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Aber dann kam der Sommer

Aber dann kam der Sommer

Titel: Aber dann kam der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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pfeift darauf und sagt, wir wären bis jetzt ohne Vitamine ausgekommen, da könnten wir’s auch weiter.“
    „So, Margit, nun machen Sie toi, toi, toi hinter mir“, sagte ich, während ich die Schürze abband, das Haar glättete und ins Speisezimmer ging.
    Es wurde ein Erfolg.
    Allerdings begann es mit Skepsis. Doch kaum hatte die Tante den Fisch probiert, meinte sie: „Hm – gar nicht schlecht!“ Und nachdem sie die zweite Portion gegessen hatte: „Hm – das ist wirklich gut.“ Nachdem sie zweimal von dem Salat genommen hatte, läutete sie nach Louise und fragte, warum denn, in aller Welt, Marie niemals frischen Salat auf den Tisch gebracht habe. Das konnte Louise nicht beantworten, aber es war ja nun einmal Tante Agnetes Gewohnheit, die falschen Leute die falschen Dinge zu fragen.
    Nun begann für die Tante eine neue Zeit. Sie bekam geröstetes Graubrot und Rohkostsalate, geraspelte Äpfel und den Saft von ausgepreßten Apfelsinen, sie bekam Seevögel als Schneehühner vorgesetzt, sie bekam saure Heringe und Leberpastete… Eines Tages wagte ich sogar, ihr Kalbsleber als Wildbraten zu servieren. Auch das ging glatt. Die Tante hielt sie für Hasenbraten, den sie seit ihrer frühesten Kindheit nicht mehr gegessen habe, und sie lobte meine geschickte Art, ihn anzurichten, indem ich vorher alle Knochen daraus entfernt hätte. Mir wären Leber und Sahnesoße beinahe in den falschen Hals gerutscht, denn erst jetzt fiel mir ein, daß die Tante ja einmal gesagt hatte, Innereien hätte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gegessen, und sie kämen – Gott behüte! – auch nicht in ihr Haus oder gar auf den Tisch!
    Und dann beging ich das größte Wagnis meines Lebens.
    Als ich daranging, das Essen für die Donnerstags-Gesellschaft zusammenzustellen, bekam ich zufällig einen ganzen Schwung delikater Schweineherzen. Ich nahm mir einen Vormittag lang Zeit, um sie zurechtzumachen. Sie mußten gereinigt, gespickt, gefüllt und zusammengenäht werden. Dann schwitzte ich lange über Maries größtem Schmortopf, würzte, schmeckte ab, band die Soße mit saurer Sahne, und als endlich die Herzen auf der Platte lagen, in dünne Scheiben geschnitten und mit Tomatenhälften und Petersilie garniert, da sahen sie so lecker aus, daß es die reine Freude war.
    Und die Gäste aßen, prosteten der Köchin zu und versuchten mich auszuquetschen, was es sei. Ich antwortete ausweichend mit allerlei Scherzen, und Ditlefmann bereitete die Tante auf eine ungeheure Schlächterrechnung vor. Alle aßen mit sichtlichem Genuß, und Louise mußte die Platten immer wieder füllen.
    Plötzlich öffnete Else den Mund – etwas, das höchst selten geschah. Mit einem Stück Fleisch auf der Gabel wandte sie sich an mich: „Unni, hast du eigentlich den Schneewittchen-Film gesehen.“
    „Ja – wieso?“
    „Ach, ich dachte nur gerade an die Worte des Zauberspiegels: ,Es ist das Herz eines Schweins, das du in deiner Hand hältst…’“ Und dann steckte Else, mit dem Unschuldsgesicht eines Engels, das Fleisch in den Mund.
    Erst nach dem Kaffee gelang es mir, sie unter vier Augen zu sprechen: „Else, um Himmels willen, verrate mich nicht!“
    „Ich denke nicht daran! Nenne es meinetwegen Wildschweinsteak, oder Fasanenbrust, oder wie du willst. Das hätte mir früher mal einer sagen sollen, daß ich bei Tante Agnetes Donnerstags-Gesellschaft Schweineherzen vorgesetzt bekäme – achtzig Öre das Stück!“
    „Einszwanzig, Else!“
    „So? Na, zu meiner Zeit kosteten sie achtzig. Das war bei uns ein feines Sonntagsessen, als ich klein war, mußt du wissen.“
    Dieser Donnerstag brachte mir übrigens noch einen weiteren Triumph. Es gelang mir nämlich endlich einmal, Christopher mit ph das Maul zu stopfen. Ich hatte es schon fast aufgegeben, denn sofern sich die Unterhaltung nicht um Ibsen oder gesunde Ernährung dreht, habe ich ja nicht viel zu vermelden.
    Christopher und Ditlefmann hatten sich mit ihren Zigarren in je einer Ecke des Sofas niedergelassen. Christopher hielt einen Vortrag über irgend etwas, und Ditlefmann langweilte sich sichtlich. Ich beschloß, ihm zu Hilfe zu kommen. In letzter Zeit war er viel netter zu Else gewesen, vielleicht, weil er herausgefunden hatte, daß es seinem Charme gut stände und seinem Ansehen im Urteil der Leute förderlich sein könne, wenn man zu all seinen anderen guten Eigenschaften auch noch behaupten würde, er sei ein guter Ehemann. Jedenfalls wirkte er fast menschlich, und so tat es mir aufrichtig leid,

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