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Aber dann kam der Sommer

Aber dann kam der Sommer

Titel: Aber dann kam der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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wenn Roar und ich allein waren, unterhielten wir uns über die Aussteuer und die Wohnung. Es war ausgemacht, daß wir im Herbst heiraten sollten.
    Dann kam eines Tages ein Brief von Vati. Das war an sich schon ein Ereignis, denn Vati ist kein sehr eifriger Briefschreiber. Für gewöhnlich begnügt er sich damit, durch Mutti Grüße auszurichten.
    „… Wir freuen uns für Dich“, schrieb Vati. „Dein Verlobter sieht hübsch und männlich aus, und wir freuen uns sehr, daß Du glücklich bist. Aber Du verstehst gewiß, daß es ein bißchen eigentümlich für uns ist, unseren zukünftigen Schwiegersohn nicht zu kennen. Schildere ihn uns doch einmal ausführlich. Wofür interessiert er sich? Verfolgt er die aktuellen politischen Fragen? Glaubst Du – ja, nun lachst du wohl über Deinen alten Vater – , glaubst Du, daß ihm unsere Ibsen-Abende gefallen würden? –
    Du weißt, wir haben noch keine Übung darin, Schwiegersöhne bei uns aufzunehmen. Du mußt uns ein wenig über Roar schreiben, damit wir die gleiche Wellenlänge finden, wenn wir mit ihm – hoffentlich recht bald – zusammentreffen…“
    Lange saß ich mit dem Brief im Schoß da. Er zwang mich zum Nachdenken. Was, in aller Welt, sollte ich darauf antworten? Was wußte ich von Roar? Daß er reich war, daß er gut ritt, daß er mich liebte… Das war alles!
    Ich versuchte, mir Roar in meinem elterlichen Heim vorzustellen, doch ich konnte ihn nirgends richtig einordnen. Worüber sollten Mutti und Vati mit ihm sprechen? Doch nicht ausschließlich über unsere Aussteuer und Pferde!
    Mit einem Male ging mir mit erschreckender Klarheit auf – einer Klarheit, die mir ein Frösteln über den Rücken jagte – , daß ich den Mann, mit dem ich mein ganzes Leben verbringen wollte, überhaupt nicht kannte „Wofür interessiert er sich?“ hatte Vati gefragt. Eine höchst naheliegende Frage! Aber ich hatte keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte. Nun gut, das einfachste war ja, Roar selbst zu fragen. Noch am gleichen Abend, als wir in der Sofaecke zusammensaßen, fragte ich geradeheraus: „Du, Roar, erzähl mir doch mal: Was ist dein allergrößtes Interesse?“
    „Mein allergrößtes Interesse? Das ist Fräulein Unni Björk. Und später wird es Frau Unni Steen sein.“
    Ich mußte lächeln. Roar war so reizend in seiner Verliebtheit. „Du bist ein Unikum, Roar, aber nun antworte mir mal richtig. Wir können doch nicht unser ganzes Leben damit zubringen, uns gegenseitig zu erzählen, wie lieb wir uns haben. – Was liest du am liebsten, und was tust du besonders gern außer arbeiten und reiten? Also?“
    „Aber nein, Unni, willst du wirklich anfangen, ernsthaft zu werden? – Was ich lese? Ich habe nie viel Zeit zum Lesen. Und wenn ich nicht arbeite oder reite, dann unterhalte ich mich am liebsten mit dir.“
    Doch ich gab mich noch nicht zufrieden. „Worüber unterhältst du dich denn mit anderen Menschen?“
    Nun wurde Roar ein klein wenig ungeduldig. „Nein, das kann ich dir wahrhaftig nicht sagen. Was meinst du eigentlich? Warum fragst du so?“
    „Na ja, weil ich dich gern richtig kennenlernen möchte.“
    Roar brach in schallendes Gelächter aus. „Ach, du mein kleiner, ernsthafter Schatz, du! Das Leben ist so herrlich, Unni, laß uns das nicht wegphilosophieren. – Schau dir lieber hier diese Zeichnungen zu den schicken Speisezimmermöbeln an. Ich glaube, die werden dir sicher gefallen.“ Und Roar breitete die Zeichnungen aus, und wir sprachen von Tischen und Stühlen und Schränken.
    Und so schrieb ich an Vater, daß Roar ein aufgeweckter, intelligenter Mensch sei, daß er aber zum Lesen kaum Zeit habe. Den Sommer über müsse er als Reserveoffizier exerzieren, und den Rest des Jahres nähme ihn sein Geschäft in Anspruch. Er sei Mitinhaber einer großen Eisenwarenhandlung.
    Doch mir schien es mit einem Male, als habe sich eine kleine Bakterie in mein Glück eingeschlichen und verursache dort eine Gärung.
    Eines Abends hatten wir Gäste gehabt. Lönnedal fuhr ein paar von ihnen nach Hause, darunter auch Roar und Christopher mit ph. Am nächsten Morgen war Lönnedal krank. Er sei stark erkältet und habe Fieber, erzählte mir Margit.
    „Ja, aber wie hat er sich denn das geholt?“ fragte ich.
    Lönnedal hatte es Margit anvertraut, und sie sagte es mir: Der Herr Leutnant und ein paar andere Gäste seien noch zum Herrn Rechtsanwalt hinaufgegangen und hätten Lönnedal gebeten, so lange zu warten. In der Nacht sei es sehr kalt und windig

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