Aber bitte mit Sake
oder?« Riku grinst mich an. »Ich dachte, du bist Journalistin?« Er zwickt mich in die Seite, um mich zu necken. »Du hast dich wohl überhaupt nicht vorbereitet.«
Ich fühle mich ertappt. »Ich bin nur eingesprungen«, antworte ich entschuldigend. »Außerdem soll ich völlig unvoreingenommen an die Sache rangehen.«
»Du musst wissen, Japaner feiern sehr gerne. Eigentlich gibt es andauernd Feste«, erklärt mir Riku. »Einfach für alles Mögliche. Es gibt ein Puppenfest für Mädchen, einen Kindertag, das Tanabata-Fest im Juli, das einer unglücklichen Liebe gewidmet ist, das Bon-Fest, da denkt man an die Vorfahren der Familie, einen Tag zum Dank an die Arbeit und so weiter und so fort. Und einer dieser Feiertage ist eben das Sportfest.«
»Und was hat es damit auf sich?«
»Na ja, es gibt vier Gruppen, und die treten in den unterschiedlichsten Kategorien gegeneinander an. Im Tauziehen oder Bällchen werfen …«
Ich ziehe die Augenbraue hoch und blicke Riku fragend an. »Bällchen werfen?«
»Nun guck nicht so. Ein japanisches Sportfest ist ein bisschen wie ein Sommerfest. Die ganze Familie nimmt dran teil, man isst was zusammen, hat Spaß …«
»Beim Bällchen werfen? Ist das nicht eher etwas für Kinder?«
»Ach was! Nun sei nicht so erwachsen. Es wird dir Spaß machen, versprochen! Und du bist bestimmt auch ’ne super Seilspringerin!« Er lacht mich an. »Wann hast du Geburtstag?«
»Im Juni, wieso?«
»Dann bist du im blauen Team.« Gerade als ich Riku fragen will, in welcher Gruppe er ist, erreichen wir den Broadway-Versammlungsraum, in dem sich bereits etliche Passagiere eingefunden haben und in dem ein lautes Gemurmel herrscht. Auf der Bühne steht die Schiffsbarbie und unterhält sich mit einer älteren Dame.
»Ich möchte einen Ehemann«, sagt diese gerade.
»Wer möchte Aguris Mann werden?«, fragt Barbie lauthals in die Runde. Sofort schnellen mehrere Hände in die Höhe. Aufgeregt zeigt Aguri auf einen der Männer in der ersten Reihe, der sofort zu ihr auf die Bühne steigt und sich mehrfach vor ihr verbeugt.
»Und ich möchte eine Affäre haben«, wirft die Dame nun in die Runde. Ich glaube, ich habe mich verhört! Gefesselt von dem Spektakel auf der Bühne, verfolge ich die Prozedur.
»Ich auch!«, wirft ihr neuer Ehemann ein. Schnell werden eine weitere Frau und ein zweiter Mann gefunden, die sich zu dem frischgebackenen Paar gesellen. Und als wäre das noch nicht genug, bekommen auch die restlichen Anwesenden Ehepartner, die ihrerseits wiederum Affären haben. Verrückte Welt.
»Ich glaub, es geht los!«, sage ich entrüstet zu Riku. »Ich dachte immer, Japaner sind absolut korrekt? Und in einer Schiffsfamilie gibt es Affären?«
»Na ja, korrekt heißt das eher, dass man über außereheliche Aktivitäten nicht spricht. Aber unter der Hand sind Affären in Japan gang und gäbe.«
»Wirklich?«
»Ja. Die Ehe war lange Zeit einfach ein Bund, der das Fortbestehen der Familie sichern sollte. Was der Einzelne dabei fühlte, hat keinen interessiert. Und zum Teil ist das auch noch heute so. Deshalb sucht man sich in Japan Gefühle und Abenteuer oft außerhalb der Ehe. Das machen übrigens gerade Frauen, die ihre Gatten nicht mehr gerne sehen. Es gibt sogar einen extra Begriff für nervige Ehemänner: Sodaigomi , das heißt übersetzt Sperrmüll. Zugeben würde diese Zustände natürlich niemand. Aber es ist hinreichend bekannt. Such dir doch auch einen heißen Lover.« Riku lacht mich an. »Mich zum Beispiel.« Ich schüttle schmunzelnd den Kopf.
»Du meinst als Toyboy?« Ich grinse ihn an und versuche, nicht an Raffaele zu denken. Immerhin befinden wir uns gerade in einer Beziehungspause. Und offiziell ist daher alles erlaubt. Gebannt verfolge ich weiter das Geschehen. Auf der Bühne finden immer mehr Schiffsfamilien zueinander.
»Dana, das ist Nanami.« Riku stupst mich an und weist mit der Hand auf ein Mädchen, das sich zu uns gesellt hat. »Sie ist ebenfalls Übersetzerin auf dem Schiff.«
»Und, hast du schon eine Schiffsfamilie?«, frage ich sie.
»Ja, ich …«, Nanami fängt an zu lachen. »Ich … Ich … hahaha. Ich bin der Hund!«
»Was?« Ich kann es nicht fassen. »Wie geht das denn?«
»Na, die Frau auf der Bühne hat gesagt, sie will ein Haustier und dann habe ich Wuff gemacht. Und schwupps war ich der Familienhund.«
»Nicht im Ernst!« Ich kann nicht glauben, was ich da höre. »Es gibt ernsthaft Haustiere in den Familien?«
»Bei uns gibt es auch
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