Abgeferkelt: Roman (German Edition)
recherchieren Sie diesen Sachverhalt erst mal, bevor Sie sich ein Urteil bilden«, erwiderte Jonas unbekümmert. »Wassermelonen schmecken nämlich deutlich süßer, wenn man eine Prise Salz auf das Fruchtfleisch streut. Kann ich nur empfehlen.«
»Nicht in diesem Leben. Zu viel Salz fördert Cellulite.«
»Igitt! Haben Sie welche?«, wollte Louisa sofort wissen.
»Früher oder später bekommt jede Frau Cellulite«, meinte Kati. »Aber zum Glück kann man gegensteuern: mit Bewegung, Pflege und ausgewogener Ernährung.«
»In diesem Sinne: Nehmen Sie sich doch noch ein paar Pommes, Frau Margold«, sagte Jonas und grinste sie unverschämt an. Um seine Augen kamen dabei Lachfältchen zum Vorschein, die Kati noch nie zuvor an ihm bemerkt hatte. Der Anblick irritierte sie so sehr, dass ihr partout keine schlagfertige Antwort einfallen wollte.
»Haben Sie eigentlich einen Freund?«, meldete sich Hanna zu Wort.
»Ich?« Kati wurde rot. »Ähm, nein.«
»Wieso nicht?«
»Meine Kinder sind gnadenlos, wenn sie an Informationen rankommen wollen«, sagte Jonas zwischen zwei Bissen. »Die spanische Inquisition ist nichts dagegen.«
»Liegt’s vielleicht an deiner Cellulite, dass du keinen Freund hast?« Das kam von Benny.
Fünf Augenpaare richteten sich erwartungsvoll auf sie. Kati legte ihr Besteck nieder. »Also, um ganz ehrlich zu sein …« Sie schnappte sich den Jungen und zwickte ihn spielerisch in die Seite. »Eigentlich liegt es eher daran, dass ich alle Männer in meiner Gegenwart auskitzele.« Benny quietschte auf und krümmte sich kichernd zusammen.
»Bist du auch kitzelig?«, fragte Sophie, die neben ihr saß.
»Ich würde dir nicht raten, das auszuprobieren.«
»Und was, wenn doch?«
»Dann kitzele ich gnadenlos zurück.«
Sophie und ihr Bruder tauschten einen Blick, der nichts Gutes erahnen ließ. »Du von rechts, ich von links, okay?«, rief das Mädchen Benny zu, bevor sich beide auf Kati stürzten. Diese umfing die Kinder lachend mit jeweils einem Arm und versuchte vergeblich, die Kitzelattacke abzuwehren. »Hört auf«, bat sie atemlos. »Ich kann nicht mehr.«
»Mann, seid ihr peinlich«, sagte Hanna.
»Du bist ja nur neidisch, weil du nicht mitmachen kannst«, konterte Sophie.
»Schluss jetzt, ihr zwei, esst eure Pommes auf«, schaltete ihr Vater sich ein. »Und ein Gentleman behält seine Hände in Gegenwart einer Dame grundsätzlich bei sich, merk dir das, mein Sohn.«
»Aber sie riecht gut!«
»Nun, äh …« Jonas fiel ein Kartoffelstäbchen von der Gabel. »Das ist natürlich was anderes.«
Sein Blick richtete sich auf Kati, aber diesmal wich keiner dem anderen aus. Sie starrten sich an, als ob sie etwas aneinander entdeckt hätten, das vorher noch nicht da gewesen war – doch dann schob Louisa mit den Worten »Ich muss noch mal aufs Klo« ihren Stuhl zurück, und der Moment war vorbei.
Als sie das Restaurant zwanzig Minuten später verließen, fühlte sich Kati merkwürdig befangen. Mit halbem Ohr hörte sie zu, wie ihr die Zwillinge von einer Einkaufstour nach Hannover erzählten, und ertappte sich dabei, dass sie Jonas verstohlen musterte. Er mochte ein grauenhafter Chef sein, schoss es ihr durch den Kopf, aber wenn man ihn mit seinen Kindern zusammen sah, seine Gelassenheit und seinen Sinn für Ironie erlebte, wirkte er auf einmal richtig sympathisch. Außerdem hatte er schöne, gepflegte Hände. Einen schlanken, athletischen Körper. Und ein Gesicht, das sehr attraktiv wäre, wenn er nicht immer so düster dreinblicken würde. »Was muss das für eine Frau sein«, fragte sie sich plötzlich, »die so einen Mann verlässt?« Doch kaum, dass sie diesen Gedanken zu Ende formuliert hatte, erschrak Kati über sich selbst. Was ging sie das eigentlich an? Entweder hatte sie schon zu viel Zeit in der Nähe ihres Chefs verbracht, oder sie bekam angesichts ihrer seit Wochen andauernden sexuellen Abstinenz die ersten Entzugserscheinungen.
Abrupt blieb sie stehen. Jonas Larsen? Nie, nie, niemals. Sie hasste es, allein zu sein, aber so verzweifelt war sie nun auch wieder nicht.
16.
L ila. Wie viele Facetten dieser Farbe gab es eigentlich, überlegte Kati, als sie Jonas und den Kindern zwei Stunden später über einen Wanderweg durch die Heide folgte. Je nachdem, wie das Sonnenlicht einfiel, schillerten die Blüten purpurn bis bordeauxrot, wirkten an manchen Stellen rostig und verdorrt, nur um sich dann fliederfarbig und fast violett um die Wacholdersträucher zu schmiegen, die
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