Abgehakt
an die Arbeit. Milster trat zu Martin.
»Sandor«, begann er und rückte seine Brille zurecht. »Sie wissen, wie wichtig dieser Fall ist?«
»So wichtig wie jeder andere Fall auch.«
»Wichtiger. Hier geht es um einen Serienmord. Haben Sie die Zeitungen schon gelesen?« Milster begann auf und ab zu marschieren.
»Sie wissen doch, ich lese grundsätzlich keine Zeitung.«
»Was ein Fehler ist. Sonst wüssten Sie jetzt, dass die Presse bereits Blut geleckt hat. Die Schlagzeilen lassen an Kreativität nichts zu wünschen übrig.«
»Und? Haben die Pressegeier auch schon einen Schuldigen anzubieten?«
»Ihr Sarkasmus in allen Ehren, aber er ist hier reichlich unangebracht.« Milster hatte nur bedingt Verständnis für Martins negative Einstellung zur Presse. Vor vier Jahren hatte man den Kommissar in Zusammenhang mit einem aktuellen Mordfall gebracht, ihn mehrfach völlig unbegründet persönlich angegriffen und sogar verdächtigt, die Ermittlungen zu manipulieren, weil er das Opfer gekannt hatte. Es war zu einer, wenn auch sehr kurzen Suspendierung vom Dienst gekommen, weil er sich auf unkonventionelle Weise gewehrt hatte. Dem Journalisten fehlten seitdem drei Zähne.
»Die Presse fragt sich, ob wir diesmal endlich im Stande sein werden, einen Mörder, der ganz Wiesbaden zu bedrohen scheint, zu fassen. Die Leute werden in Angst und Schrecken versetzt und können ihrer Fantasie freien Lauf lassen.«
»Sie wissen genau, dass wir alles tun, was geht. Und für die Schmierfinken von der Zeitung sollten Sie sich nicht mehr interessieren als nötig.«
»Ich erwarte von Ihnen, dass Sie Ihren privaten Kleinkrieg endlich beenden und mehr Professionalität an den Tag legen, was die Pressearbeit angeht.« Milster blieb vor Martin stehen und fixierte ihn. »Es wird langsam Zeit, dass wir auf das öffentliche Bedürfnis nach Täterermittlung antworten.«
»Ich kann mir ja keinen Mörder aus den Rippen schneiden, nur weil mediale Wellen über uns zusammenschlagen.« Martin griff nach seinen Zigaretten, steckte sich eine an und blies den Rauch in Richtung Decke.
»Sandor, seien Sie nicht naiv! Sie wissen genau, dass diese Wellen einen gewissen Einfluss auf unsere Arbeit haben. Also arbeiten Sie schnell und diesmal mit Erfolg. Ich will Ergebnisse.«
Martin verließ das Besprechungszimmer und steuerte auf sein Büro zu. Wie sehr er doch diese Gespräche mit seinem Chef hasste. Ständig lagen sie sich wegen solcher Lappalien in den Haaren, statt sich, wie er fand, auf das Wesentliche zu konzentrieren. Hatte er nicht schon genug Druck?
In seinem Büro ließ er sich in seinen Sessel fallen, drehte sich zum Fenster um und starrte in den Himmel. Langsam beruhigte er sich, verdrängte das Gespräch mit Milster aus seinen Gedanken. Nach einigen Minuten wandte er sich dem Telefon zu, um Karla anzurufen. Er sagte ihr, wie sehr er sie liebte und dass er noch nicht wüsste, ob er heute Abend pünktlich nach Hause kommen würde. Dann verließ er sein Büro.
Während er zur Wellritzstraße fuhr, erfüllte ihn ein Gefühl der Zuversicht. Diesmal würde er den Mörder fassen. Er würde etwas finden, dass ihn verraten würde. Drei Opfer waren zu viel, um keine Spuren zu hinterlassen. Martin fädelte auf den Bismarckring ein, und parkte kurz darauf vor dem Haus, in dem Marita Janz ermordet worden war.
Während seine Männer in den verschiedenen Wohnungen Befragungen durchführten, betrat er selbst die von Marita Janz. Martin ging langsam von Raum zu Raum und sah sich um. Er ließ die Einrichtung auf sich wirken, um sich eine Vorstellung von der ehemaligen Bewohnerin machen zu können und eventuelle Ungereimtheiten am Tatort zu entdecken. Die Wohnung war insgesamt sehr schlicht. Alle Wände waren weiß, es gab nur einige bunte Bilder, und die Möbel stammten eindeutig von Ikea. In der Küche fiel ihm auf, dass ein Messer im Messerblock fehlte, und er dachte sofort an die Tatwaffe. Wahrscheinlich stammte sie von hier. Martin packte den Messerblock in eine Plastiktüte und nahm ihn mit. Zuletzt inspizierte er das Schlafzimmer. Dort hatten seine Kollegen von der Spurensuche fast den kompletten Teppichboden herausgeschnitten und ins kriminaltechnische Labor gebracht. Wahrscheinlich wurde er gerade im Spuren-Sicherungsraum Zentimeter für Zentimeter unter dem Operationsmikroskop untersucht, um jede noch so kleine Spur zu finden.
Neben dem Bett entdeckte Martin den herausgezogenen Stecker des Telefons. Ob der Mörder auch hier geplant hatte, das
Weitere Kostenlose Bücher