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Aber bitte mit Sake

Aber bitte mit Sake

Titel: Aber bitte mit Sake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Phillips
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es dir doch einfach mal an. Es ist wirklich lustig und macht Spaß.« Ich blicke mich um und beobachte, wie immer mehr Japaner auf das Deck strömen, während das Schiff durch die sanften Wellen gleitet. Neben mir drehen sich fünf Mädchen im Kreis, ich vermute, sie tanzen Samba. In der Mitte des Holzdecks gibt ein japanischer Tanzlehrer der Salsa-Tanzgruppe Anweisungen. Der Wind weht mir durch die Haare, die Sonne scheint, und die friedlich vor sich hin tanzenden Japaner verbreiten eine angenehme Stimmung. Es hat etwas Beruhigendes, so als ob ich in einer Art Parallelwelt versinke, Galaxien von meinem normalen Leben entfernt. Allmählich merke ich, wie gut es tut, dem Alltag zu entkommen und etwas Anderes kennenzulernen.
    Riku stupst mich an. »Na, wovon träumst du?«
    »Ach, nichts Besonderes, aber es ist schön, hier zu sein.« Ich lächle ihn an, dann fällt mein Blick auf eine kleine, dicke Japanerin. Sie hat sich ein grünes Batiktuch als Rock um die Hüften geschlungen, außerdem trägt sie weiße Socken in silbernen Ballerinas. Als Krönung hat sie sich einen giftgrünen Halbmond aus Tannenzweigen auf den Kopf gebunden. Ungläubig starre ich sie an.
    »Wer ist das denn?«, frage ich Riku.
    »Ihren Namen kenne ich auch nicht, ich glaube, sie ist in Tahiti an Bord gekommen.«
    »Trägt man da so etwas?«
    »Vermutlich hat sie sich schon mal ihr Kostüm angezogen.« Riku grinst mich an.
    »Kostüm?«
    »Ja, wir trainieren den World Dance bis kurz vor Kuba, dann gibt es eine große Aufführung, an der auch ein berühmter Musiker teilnimmt. Er müsste eigentlich auch hier sein.« Riku blickt sich suchend um. »Yuuku ist in einer bekannten japanischen Boygroup und will diesen Tanz in sein Video einbauen. Er kommt bestimmt noch und …« Riku wird von einer älteren Dame unterbrochen, die ihn am Arm zieht.
    »Tja, tut mir leid, ich werde jetzt in Beschlag genommen. Ich bin in der Salsagruppe und …« Riku senkt die Stimme und flüstert: »Diese Frau hat ein Auge auf mich geworfen. Oh Mann.« Er wirft mir einen Blick zu, der bedeutet: »Ich weiß nicht, wie ich sie wieder loswerden soll ….« Aber um das auszusprechen ist er natürlich viel zu höflich. Die Japanerin zieht ihn von mir weg zur Mitte des Decks. Lachend winke ich ihm hinterher und beobachte, wie sie ihn um sich herumwirbelt. Sie ist schätzungsweise um die Siebzig, trägt ihre grauen Haare kurz geschnitten und eine Nickelbrille, die schief auf der Nase sitzt.
    Die Japaner positionieren sich an den unterschiedlichen Stellen auf dem Tikki-Deck. In der Mitte der Freifläche knien drei Japaner auf dem Boden, alle mit freiem Oberkörper und mit aufgemalten Zeichen auf den Rücken. Sie tragen hautfarbene Stirnbänder. Mit übertriebener Geste imitieren sie einen Herzschlag, springen kurz auf, reißen die Arme gen Himmel und lassen sich wieder auf dem Boden nieder. Während dieser kurzen Einstimmung verharren die anderen Tanzgruppen still sitzend am Boden. Dann kommt Bewegung in das Grüppchen in der Mitte, das wallende Tücher schwingt. Nach und nach wechseln die verschiedenen Tanzformationen sich ab und performen auf dem Holzdeck ihre Choreografie. Die Situation hat etwas leicht Skurriles, wie wir da mitten im Nichts über den Ozean schippern und ein paar Hundert Japaner mit vollem Elan und bei lauter Musik über das Schiff fegen. Die alte Frau mit dem Halbmond über dem Kopf zieht Riku fest entschlossen über die Tanzfläche. Er lächelt etwas gequält, als ich ihm zuwinke. Plötzlich bricht Hektik aus und die Tänzer stieben unentschlossen in verschiedene Richtungen auseinander. Es knackst in den Lautsprechern und ich sehe, wie die Schiffs-Barbie mit einem Mikrofon in der Hand auf das Deck tritt. Sie lächelt und blickt voller Ehrfurcht auf den Mann, der wenige Schritte hinter ihr ins Zentrum des Geschehens tritt.
    »Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten«, übersetzt Riku das Gesagte ins Englische. »Es ist mir eine große Ehre, Ihnen ankündigen zu dürfen, dass wir prominenten Besuch an Bord haben.« Sie hält einen Moment inne und lässt das Gesagte auf ihr Publikum wirken. Die anderen Japaner sind mucksmäuschenstill und starren wie gebannt auf den asiatischen Schönling, der mir schon im Hafen von Tahiti aufgefallen ist. Er trägt eine Boyfriend-Jeans, ein weißes Hemd, das lässig über der Hose hängt, darüber, wie als Krawattenersatz, hat er seinen Schal zu einem dicken Zopf gebunden. Seine Füße stecken in Doc-Martens-Schuhen mit

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