Abgehakt
Warum diesmal nicht eine Verführung? Während sie sich einen Cappuccino machte, stellte sie befriedigt fest, dass sie heute noch keinen einzigen Gedanken an die Firma verschwendet hatte. Was Abwechslung so alles bewirkte! Hoffentlich ließ ihr die Arbeit in den nächsten drei Wochen genug Zeit, um ihren Plan in die Tat umzusetzen.
Sie setzte sich in den Sessel und fragte sich, was einen guten Verführer ausmachte. Wie war zum Beispiel Toni am Anfang ihrer Beziehung gewesen? Sie erinnerte sich, dass er ein guter Zuhörer war und versuchte, die Welt mit ihren Augen zu sehen. Sie fühlte sich verstanden. Außerdem plauderte sie auf diese Art alles Mögliche über sich aus und lieferte ihm so jede Menge wertvoller Informationen. Er selbst dagegen erzählte ziemlich wenig von sich und strahlte etwas Geheimnisvolles aus. Das hatte ihre Neugierde geweckt.
Entschlossen stellte sie die leere Tasse ab. Sie lächelte vor sich hin. Verführung war doch gar nicht so schwer, wie man im ersten Moment vielleicht annehmen würde.
5
»Morgen, Chef!«, wurde Martin am Montagmorgen freudig von Paul begrüßt, als er das Büro betrat. Egal wie schrecklich ein Fall auch war, Paul verlor nie seine gute Laune. Das machte ihm selbst und auch seinen Kollegen das Arbeiten oft ein wenig leichter.
»Hallo, Paul. Gibt’s was Neues?« Martin warf seine Jacke auf einen Stuhl und nahm am Schreibtisch Platz.
»Eine Jasmin Festner hat angerufen. Sie ist die einzige Mieterin, die wir noch nicht befragen konnten.« Paul machte ein wichtiges Gesicht. »Ich habe sie gebeten herzukommen, was sie auch gleich tun wird.«
Als wäre das ihr Stichwort, klopfte es an der Tür, und eine Frau streckte den Kopf herein. »Guten Morgen. Ich bin Jasmin Festner. Bin ich hier richtig bei Kommissar Sandor?«
»Sind Sie! Nur herein in die gute Stube.« Martin erhob sich und reichte der jungen Frau die Hand. »Schön, dass Sie gleich gekommen sind.« Mit einer Handbewegung bedeutete Martin ihr, sich zu setzen. »Sie wissen, worum es geht?«
»Ja, der Hausmeister hat mir erzählt, was passiert ist. Es ist einfach schrecklich. Sind Sie sicher, dass sie umgebracht wurde?«
»Nun ja. Ich glaube nicht, dass sich jemand aus dem Fenster stürzt und sich zuvor knebelt und fesselt.«
»Sie war gefesselt?« Entsetzen stand in Jasmin Festners Gesicht.
Martin nickte. »Sagen Sie, Frau Festner, kannten Sie Frau Janz?«
»Ja, natürlich. Ich habe die Wohnung unter ihr und wir sind … waren locker befreundet.«
»Was verstehen Sie unter locker?«
»Na ja, wir haben uns vor einem halben Jahr im Treppenhaus kennengelernt, als ich dort einzog, und seitdem haben wir uns hin und wieder besucht.«
»Dann können Sie uns sicher etwas über sie erzählen?«
»Was wollen Sie wissen?«
»Hat sie mit Ihnen über ihre Freunde oder Feinde gesprochen?«
»Feinde?« Jasmin überlegte. »Nein, ich glaube nicht, dass sie Feinde hatte. Sie war eine ganz Nette, wissen Sie. So ein lebensfroher Typ, der niemandem was antut und auch vor nichts Angst hat.«
»Dann hatte sie sicher eine Menge Freunde?«
»Das weiß ich nicht so genau, aber ich glaube nicht. Zumindest hat sie nie welche erwähnt.«
»Hat sie nie erzählt, mit wem sie so ausgeht?«
»Sie ging so gut wie nie aus. Manchmal mit den Arbeitskollegen nach der Arbeit in eine Kneipe, aber meistens blieb sie zu Hause. Ihr Freund kam immer zu ihr.«
»Kennen Sie ihn?«
»Ja. Ulf. Er kam immer an den gleichen Tagen, Montag und Freitag. Die beiden kamen zusammen, als ich Marita kennenlernte.«
»Wissen Sie, ob dieser Ulf auch letzten Freitag bei ihr war?«
»Ja, wie immer.«
»Wieso sind Sie da so sicher? Waren Sie nicht übers Wochenende weg?«
»Ja, aber ich habe Ulf kommen sehen, als ich Freitagabend das Haus verlassen habe.« Jasmin Festner interpretierte Martins Blick richtig und schüttelte den Kopf. »Sie denken doch nicht, dass Ulf etwas mit Maritas Tod zu tun hat?«
»Ich denke gar nichts, aber ich muss allen Hinweisen nachgehen. Und wenn dieser Ulf Frau Janz kannte und noch dazu am Freitag bei ihr war, ist das ein sehr wichtiger Hinweis. Wissen Sie, wie Ulf mit Nachnamen heißt?«
»Nein, keine Ahnung, aber er ist ein ganz lieber Kerl.«
»Kennen Sie ihn persönlich?«
»Eigentlich nicht. Ich weiß nur das, was Marita mir erzählt hat.«
»Und was hat sie Ihnen erzählt?«
»Na ja … Ulf war ihr kleines Geheimnis. Sie hatten viel Spaß und viel Sex miteinander.«
»Jeden Montag und Freitag«,
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