!«, ruft sie mir noch zu, bevor sie verschwindet. Henry. Wahrscheinlich ein Engländer. Ich werde auf jeden Fall nach ihm Ausschau halten. Suchend blicke ich mich um, aber an Deck kann ich niemanden entdecken, der einem Henry auch nur ansatzweise ähnlich sieht. Die Schiffssirene reisst mich aus meinen Gedanken, endlich stechen wir in See. Der Motor springt an, brummt laut, und ganz langsam setzen wir uns in Bewegung. Aus den Boxen ertönt »Good Life« von One Republic.
    Hopelessly, I feel like there might be something that I’ll miss. Hopelessly, I feel like the window closes oh so quick. Hopelessly, I’m taking a mental picture of you now. ’Cuz hopelessly, the hope is we have so much to feel good about. Oh this has gotta be the good life, this has gotta be the good life, this could really be a good life, good life …
    Ein Crewmitglied begrüßt die Gäste, die den Aufbruch zur 75.  Peaceboat -Tour bejubeln. Während die Passagiere vom Schiff aus bunte Girlanden über die Reling werfen, verlassen wir den Hafen. Am Pier halten die Menschen Schilder mit Herzen und Grüßen in die Höhe, die Abschiedsrufe werden mit dem Ablegen immer leiser. Vor mir liegt die große weite Welt und ich werde sie erkunden, sechs Wochen auf einem Kreuzfahrtschiff, und zwar allein unter tausend Japanern. Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet. Fest stehen nur mein Auftrag, mir die Kultur der Japaner näher anzuschauen, und der Wunsch, auf der anderen Seite der Erde den Kopf frei zu bekommen, um mir über meine Beziehung zu Raffaele klar zu werden. Was er wohl gerade macht? Ich starre eine Weile auf das Meer, ohne wirklich wahrzunehmen, dass der Hafen von Yokohama immer kleiner und kleiner wird, bis er kaum noch zu erkennen ist. Ob Raffaele genauso sang- und klanglos aus meinen Gedanken verschwinden wird, sobald wir die offene See erreichen? Ich schlucke. Dann werde ich unsanft aus meinen Gedanken gerissen.
    »Hier stecken Sie!« Kyoko, meine neue Zimmergenossin, steht vor mir und lächelt mich an. »Ich habe Sie schon gesucht. Gleich beginnt die Orientation , die dürfen Sie nicht verpassen.«
    »Die was?«
    » Orientation . Die Einführungsveranstaltung. Dort erhalten Sie wichtige Informationen bezüglich des Aufenthalts an Bord.«
    Langsam folge ich Kyoko im vorgegebenen Schritttempo über den Jogging-Track, vorbei am Fitnessraum, die Treppe hinunter, bis wir in der achten Etage auf dem Loungedeck landen.
    »Das ist der Freespace , hier finden Veranstaltungen statt, die Vorbereitung für Events, es gibt eine Spielecke. Und hier spielt abends die Band zum Tanz auf.« Gemeinsam durchqueren wir den großen, offenen Raum, in dem etliche rote Ledersofas und Sessel stehen, auf denen ein paar Japaner in unnatürlichen Verrenkungen den Schlaf der Gerechten schlafen. Im hinteren Bereich liegen Tatami -Matten, auf denen schon ein paar Leute sitzen. Natürlich ohne Schuhe. Zielstrebig steuert Kyoko die Bar an, auf der ein Schild mit der Aufschrift Bitte hier nicht schlafen! steht. Auch die Japaner scheinen sich nicht immer an die Regeln zu halten.
    »Taka!«, ruft Kyoko herzlich zum Kellner hinüber.
    »Kyoko. Wie schön, Sie wiederzusehen.« Er verbeugt sich vor Kyoko. Die beiden scheinen sich bereits zu kennen.
    »Das ist Dana, meine Zimmergenossin. Sie kommt aus Deutschland«, stellt sie mich dem Kellner vor. »Taka ist ein guter Bekannter. Ohne ihn hätte ich hier an Bord schon viele Abende allein verbringen müssen.« Sie blickt mich mit ernster Miene an, dann zwinkert sie mit den Augen und ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Taka rückt einen weiteren Pappaufsteller gerade: Please refrain from eating and drinking here after business hours , steht darauf geschrieben. Das wird hier langsam zum Running Gag. Wahrscheinlich stolpere ich morgen über ein Schild mit der Aufschrift Please refrain from existing .
    »Meine Güte, überall diese

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