Aber bitte mit Sake
ohne jegliche Meuterei, sondern können sich auch noch regelrecht für die Obrigkeitshörigkeit begeistern. Und so gibt es für fast alles ein umfangreiches Regelwerk. Das zu missachten ist streng verpönt. Denn der Japaner tanzt zwar gerne, allerdings nicht aus der Reihe. Im Land der aufgehenden Sonne hat jeder die gleichen Rechte und – was noch viel wichtiger ist – die gleichen Pflichten. Bei einer einfachen Begrüßung zum Beispiel ist ganz genau festgelegt, wer sich – je nach Alter, Position oder Geschlecht – wie tief und in welcher Reihenfolge zu verbeugen hat. Sich die Hände zu schütteln ist in Japan die Ausnahme. Körperkontakt wird vermieden, erst recht, wenn es sich um eine fremde Person handelt. Auch beim Übergeben einer Visitenkarte, der Meishi , kann man als Ausländer einiges falsch machen. Während man die Karten in Deutschland nach dem Austausch achtlos einsteckt, ist es in Japan unerlässlich, sie anstatt mit einer, unbedingt mit zwei Händen zu überreichen und entgegenzunehmen. Und auf keinen Fall darf man die Karte wegstecken, ohne sie gebührend bewundert zu haben. Sie in der Hosentasche verschwinden zu lassen gilt als grob unhöflich, am besten legen Sie sich ein eigenes Etui nur für Visitenkarten zu, so machen es die Japaner. Gebote und Regeln bestimmen den japanischen Alltag – von der Farbe des Geschenkpapiers über die Auswahl der richtigen Blumensorte bis hin zu Witzen über den Tenno, den Kaiser – die grundsätzlich verboten sind. Fast nichts liebt der Japaner so wie Regeln. Nur Warnungen liebt er noch mehr.
Schließlich lauern mögliche Gefahren überall! Vorsicht, der Boden ist glitschig! Achtung, der Kaffee ist heiß! Passen Sie auf, die Tür ist schwer! Halten Sie sich fest, wenn Sie die Treppe hinabsteigen! Bitte bleiben Sie hinter der gelben Linie! Denken Sie daran, Ihren Regenschirm mitzunehmen! Eigenverantwortung, ein Fremdwort für den Japaner. Fast überall finden sich praktische Hinweise und Anregungen zum Umgang mit Herausforderungen des Alltags. Auch automatische Bandansagen erfreuen sich in Japan großer Beliebtheit: blökende Ansagen in der S-Bahn, sprechende Rolltreppen im Kaufhaus oder schnatternde Fahrstühle. Kein Wunder, dass das japanische Wort urusai nicht nur laut , sondern auch gleichzeitig du nervst ! bedeutet.
Sayonara! Ihre Dana
7
Gericht: Natto (schleimige Bohnen) zum Frühstück
Japaner des Tages: Die Service-Gurus im Speisesaal
Place to be: Auf dem Pazifik
Erkenntnis: This is a drill, this is a drill, this is a drill!
V ier Uhr früh, mitten auf dem Pazifik, der Magen kribbelt. Wenn ich aus dem Bullauge schaue, sehe ich nichts als Wasser. Dunkles, aufgewühltes, von weißen Schaumkronen durchsetztes Wasser, das durch das Licht, das unser Schiff abgibt unheimlich leuchtet. Das Peaceboat schwankt gleichmässig auf und ab. Ein Gefühl, als ob ich auf einer großen Schaukel sitzen würde, die zwischen zwei alten, knorrigen Bäumen hängt und kräftig von einer Seite zur anderen schwingt. Es knarzt und knackt, ächzt und kracht. Dass das Schiff schon einige Jahre auf dem Buckel hat, kann man nicht nur sehen, sondern vor allem hören. Drinnen fallen Schranktüren zu und Scharniere quietschen, während draußen die Wellen rauschen und mit Kraft gegen den Bauch unseres Schiffes schlagen. Dank der Tabletten ist mir nicht mehr so übel, aber schlafen kann ich trotzdem nicht. Begleitet von einem Duett aus Rauschen und Rumpeln, steige ich leise die Leiter meines Stockbettes hinab, um Kyoko nicht zu wecken, die seelenruhig unter mir vor sich hin träumt. Crazy girl ist noch nicht wieder in unserer Kabine aufgetaucht, vermutlich macht sie – ganz wie es sich für ihr Alter gehört – mit einer Horde Jugendlicher das Schiff unsicher. Ich trete an das Bullauge, von dem aus ich auf die Wasseroberfläche schauen kann. Finster und leicht bedrohlich bäumen sich die Wellen vor dem Fenster auf. Langsam, aber gewaltig kämpft sich das Schiff durch den Ozean, während es sich in regelmäßigen Abständen hebt und senkt. Ich bin froh, keine Kabine erwischt zu haben, die unter der Wasseroberfläche liegt; so habe ich das Gefühl, ich könnte mich noch retten, wenn der Dampfer untergeht und die tief liegenden Decks bereits von Wasser geflutet werden. Leise verlasse ich die Kabine und schleiche durch die Gänge, Deck für Deck, einfach nur um etwas zu tun, um nicht weiter mit offenen Augen im Bett zu liegen und in die Dunkelheit zu starren. Es ist still,
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