Abgeferkelt: Roman (German Edition)
dass sie wie gebannt auf diese Stelle starrte, und spürte, wie sie rot wurde. In ihrem Kopf wirbelten alle Gedanken so wild durcheinander, dass sie gar nicht wusste, was sie antworten sollte. Aber wozu hatte man Kollegen?
»Wir diskutieren gerade darüber, ob Kati den besten Sex ihres Lebens verpasst, wenn sie nicht mit Manolo ausgeht«, informierte Guido seinen Chef in einer Offenheit, die er nur deshalb an den Tag legen konnte, weil er selbst nicht unmittelbar betroffen war. »Sie meint, sie würde da nichts versäumen.«
Jonas hob eine Augenbraue. »Frau Margold, bevor Sie kamen, herrschte hier immer eine sehr konzentrierte Arbeitsatmosphäre«, sagte er dann ohne einen Funken Humor in der Stimme. »Ich möchte, dass das auch so bleibt. Haben wir uns verstanden?«
Sie konnte ihn nur anstarren. Was war das denn? Als ob die ganze Situation nicht auch so schon peinlich genug war – aber jetzt gab er ihr die alleinige Schuld daran? In den 48 Stunden, die seit ihrer gemeinsamen Heidewanderung vergangen waren, musste er sich einer Gehirnwäsche unterzogen haben: Der entspannte Familienvater, der lässig mit seinen Kindern herumwitzelte und in aller Öffentlichkeit das Löns-Lied zum Besten gab, hatte sich in den zugeknöpften Spießer zurückverwandelt, den Kati bereits bestens kannte. Die Enttäuschung darüber verschlug ihr so nachhaltig die Sprache, dass sie ihm statt einer Antwort nur kurz zunickte.
»Sehr schön«, meinte Jonas und wandte sich seinem Ressort-Leiter zu. »Manolo? Wir müssen was besprechen.«
»Oh, oh, das gibt Ärger«, unkte Guido, als die beiden das Zimmer verlassen hatten.
»Ja, und den hast du uns eingebrockt«, giftete Kati ihn an. »Wieso hast du nicht einfach die Klappe gehalten?«
»Man wird doch noch mal Spaß machen dürfen.«
»Versuch’s beim nächsten Mal mit einem Spaß, der nicht auf Kosten anderer geht«, schlug sie vor und konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit.
*
Im Büro des Chefredakteurs überflog Manolo einen Text und lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück. »Der Kommentar ist gut. Sehr ausgewogen. Aber den hättest du mir doch auch per Intranet zuschicken können.«
»Ich weiß.« Beide Hände in den Hosentaschen, stand Jonas am Fenster und wandte seinem Freund den Rücken zu.
»Aber?«
»Aber was?«
»Warum sollte ich mit in dein Büro kommen?«
»Ich wollte eben sofort deine Meinung hören. Und sicherstellen, dass du den Artikel auch wirklich liest.«
»Das tue ich doch immer.«
»Klar. Ist bloß die Frage, wann.«
»Ich hab ja auch noch ein bisschen was anderes zu tun.«
»Das sollte kein Vorwurf sein.«
»Okay.« Manolo schlug beide Hände auf die Oberschenkel und wartete. Nichts kam. »Gibt es da sonst noch etwas, das wir besprechen müssten?«
»Wie bitte? Ähm, nein. Das war’s eigentlich.«
»Na gut. Dann geh ich wieder, oder?«
»Ja, vielen Dank.« Doch bevor Manolo die Tür erreichte, hielt Jonas ihn zurück. »Du, sag mal …«
»Ja?«
»Läuft da eigentlich was zwischen dir und Kati?«
»Kati?!« Grinsend lehnte sich Manolo gegen die Wand. »Seit wann nennst du sie beim Vornamen? Für dich war sie bisher doch immer nur Frau Margold. «
»Jetzt lenk nicht ab. Was war das vorhin bei euch im Büro?«
»Wusst’ ich’s doch, dass es dir eigentlich darum geht. Das mit deinem Kommentar war nur ein Vorwand, oder?«
»Natürlich nicht, ich wollte wirklich deine Meinung hören. Aber ich dachte, wo du schon mal da bist …«
»Alles klar. Und der FC Bayern steigt ab.«
»Krieg ich jetzt endlich eine Antwort auf meine Frage?«
Manolo kreuzte die Arme vor der Brust und weidete sich genüsslich an der Situation. »Ob was zwischen mir und Kati läuft? Mal überlegen, ich kann mich gar nicht mehr so genau erinnern …«
»Ich gebe dir jetzt noch zwei Sekunden, dann muss ich dir leider eine reinhauen.«
»Das wäre dann endlich mal eine natürliche Reaktion. Die erste übrigens, seit deine Frau dich verlassen hat.«
»Lass Isabel aus dem Spiel, okay? Sie hat mit dieser ganzen Sache nichts zu tun.«
»Ach nein? Die eine Frau bricht dir das Herz, die andere reanimiert endlich deine männlichen Instinkte. Nenn mich naiv, aber ich sehe da einen Kausalzusammenhang.«
»Du kannst denken, was du willst, das war jedenfalls nicht der Hintergrund meiner Frage«, widersprach Jonas und versuchte, so ruhig wie möglich zu bleiben. »Ich wollte lediglich wissen …«
»… ob da was zwischen mir und Kati läuft, ich hab das schon
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