Abgeferkelt: Roman (German Edition)
und in aller Ruhe Zeitung lese.«
»Könnte es sein, dass Sie ein bisschen eingeschnappt sind?«, erkundigte sich Kati.
»Nicht im Geringsten. Aber Sie wissen nicht, worauf Sie sich da einlassen – meine Kinder sind das reinste Terrorkommando.«
»Kein Wunder, bei den Genen.«
»Wie war das?«
»Nichts weiter.«
»Lasst uns abstimmen«, rief Benny in die Runde. »Das machen die bei der Zeitung auch immer. Ich finde, dass wir Kati nach dem Essen zum Schnuckengucken mitnehmen sollen. Wer auch dafür ist, hebt die Hand.«
Prompt schnellten vier Fäuste nach oben.
»Moment mal«, hakte Kati ein. »Von einem Ausflug weiß ich gar nichts …«
»Wir fahren gleich mit dem Bus in die Ellerndorfer Wacholderheide«, klärte Jonas sie auf. »Ich hoffe, Sie haben festes Schuhwerk an.«
»Natürlich nicht!«
»Aber wir sind in der Mehrzahl, und wir haben entschieden, dass Sie dabei sind«, stellte Louisa fest.
»Das ist ja sehr nett von euch«, versuchte Kati erneut, aus der Sache herauszukommen. »Aber ich kann unmöglich …«
»Abgestimmt ist abgestimmt«, schnitt Hanna ihr das Wort ab. »Damit ist die Sache geritzt.«
Hilfesuchend wandte Kati sich an Jonas. »Das grenzt ja fast an Freiheitsberaubung.«
»Ich habe Sie gewarnt«, meinte er, zog sich einen Stuhl heran und griff entspannt nach der Speisekarte. »Wenn diese vier sich erst mal was in den Kopf gesetzt haben, gibt’s kein Entkommen mehr. Was im Übrigen auch der Grund ist, warum ich hartes Durchgreifen schätze.«
»Hab ich mir schon gedacht.«
»Ach, und wie kommt’s?«
»Keine Ahnung. Könnte vielleicht was mit Ihrem Führungsstil in der Redaktion zu tun haben.«
»Bitte? Der ist doch tadellos!«
»So tadellos wie der eines Wächters auf Guantánamo«, sagte sie und drehte sich zu den Zwillingen um. »Ich bin übrigens Kati. Und wer seid ihr?«
Minuten später waren sie und die Kinder so sehr in ihr Gespräch vertieft, dass sie kaum mitbekamen, wie die Kellnerin an den Tisch trat und die Bestellungen entgegennahm. Auch den langen, prüfenden Blick, den Jonas ihr zuwarf, bemerkte Kati nicht.
Es stellte sich heraus, dass es gar nicht so einfach war, zwei Kinder und zwei Teenager so lange auf den Stühlen zu halten, bis das Essen gebracht wurde: Ständig musste jemand aufs Klo, wollte noch etwas im Zeitungsladen kaufen oder nur mal schnell nachsehen, ob gerade ein Zug einfuhr. Jonas reagierte darauf mit der Präzision eines Fluglotsen, drückte Sophie Geld in die Hand, fing umkippende Saftgläser auf und lief mit Benny an den Bahnsteig, um einen Regionalzug zu bestaunen.
»Sie managen das ganz gut«, musste Kati anerkennend zugeben, als endlich alle am Tisch saßen, jeder einen dampfenden Teller mit Pommes frites vor sich. »Es ist bestimmt nicht einfach, bei so viel Trubel immer den Überblick zu behalten.«
»Da haben Sie allerdings recht.« Jonas klang plötzlich sehr müde. Jeglichen Blickkontakt vermeidend, schnappte er sich den Salzstreuer auf dem Tisch und streute das Gewürz wahllos über seine Pommes, ohne vorher zu probieren. »Streckenweise habe ich ehrlich gesagt auch nicht den Eindruck, das alles wirklich im Griff zu haben.«
Kati überlegte noch, was sie darauf erwidern sollte, als Benny sein Glas so heftig auf den Tisch zurückstellte, dass die Limonade zur Hälfte überschwappte und auf dem Fußboden landete.
»Mist«, stieß der Junge hervor. »Krieg ich ’ne neue?«
»Erst nimmst du mal eine Serviette in die Hand und wischst die Pfütze da weg«, entgegnete Jonas streng. »Sonst rutscht noch jemand darauf aus.«
»Keine Panik, Paps, da kommt schon die Kellnerin mit ’nem Feudel«, meinte Louisa.
»Mit einem was? «, fragte Kati.
»Ein Feudel«, wiederholte Hanna. »Kennen Sie das Wort denn nicht?«
»Nie gehört.«
»Das ist norddeutsch für Wischlappen«, übersetzte Jonas. »Wie sagen Sie denn dazu?«
»Na, Wischlappen.«
»Wie einfallsreich.« Er schob ein Pommesstäbchen in den Mund und verzog gequält das Gesicht. »Verdammt salzig, die Dinger.«
»Kein Wunder.« Kati hatte Mühe, sich ein Lächeln zu verkneifen. »Sie haben ja auch ein halbes Salzbergwerk auf Ihrem Teller verstreut.«
»Und wieso haben Sie mich nicht davon abgehalten?«
»Weil Sie volljährig sind und eigentlich wissen sollten, was Sie tun.«
»Papa macht überall Salz drauf«, verriet Benny und leckte sich Ketchup von den Fingern. »Sogar auf Wassermelonen.«
» Bitte?! Das ist ja abartig.«
»Frau Kollegin, vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher