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Aber dann kam der Sommer

Aber dann kam der Sommer

Titel: Aber dann kam der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Bescheid sagen, daß sie heizt – sagen wir, am ersten Feiertag?“
    „Ja, gern!“
    Endlich fiel der Tante ein, uns miteinander bekannt zu machen.
    Der Eiermann, mein Retter, hieß Rune Tangen. Der Tangen-Hof war der nächste Nachbar von Kollen, Tante Agnetes Landsitz bei Leirstad, zwanzig bis dreißig Kilometer von der Stadt entfernt. Zu den Festtagen pflegte Rune herzukommen, um Tante Agnete mit Eiern und Sahne zu versorgen. Seit zwanzig Jahren verbrachte die Tante jeden Sommer einen Monat auf Kollen. In den übrigen elf Monaten war es Borgny Tangen, Runes Schwester, die das Haus verwahrte und im Winter auch heizte, damit das Inventar keinen Schaden litt. Sie gab auch Bescheid, wenn etwas nicht in Ordnung war. Als Halbwüchsiger hatte sich Rune manches schöne Stück Geld mit Gartenarbeit bei der Tante verdient.
    Ich freute mich darauf, Kollen zu sehen. Nach den Fotos zu urteilen, die die Tante mir gezeigt hatte, mußte es dort wunderschön sein.
    Tante Agnete nickte Rune zu und ging wieder nach oben. Aber ich tat, als hätte ich noch etwas in der Küche zu tun. Ich hatte Lust, mich noch ein wenig mit dem Eiermann zu unterhalten, der so gut mit Dyveke umzugehen verstand.
    „Tangen?“ sagte ich fragend. „Margit heißt doch auch Tangen, nicht wahr, Margit?“
    Sie nickte sichtlich stolz. „Ja! Ich bin doch Runes Kusine. Ich stamme auch aus Leirstad. Rune hat mir die Stellung bei Frau Garde verschafft.“
    „Geben Sie mir auch einen Schluck Kaffee, Margit? Seien Sie so lieb!“ bat ich. „Der Kaffee in den großen Tassen sieht so gemütlich aus.“
    „Wollen Sie ihn denn hier trinken, gnädiges Fräulein?“
    „Ja! Darf ich denn das nicht?“
    Ich bekam meinen Kaffee und dazu dicke Scheiben frischen Würzkuchen und versuchte, mich mit Rune zu unterhalten. Er war höflich, aber zurückhaltend. Er antwortete kurz und sagte nicht mehr als nötig. Etwas fiel mir gleich an ihm auf: er aß bemerkenswert manierlich. Ich mußte an Tante Agnete denken, die immer Brot und Gebäck mit dem Kaffee hinunterspülte, was mich schrecklich irritierte. Sie hätte nur einmal sehen sollen, wie Rune ein Stückchen Würzkuchen nach dem anderen in den Mund schob, gründlich und lange kaute und dann den Kaffee hinuntertrank.
    Margit fing an, ihn nach Neuigkeiten von daheim zu fragen. Ich merkte, daß ich störte, und darum ging ich. Aber ich fand, daß es in der Küche bei Rune und Margit viel behaglicher gewesen war als im Wohnzimmer.
    Später berichtete mir Margit ausführlicher über Rune. Er war der jüngere von zwei Brüdern und eigentlich Tierarzt. Kein Wunder also, daß er mir Anweisungen für die Behandlung von Dyveke geben konnte, dachte ich. Als sein Vater starb, übernahm zuerst der ältere Bruder den Hof. Aber dann starb auch er, und so gab Rune seine Tätigkeit als Tierarzt auf und kam heim, um als Landwirt weiterzuleben.
    „Sie können mir glauben, gnädiges Fräulein, Tangen ist ein feiner Hof“, versicherte Margit mit strahlenden Augen. „Solche Ställe und Scheunen gibt es nirgends. Rune hat alles umgebaut. Nun wohnen die Tiere so vornehm wie Prinzen und Prinzessinnen. Er hat vier prämiierte Kühe – außer den anderen Kühen, meine ich, und wegen seiner Pferde ist er richtig berühmt. Ja, sogar der Hofhund und die Katze im Stall sehen besser aus als andere Hunde und Katzen. Und wie gut Rune zu seiner Mutter ist. O ja, der ist schon ein feiner Kerl, der Rune, glauben Sie mir!“
    Ja, den Eindruck hatte ich auch!
    Dann machte ich mich daran, für Tante Agnete, Tante Hanna, die Mädchen und Lönnedal Ostereier aus Marzipan zu fabrizieren. Dazu mußten Mandeln feingemahlen werden – kurzum, ich hatte viel zu tun und dachte nicht mehr an Rune. Dagegen dachte ich an Roar. Ich sah auf den glatten Ring an meiner Hand und auf den Diamanten, der an der anderen glänzte, und ich wußte, daß ich an Roar gebunden war. Heute mußte ich wirklich an ihn schreiben!

Auf Kollen
     
     
    Roar schrieb fleißig an mich. Seine Briefe waren zwar nicht gerade lang und vielleicht auch nicht allzu inhaltsreich, aber sie enthielten doch stets das, worauf ich den meisten Wert legen mußte: daß er sich sehr nach mir sehne, und daß er mich über alles liebe.
    Das brachte mein Herz zum Schmelzen, und ich ritt nochmals zum Aussichtspunkt hinauf und dachte an unseren Verlobungstag zurück. Die gute Stimmung setzte sich in mir fest, und so schrieb ich herzlicher an Roar, als ich es sonst vielleicht getan hätte. Roar war so gut zu mir,

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