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Aber dann kam der Sommer

Aber dann kam der Sommer

Titel: Aber dann kam der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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die schleppende Stimme von Doktor Bogard dazwischen:
    „Fräulein Unni, Sie sind doch nicht etwa die Tochter von Rektor Björk – Tor Björk, der die Abhandlungen über Ibsen geschrieben hat?“
    „Doch“, sagte ich. Wer jetzt noch ein einziges herabsetzendes Wort über meinen Vater sagte, der sollte es mit mir zu tun bekommen!
    „Dann freut es mich doppelt, Sie kennengelernt zu haben“, sagte Doktor Bogard. „Ihr Vater ist eine der interessantesten Persönlichkeiten, die ich getroffen habe. Leider ist das schon sehr lange her. Ich begegnete ihm auf einer Studentenversammlung vor mehr als zwanzig Jahren. Wollen Sie ihm bitte die ergebensten Grüße übermitteln von jemandem, der seinen Vortrag über Ibsens ,Brand’ niemals vergessen wird.“
    Oh, wie das mein Herz erwärmte! Und wie freute ich mich, daß Bogard dies sagte und Roar es hörte!
    „Ich bin übrigens der gleichen Meinung wie Ihr Vater“, sagte Bogard. „Wenn jemals in der norwegischen Dramatik etwas Besseres geschrieben worden ist als ,Brand’, dann ist es ,Die Wildente’.“
    Roar reckte sich auf. Sein Gesicht bekam einen interessierten Ausdruck.
    „Apropos, Wildente!“ sagte er. „Hab’ ich euch eigentlich erzählt, daß ich im vorigen Herbst auf der Seevogeljagd zwei Wildenten mit einem Schuß heruntergeholt habe?“
    Ich schielte vorsichtig zu Doktor Bogard hinüber. Sein sonst nur angedeutetes Lächeln war richtig breit geworden. Wie nett hätte es sein können, ihn so lächeln zu sehen, hätte es nur nicht meinem Verlobten gegolten, der sich lächerlich gemacht hatte. Auch Vera lächelte ganz offensichtlich über ihn.
    Ich wünschte mir ein Mauseloch, um mich darin verstecken zu können.
     
    *
     
    Als Roar mich fragte, ob ich mitkäme, wenn er mit Rawens und ein paar anderen aus dem Klub eine Osterfahrt mache, sagte ich nein. Ich verschanzte mich dahinter, daß ich in letzter Zeit Tante Agnete sehr vernachlässigt hätte und mich ihr jetzt für eine Zeit widmen müsse. Und ich versicherte Roar, er brauche keinerlei Rücksicht auf mich zu nehmen und solle ruhig allein reisen.
    Tante Agnete war gerührt über mich. Weder sie noch Roar ahnten den eigentlichen Grund, weshalb ich zurückbleiben wollte: Ich hatte mich entschlossen, meinen ganzen Mut zusammenzunehmen und mich durch alle Unannehmlichkeiten der letzten Zeit zu einer Klarheit über mich selbst durchzuringen.

Ostereier
     
     
    Die ganze „Bande“ war weggefahren, ebenso die ganze Familie. Nur Tante Hanna war in der Stadt zurückgeblieben, außer Tante Agnete und mir.
    Ich begleitete Roar und die anderen zum Bahnhof. Frau Rawen trug einen weißen Pelzanorak, und Roar sah in seinem dunkelblauen Sportanzug mit der Slalombluse besser denn je aus. Alle waren fröhlich und ausgelassen und schon richtig in Osterferienstimmung.
    Einen Augenblick war ich nun doch betrübt, daß ich in der Stadt zurückbleiben sollte. Aber dann dachte ich an das schöne Haus, in dem ich wohnte, an mein hübsches Zimmer und – vor allem – an Dyveke. An Dyveke hauptsächlich. Während Lönnedal krank war, hatte ich die Stute ganz allein gepflegt, und nun liebte ich sie noch mehr als vorher.
    So saßen also Tante Agnete und ich allein da. Wir spielten Karten, plauderten, strickten und hatten es ganz gemütlich. Manchmal kam Tante Hanna dazu. Sie paßte so gut in unser friedliches Dasein hinein.
    Und jeden Morgen stand ich zeitig auf, sattelte Dyveke selbst und trabte davon. Dabei rumorten die Gedanken in meinem Kopf. Darunter meldete sich auch einer, der meinte, ich solle besser Schluß machen mit Roar. Aber ein anderer hielt dagegen, daß es doch feige sei, gleich bei der ersten Schwierigkeit aufzugeben. War es denn nicht auch eine Art von Snobismus, wenn ich mir einbildete, Roar sei für mich nicht intelligent genug?
    Ich ritt hinauf zu dem Aussichtspunkt, wo Roar mir den Heiratsantrag gemacht hatte. Dort rief ich mir ins Gedächtnis zurück, wie reizend er immer zu mir war, wie sehr er mich liebte, ich dachte an all die Kosenamen, die er mir gegeben hatte, und ein wenig dachte ich wohl auch daran, wie mich meine Freundinnen um den hübschen Leutnant beneideten.
    Die Geschehnisse, über die ich mich so geärgert, und die Gelegenheiten, bei denen Roar sich blamiert hatte, glitten mehr und mehr in den Hintergrund. Und in meiner Erinnerung blieb nur noch der gute, verliebte Mann zurück, von dem ich so hübsche Geschenke bekam, und der so herrliche Geländeritte mit mir machte.
    Nein, ich wollte

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