Aber dann kam der Sommer
Nerzmantel mitten im Stall.
„Ach, Tante Agnete, ich kann nicht – ich weiß nicht – ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
„Dann sag eben gar nichts.“
„Aber, liebe Tante, erklär mir doch bitte…“
„Meinst du, da müsse noch etwas erklärt werden? Ich habe mich an Ditlef gewendet und gefragt, was man tun könne. Ich wollte mich doch nicht dreinfinden, daß diese unausstehliche Ellinor Berger uns überrumpelte. – Ja, Ditlef meinte, da sei nichts anderes zu tun, als daß wir Berger zuvorkämen – und so kauften wir das Pferd. Dein Freund Steen hat die Sache für mich erledigt. Gestern nachmittag hat er das Pferd hierhergeritten, und heute bekommen wir Heu und Hafer und wie das nun alles heißt. Auch das wird Steen in Ordnung bringen. Und Lönnedal hat sich bereit erklärt, das Pferd zu pflegen.“
Ich war sprachlos. Hätte mir jemand vor einem Jahr geweissagt, ich würde ein Pferd geschenkt bekommen, ich hätte ihm ins Gesicht gelacht. Ich mußte mich in den Arm kneifen, denn ich glaubte auch jetzt noch zu träumen. Und als ich es endlich begriffen hatte, umarmte ich die Tante so stürmisch, wie sie bestimmt noch nie umarmt worden war.
„Unni, nun beherrsch dich aber“, sagte die Tante. „Pfui, wie du nach Pferd riechst!“
Wahrscheinlich hatte die Tante gar nicht gewußt, was sie für mich tat, bevor sie meine riesengroße Freude sah. Für einen gewöhnlich Sterblichen ist es wie ein Märchen, wenn er einen Pelzmantel, Schmuck und ein Reitpferd zum Geschenk erhält. Aber jemand, für den der Reichtum eine Selbstverständlichkeit ist, findet es ganz natürlich, sich alles anzuschaffen, was er haben möchte. Ich glaube, es war für die Tante etwas ganz Neues und Amüsantes, meine unbeschreiblich große Freude über ein Geschenk zu sehen, wenn es sich auch um ein ungeheuer großes Geschenk handelte.
Und bald darauf kam Roar auf dem großen, schwarzen „Sleipnir“ angeritten. Er half mir beim Satteln, und wir machten einen langen Ritt. Wie herrlich war es, einfach reiten zu können, ohne auf die Uhr blicken zu müssen, ohne daran zu denken, daß andere Schüler auf die Pferde warteten. Sleipnir gehörte Dankertsen, und Roar durfte das Pferd nehmen, wann er nur wollte.
Wer niemals auf einem Pferd gesessen hat, weiß nicht, was vollkommenes Glücksgefühl ist. Das Reiten ist der wundervollste Sport der Welt, es läßt sich mit Worten überhaupt nicht beschreiben.
Roar warf mir einen lächelnden Seitenblick zu, als ich ihm zu erklären versuchte, wie wunschlos glücklich ich sei.
Auf einem Hügelkamm hielten wir die Pferde an und genossen die herrliche Aussicht über die schneebedeckten Felder, die Hügel und die Fjorde im Hintergrund.
„Kleines, warmherziges, eifriges Mädel“, sagte Roar lachend, „du bist so bezaubernd, Unni, wenn du so froh und munter bist.“
„Ja, findest du denn das Reiten nicht auch so wundervoll?“
„Ja, gewiß! – Weißt du nicht, was die Araber sagen? ,Das Paradies liegt auf dem Rücken eines Pferdes und in den Armen einer Frau!’ Den ersten Teil des Paradieses erlebe ich jetzt – und den zweiten…“
Er blickte mich dabei so sonderbar an, daß ich errötete. Dann drückte er Sleipnir an Dyveke heran, so dicht, daß er einen Arm um mich legen konnte.
„Du, Unni, ich möchte gern den zweiten Teil des Paradieses erleben – mit dir.“ Er küßte mich, wie er es vorher schon oft getan hatte, und blieb an meiner Seite, den Arm um meine Schultern gelegt. „Sag doch etwas, Unni!“
„Was soll ich denn sagen?“
„Uff, du kleiner Idiot, nun mach’s doch nicht so schwierig! Begreifst du denn nicht, daß ich hier sitze und versuche, dir einen Heiratsantrag zu machen?“
Die Luft war so klar, die Sonne schien so herrlich, Roar sah so gut aus in seiner Uniform, und seine Stimme war so warm. Der Ritt war so wunderbar und überhaupt das ganze Leben so unfaßbar schön – kurzum, ich sagte ja.
*
Tante Agnete schwebte im siebten Himmel. Sie schrieb einen Brief an Mutter und Vater, und ich durfte ihn lesen. Er strotzte nur so von Stolz darüber, daß sie, Tante Agnete, den Anlaß zu meiner großartigen Partie gegeben habe.
Auch ich selbst schrieb natürlich heim, und Roar schrieb einen ganz reizenden Brief, in dem er versicherte, wie sehr er mich liebe und daß er auf die Zustimmung meiner Eltern hoffe. Und wir schickten Bilder von uns, sehr gelungene und geschickt retuschierte Bilder, vom besten Fotografen der Stadt gemacht. Und Mutter und
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