Abgehakt
Besserwissers zugezogen. Trotzdem schätzte Martin seine Art sehr. Sein ausgesprochen guter Sinn für Tatsachen hatte ihre Ermittlungen schon manches Mal weitergebracht.
Michael Pichlbauer hingegen meldete oft Zweifel an und wagte manchmal die verrücktesten Hypothesen. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass die beiden Männer gegeneinander arbeiteten, doch das Gegenteil war der Fall. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Sichtweise waren die Ergebnisse ihrer gemeinsamen Arbeit sehr effektiv. Martin war sehr zufrieden mit der Zusammenstellung seines Teams.
»Können wir uns bitte erst einmal mit den Fakten befassen, meine Herren?«, warf Egon Milster in ungehaltenem Ton ein. Der kleine, rundliche Mann mit Brille und Fastglatze, der ständig Pfeife rauchte, war an den Untersuchungen nur insoweit beteiligt, als dass er Fragen stellte und Ergebnisse forderte. Er war Chef der Mordkommission und bei jeder ersten Besprechung anwesend.
»Also gut«, fuhr Martin fort. »Dass das Zeichen, das alle drei Frauen auf dem Oberkörper haben, aussieht wie ein Haken, hatten wir ja bereits bei den ersten Fällen festgestellt. Da bei dem ersten Opfer das Zeichen mit Blut auf die Brust geschmiert wurde, können wir nicht absolut sicher sein, ob es sich tatsächlich um denselben Mörder handelt wie bei Opfer zwei und drei. Wir hatten damals ja die Möglichkeit eines Nachahmungstäters in Betracht gezogen. Das grafologische Gutachten ergab diesbezüglich keine sicheren Anhaltspunkte. Um jetzt abzuklären, ob tatsächlich bei den beiden letzten Opfern dieselbe Hand am Messer war, haben wir erneut ein grafologisches Gutachten angefordert.«
»Was hat die Autopsie ergeben?«, wollte Egon Milster wissen.
»Wie schon vermutet, ist Marita Janz durch Genickbruch zu Tode gekommen«, erklärte Martin. »Und den hat sie sich durch den Sturz aus ihrer Wohnung im sechsten Stock zugezogen. Kurz vor ihrem Tod hatte sie Geschlechtsverkehr. In der Vagina fanden sich Reste von Sperma. Das Ganze ist zurzeit bei der DNA-Analyse. Spermaspuren wurden ebenfalls auf dem Fensterbrett ihrer Wohnung gefunden. Offensichtlich hat sie darauf gesessen, bevor sie heruntergestoßen wurde. Dann hat sie ein paar Rippenbrüche, einen Beinbruch sowie Prellungen und Blutergüsse, die auf einen Kampf mit dem Mörder schließen lassen. Interessant ist, dass die Frau schwanger war, allerdings in einem sehr frühen Stadium, etwa vierte Woche.«
»Noch irgendwas von der Spurensuche?«, warf Milster ein.
»Etliche Fingerabdrücke und organische Spuren, die ebenfalls bei der DNA-Analyse sind. Die Wohnung war nicht aufgebrochen und schien auch nicht durchwühlt worden zu sein. Rein äußerlich lässt nichts auf einen Raubmord schließen. Allerdings wissen wir nicht genau, ob irgendetwas fehlt. Und es sieht auch so aus, als könne uns das niemand mit Sicherheit sagen. Im Haus gab es nur eine Bezugsperson: Jasmin Festner aus dem fünften Stock, die uns heute Morgen von einem Freund namens Ulf erzählt hat. Ihre Beschreibung stimmt weitgehend mit der einer Arbeitskollegin überein, der Marita Janz ihren Freund vorgestellt hat. Bis jetzt wissen wir nicht, wer der Mann ist, aber es hat oberste Priorität, ihn ausfindig zu machen. Er ist der einzige Anhaltspunkt, den wir bis jetzt in diesem Fall haben. Und deshalb möchte ich, dass ihr zuerst die Unterlagen studiert und dann noch mal alle Hausbewohner nach unserem Mister X befragt. Das Phantombild dürfte inzwischen fertig sein. Vielleicht haben wir ja Glück, und irgendwer kennt ihn.«
»Was ist mit der Familie der Toten?«, erkundigte sich Michael.
»Der Vater ist tot. Keine Geschwister. Es gibt nur eine Mutter, die eigentlich nichts von ihrer Tochter weiß. Sie hatte schon seit Jahren keinen Kontakt mehr, weil es heftige Streitigkeiten wegen des Erbes des Vaters gegeben hat.«
»Was ist mit dem Messer, das am Tatort gefunden wurde?«, wollte Dieter wissen.
»Es lag auf dem Fußboden im Schlafzimmer, wo offensichtlich auch der Kampf stattgefunden hat und wo das Opfer den Schnitt in die Brust bekommen hat. An dem Messer sind eindeutig Blutspuren des Opfers festgestellt worden, ebenso Fingerabdrücke. Ob es eine Zuordnung gibt, wissen wir erst heute Mittag. Interessant wird sicher sein, ob die Fingerabdrücke auf dem Messer die gleichen sind wie auf dem Messer im Fall Benning.«
Martin forderte alle auf, sich um fünfzehn Uhr wieder hier einzufinden. Damit war die Besprechung beendet. Die Leute verließen den Raum und machten sich
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