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Aber dann kam der Sommer

Aber dann kam der Sommer

Titel: Aber dann kam der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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deutlich! Was hast du da gesagt? Ellinor Berger will Dyveke kaufen?“ Die Stimme der Tante zitterte.
    „Ja, und niemand kann das verhindern. Rawen und Dankertsen haben sich auch die Pferde vom Reitklub gekauft. Wer sollte also Fräulein Berger untersagen, das gleiche zu tun? – Und ich hab’ doch Dyveke so lieb, weißt du – ich hab’ Dyveke genauso lieb wie du Nipp.“
    Die Tante war ganz weiß im Gesicht. Sie bebte vor Zorn, und als sie weiter mit mir sprach, war ihre Stimme eine merkwürdige Mischung von Zärtlichkeit und Wut.
    „Geh in dein Zimmer, Unni, nimm ein Bad und zieh dich um! Wir sprechen nachher noch über diese Angelegenheit.“
    Ich ging. Herrgott, daß man ein Pferd so lieben konnte! Als ob es nicht genug Pferde auf der Welt gäbe. Aber während ich in der Badewanne lag, meinte ich immerzu Dyvekes große, ängstliche Augen zu sehen und die wunden Stellen an ihren Flanken.
    Ich kühlte meine Augen, frisierte mich sorgfältig und machte mich so hübsch wie möglich.
    Die Tante war schon unten. Sie saß an ihrem Schreibtisch, hielt Nipp auf dem Schoß und starrte in die Luft.
    „Unni, ich soll dich von Else grüßen. Sie möchte dich heute den ganzen Tag über bei sich haben. Ditlef ist unterwegs, und sie fühlt sich so einsam. Lönnedal fährt dich hin.“
    „Ja, aber, Tante Agnete – das Mittagessen!“
    „Das wird Margit machen. Geh nur!“
    Die Tante war geradezu mit Eifer bemüht, mich rasch fortzuschicken.
    „Ja – wie du willst. – Also auf Wiedersehen, Tante, auf Wiedersehen, Nipp!“ Ich kraulte Nipp rasch ein bißchen hinter dem Ohr.
    Die Tante lächelte. „Du hast also Dyveke genauso lieb wie ich Nipp“, murmelte sie gedankenvoll. Sie winkte, daß ich gehen solle, und rief mir „viel Vergnügen!“ nach.
    Ich verlebte einen sehr netten und gemütlichen Tag bei Else. Wir spielten mit den Zwillingen und beschäftigten uns mit der kleinen Wencke. Klein-Ditlef und Agnete kamen herein und begrüßten mich. Heute benahmen sie sich nicht so wohlerzogen wie in Gegenwart des Vaters.
    „ Ditlefchen, bitte Schwester Dora, sie möchte herunterkommen, ja? Sei so lieb!“ sagte Else.
    Ditlefchen rührte sich nicht. Else wiederholte ihren Wunsch.
    „Ich lese!“ antwortete das liebe Ditlefchen. „Soll Tante Unni sehen, wie unartig du bist?“
    „Pah!“ machte Ditlefchen.
    Else wurde streng. Sie faßte den Jungen beim Arm und setzte ihn vor die Tür. „Du tust, was ich gesagt habe!“
    Mit durchdringender Stimme brüllte Klein-Ditlef von der Halle aus die Treppe hinauf: „Schwester Dora, mach, daß du ‘runterkommst, aber sofort! Mutti fällt mir schon auf den Wecker.“
    Else sah mich mit einem traurigen kleinen Lächeln an. „Kannst du begreifen, daß mir die Mädchen und die Kinderpflegerin nicht davonlaufen?“
    „Sie mögen wohl dich leiden“, sagte ich.
    „Mag sein“, sagte Else. Sie schien dabei an etwas ganz anderes zu denken.
    Um zehn Uhr abends kam Lönnedal mit dem Wagen und holte mich ab. Tante Agnete war schon zu Bett gegangen, und so schlich ich leise in mein Zimmer. Hier mußte ich wieder an Dyveke denken und weinte mein Kopfkissen naß.
    Am nächsten Morgen läutete die Tante ungewöhnlich zeitig, und schon vor elf Uhr war sie unten.
    Ich nahm wie immer Nipp, um mit ihm den allmorgendlichen Auslüftungsspaziergang durch den Garten zu machen.
    „Bring mir meinen Pelz“, sagte Tante Agnete, „ich gehe mit dir. Es ist so herrliches Wetter.“
    Es war wirklich herrliches Wetter, zwei bis drei Grad Kälte, eine dünne Schneedecke und strahlender Sonnenschein. Wir spazierten gemächlich durch den Garten. Die Tante fragte mich, wie es gestern gewesen sei, und wir plauderten freundlich und ohne besonderes Thema miteinander. So kamen wir bis ans äußerste Ende des Gartens. Die Tante ging auf das große, alte Stallgebäude zu und öffnete die Tür.
    „Ach, wirf doch mal einen Blick hinein, Unni!“
    Ich blickte in das Halbdunkel und zwinkerte mit den Augen. Ich sah einen Schatten, der sich bewegte. Dann hörte ich ein Stampfen und Schnauben, und dann – dann – dann begriff ich. Ich konnte Dyveke nicht erkennen, und doch wußte ich sofort, daß sie es war.
    „Dyveke!“ schrie ich und stürzte zu ihr in den Stand, schlug meine Arme um ihren Hals, wühlte mein Gesicht in die dunkelbraune Mähne und schluchzte laut auf.
    Dyveke wieherte leise und rieb ihren Kopf an meiner Schulter.
    „Na?“ fragte eine Stimme hinter mir. „Freust du dich?“
    Da stand die Tante im

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