Abgehakt
Wohnung durchsuchen.«
»Hast du einen Durchsuchungsbefehl?«
»Brauch ich nicht. Hier ist Gefahr im Verzug.«
»Was ist los?«
»Sag ich euch, wenn wir da sind. Überprüf bitte vorher noch, ob die Hansen über ihre Arbeit Kontakt zu Eva Klein hatte. Beeilt euch.« Er drückte das Gespräch weg und gab Gas.
Während er sich seinen Weg durch den Verkehr bahnte, fragte sich Martin, warum er nicht schon früher eine Verbindung zwischen dem Namen Brettschneider und der Hansen gesehen hatte. Sein Chef hatte ihn doch oft genug benutzt.
»Was bin ich für ein Idiot gewesen?«, rief er laut und schlug mit der Hand aufs Lenkrad. »Und dieser Mercedes! Dieser verfluchte Mercedes!«
Daniela Böhmer hatte doch von einem schwarzen Mercedes im Zusammenhang mit dem großen Unbekannten gesprochen. Verdammt noch mal, die Hinweise hatten direkt vor seiner Nase gelegen, und er war einfach darüber hinweggetrampelt. Er erinnerte sich jetzt an einiges, was Barbara Hansen gesagt hatte. Sie war die erste, die die Toten als abgehakt bezeichnet hatte. Sie hatte seine Arbeit als Rätselraten bezeichnet und ihn mitleidig angesehen, als er nicht weiterkam. In Martins Kopf dröhnten Wortfetzen: »… eines Tages werden Sie mich noch ernst nehmen … Bin eine verhinderte Schauspielerin«.
Er sah ihr dankbares Lächeln wieder vor sich, das sie Michael geschenkt hatte, nachdem er festgestellt hatte, dass der Mörder kein Idiot sein kann. Er sah ihr erstauntes, fast erschrockenes Gesicht, als sie von Eva Kleins Entlassung aus der Untersuchungshaft erfahren hatte.
All das waren natürlich keine stichhaltigen Beweise. Aber diesmal wusste Martin instinktiv, dass er recht hatte. Barbara Hansen hatte ein Motiv. Und er war sich sicher, dass sie Eva Klein gekannt und diese Tatsache bewusst verschwiegen hatte. Außerdem hatte die Psychologin ganz sicher gewusst, dass Eva Klein nicht observiert worden war, denn sie hatte ihn danach gefragt. Das Risiko, sie auf dem Parkplatz zu ermorden, war also nicht allzu groß, zumal sie auch wusste, dass der Parkplatz nur von Besuchern der Judoschule genutzt wurde. Auch, dass Evas Wohnung unbewohnt und noch unverändert gewesen war, war ihr bekannt gewesen. Der Diebstahl des Messers war nicht allzu risikoreich gewesen. Sie saß an der Quelle, hatte sich regelmäßig die neuesten Informationen geholt. Wenn sie sie nicht von ihm bekommen hatte, dann von ihrer Freundin Katja oder vom Kriminaldirektor höchstpersönlich.
Die Polizeibeamten trafen fast gleichzeitig vor Barbara Hansens Wohnung ein. Martin fragte als Erstes, was Dieter herausgefunden hatte. Er bestätigte Martins Vermutung.
»Die Klein wurde von der Hansen im Knast betreut, und die hat ihr auch den Job bei Brenner verschafft. Aber warum hat sie uns das nicht gesagt?«
»Weil wir ihr dann vielleicht schon früher auf die Spur gekommen wären«, erklärte Martin und sah sich überraschten Gesichtern gegenüber.
»Du willst sagen, die Hansen …?«
»Genau das. Wir brauchen nur noch die Beweise.«
Vor der Wohnungstür zog Martin ohne zu zögern seine Waffe und schoss auf das Schloss. »Wir haben keine Zeit zu verlieren«, erklärte er und trat gegen die Tür, die sofort aufsprang. Während sie sich auf die verschiedenen Räume verteilten, erzählte er ihnen, was er herausgefunden hatte und was er vermutete.
»Hoffentlich trügt dich dein Gefühl nicht«, sagte Dieter skeptisch, der mit Martin ins Wohnzimmer gegangen war. »Eine Psychologin. Man sollte doch meinen, dass die ihr Leben in jeder Situation im Griff hat.«
»Auch eine Psychologin ist nur ein Mensch. Die kommen vielleicht mit anderer Leute Problemen prima zurecht, aber mit den eigenen deshalb noch lange nicht. Ich glaube, dass der Hansen ihre Arbeit in gewisser Weise zum Verhängnis geworden ist. Der Kontakt zu Häftlingen ist geeignet, einen Menschen an Brutalität zu gewöhnen, sogar an Mord.«
»Das ist alles noch nicht wahnsinnig überzeugend.«
»Genau deshalb müssen wir etwas finden, das uns und alle anderen überzeugt!«
Es dauerte nicht lange, da rief Paul aus dem Badezimmer. »Kommt mal! Hier ist was Interessantes.«
Die anderen steckten die Köpfe zur Tür herein, und Paul hielt ihnen einen Lippenstift entgegen. »Ein alter Bekannter: True Lipstick von Estée Lauder.«
»Ich hab’s gewusst!«, rief Martin und lief zurück ins Wohnzimmer. Hastig durchwühlte er den Schreibtisch, als hätte er Angst, Zeit zu verschwenden. »Es muss doch einen Hinweis geben,
Weitere Kostenlose Bücher