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Aber bitte mit Sake

Aber bitte mit Sake

Titel: Aber bitte mit Sake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Phillips
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peinlich berührt blicke ich in die Runde. Es ist irgendwie merkwürdig, von einer Frau Komplimente zu bekommen und auf einen Drink eingeladen zu werden. Aber vielleicht ist das in Japan üblich. Ein Mann hat mir bislang jedenfalls noch kein Getränk spendiert. Wenn Raffaele das hören könnte! Ehe ich weiter darüber nachdenken kann, bringen uns die Kellner unser Dinnermenü. In Windeseile platzieren sie mehrere Schüsselchen auf dem dafür vorgesehenen Tablett, das schon die ganze Zeit vor mir auf dem Tisch stand. In der Mitte thront nun eine große Schale mit dünnen Nudeln, Ramen , die keinen Anfang und kein Ende zu haben scheinen. Daneben eine etwas kleinere Schüssel, in der sich eine dunkelbraune Fleischbrühe, Niku No Dashi , befindet. Dazu gibt es einen kleinen Salat, Sarada , ein Schälchen mit Eiern, Tamago , Schweinefleisch, Butaniku , und einen weiteren Teller mit frittiertem Fisch.
    »Gibt es hier eine Reihenfolge zu beachten?«, frage ich Kyoko, nachdem wir uns mit einem Itadakimasu guten Appetit gewünscht haben.
    »Quatsch«, mischt sich Henry ein. »Iss einfach so, wie du magst! Du musst dich nicht an all die japanischen Regeln halten. Du bist doch keine Japanerin.«
    »Aber ich bin doch hier zu Besuch«, entgegne ich zögerlich.
    »Es ist üblich, aus den verschiedenen Schälchen abwechselnd zu essen. Die Nudeln können Sie in die Brühe tauchen, bevor Sie sie zu sich nehmen, genauso wie die weiteren Beilagen«, entgegnet Kyoko. Ich versuche, die Nudeln mit den Stäbchen aus der Schüssel zu fischen, ein schwieriges Unterfangen. Mehrfach rutschen mir die dicken Reisbänder von den Stäbchen, und auch das Eintauchen in die Brühe ist kompliziert. Ich beobachte, wie der junge Mann neben Henry die Stäbchen hält. Er macht sich nicht die Mühe, die Ramen aufzurollen, sondern hebt sie nur an und saugt sie dann mit einem lauten Schlürfen in den Mund. Im Anschluss zieht er lauthals die Nase hoch. Was ist das denn für ein ungehobelter Kerl , frage ich mich, während ich weiter mit meinen Nudeln kämpfe. Von Tischmanieren hat der wohl auch noch nichts gehört! Etwas irritiert blicke ich erst ihn an, dann Kyoko, die ihre Ramen ebenfalls schlürfend verspeist, wenn auch etwas weniger geräuschvoll. Ich bin froh, als der Kellner den Sake bringt und ich meine Hashi erst mal zur Seite legen kann. Beim Trinken kann man wenigstens nicht viel falsch machen. Interessiert betrachte ich den Sake, der in einem kleinen Glas in einem Holzkästchen steht, in dem sich eine weitere Flüssigkeit befindet.
    »Ist das Wasser zum Kühlen?«, frage ich Kyoko verwundert. »Ich dachte, der Sake wäre warm?«
    »Ist er auch«, antwortet sie. »Das ist kein Wasser, in dem Holzkästchen befindet sich ebenfalls Sake.«
    »Interessant«, antworte ich verwundert. »Der Sake steht in einer Box mit Sake. Macht Sinn.« Ich proste der Runde zu. » Kanpai !«
    » Kanpai !«, antworten Kyoko und das Ehepaar, das mir gegenüber sitzt. Gaki prostet mir mit ihrem Wasserglas zu.
    »Das ist nicht nur interessant. Den Sake auf diese Art und Weise serviert zu bekommen, ist eine Ehre«, erklärt Kyoko mir. »Es ist in vielen Geschäften üblich, ein Glas in den Masu zu stellen und …«
    » Masu ?«
    »So nennt man den Holzbecher. Jedenfalls füllt der Kellner das Glas mit Sake so lange, bis es überfließt. So bekommt man als Gast mehr für sein Geld, da man schließlich nur ein Glas Sake bezahlt. Es ist also ein Zeichen von großem Respekt.« Ich nicke angetan, der lauwarme Wein schmeckt gut, wie ein Tee mit Schuss. Der Mann, der mit uns an unserem Tisch sitzt und bisher nichts zu der Unterhaltung beigetragen hat, zieht schon wieder die Nase hoch.
    »Was machen Sie denn eigentlich?«, wende ich mich an ihn.
    »Ich bin Comedian«, antwortet er und schnieft wieder. Damit habe ich nun nicht gerechnet.
    »Das heißt, Sie machen Witze?«, frage ich und versuche nicht darauf zu achten, dass er ein weiteres Mal lautstark die Nase hochzieht.
    »Ja, japanische Witze. Kennen Sie Manzai? Das ist eine besondere Art der Stand-up Comedy, dabei erzählen zwei Comedians in hohem Tempo Witze und nehmen sich gegenseitig auf den Arm. Ich würde Ihnen etwas vorführen, aber leider ist mein Partner nicht mit an Bord«, antwortet er und lacht. Dann schnieft er wieder auffällig. Ob er ein Taschentuch benötigt? Ich wende mich meinen Nudeln zu. Die nächsten Minuten verbringe ich erneut damit, die Ramen auf meine Stäbchen zu wickeln. Immer wieder blicke ich auf,

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