Abgehakt
dabei.«
»Also, Fazit ist, dass wir nicht viel schlauer sind als zuvor.«
»Nicht wirklich. Das ist wohl wahr. Aber ich will sie morgen noch mal befragen.«
»Sandor, hören Sie.« Milsters Stimme bekam einen freundlichen Klang. »Was halten Sie davon, sich zur Psyche eines Serienmörders mal einen Psychologen anzuhören?«
Martin dachte sofort an den Polizeipsychologen Klaus Niemann, mit dem er sich nicht besonders gut verstand. »Chef, ich glaube nicht, dass das nötig ist.«
Milster lachte. »Sie glauben, dass das nicht nötig ist, weil Sie befürchten, dass ich Ihnen den Niemann auf den Hals hetze, der Sie gleich mit analysiert. Aber keine Angst.« Milster machte eine kleine Pause. »Meine Frau Katja hatte da eine sehr gute Idee. Eine Freundin von ihr ist Psychologin. Und Katja meinte, dass sie die schleppenden Ermittlungen vielleicht unterstützen kann.«
Martin spielte einen Moment lang mit dem Gedanken, seinen Chef darauf hinzuweisen, dass alle Fälle immer noch der Schweigepflicht unterlagen und nicht der häuslichen Unterhaltung dienten. Aber das würde ihn wenig interessieren, und so unterließ er es. Milster sprach auch schon weiter: »Sie heißt Barbara Hansen und ist meistens im Strafvollzug tätig. Eine sehr engagierte und an unserer Arbeit interessierte Frau. Da ich sie persönlich gut kenne, halte ich sie durchaus für fähig, den Fall beziehungsweise den Täter zu analysieren. Katja hat sie auch schon gefragt, und Barbara war ganz spontan bereit zu helfen.«
Wie schön!, dachte Martin und kritzelte ein Gesicht mit herabhängenden Mundwinkeln auf ein Stück Papier.
»Herr Milster«, sagte er dann so freundlich, dass sein Chef es nicht als persönliche Beleidigung auffassen konnte, »ich glaube wirklich, dass wir allein weiterkommen.«
»Meine Frau findet, und ich muss ihr da zustimmen, dass Sie sich ruhig mal anhören können, was Frau Hansen über Serientäter weiß.«
Na, wenn Katja Milster das findet , dachte Martin, hab’ ich sowieso keine Chance. So herrschsüchtig der Chef im Präsidium oft war, so sehr hatte Martin den Eindruck, dass er zu Hause unter dem Pantoffel stand. Er führte das auf seine Theorie zurück, dass Frauen mit Doppelnamen ein starkes Durchsetzungsvermögen und einen gesunden Egoismus hatten, so wie Katja Milster-Höling. In ihrer Nähe war Egon Milster sanft wie ein Lamm.
»Meinetwegen«, stimmte Martin schließlich zu und ging damit den Weg des geringsten Widerstandes. Milster gab ihm noch die Telefonnummer von Barbara Hansen durch und legte dann auf.
Martin versuchte dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen. Vielleicht wäre eine Psychologin doch nicht so schlecht. Sie könnte ihnen helfen, ein Täterprofil zu erstellen. Es könnte sicher auch hilfreich sein, die Psyche des Täters zu verstehen, um ihn eventuell erkennen zu können. Er gab sich einen Ruck und tippte die Nummer ein. Eine Frau mit einer freundlichen Stimme erklärte sich bereit, am Nachmittag ins Präsidium zu kommen.
Paul und Michael trudelten nacheinander wieder ein und berichteten. Dieter rief von unterwegs aus an, um mitzuteilen, dass es bei ihm noch länger dauern würde. Das Alibi konnte er bis jetzt nicht vollständig überprüfen, da sich die beiden Gastgeber alkoholbedingt nicht lückenlos an den besagten Freitagabend erinnern konnten. Zumindest hatte er eine Liste der Gäste, die er alle noch heute befragen wollte. Die Leute konnten sich erinnern, dass Eva Klein da gewesen, aber nicht sicher sagen, wann sie gegangen war.
Paul erzählte, dass Eva Klein laut ihren Kollegen eine gut durchtrainierte Frau war, die es kämpferisch ohne Weiteres mit jedem aufnehmen könnte und auch würde. Sie war keine Frau, die sich etwas gefallen ließ. Sie wurde als ziemlich ruppig und dickköpfig beschrieben, wodurch sie unter den Kollegen nicht nur Freunde hatte. Aber man kam miteinander aus. Bei ihren Schülern war sie hingegen sehr beliebt, wie ihr Chef nicht müde wurde zu betonen. Videoaufnahmen von ihrer Kampftechnik gab es nicht.
»Die Mitgliederliste ist sehr interessant.« Paul reichte sie Martin und deutete auf einen Namen.
»Britta Kling aus der Wellritzstraße«, las Martin laut. »Na, sieh mal einer an. Wenn das kein Zufall ist.« In diesem Moment fiel ihm die Sporttasche wieder ein, die er bei ihr an der Haustür gesehen hatte. Bei seinem Besuch hatte er sie nur am Rande wahrgenommen. Außerdem erinnerte er sich nun, dass sie sogar von ihren Selbstverteidigungskünsten gesprochen hatte.
Weitere Kostenlose Bücher