Abgehakt
ihre Armbanduhr. »Kurz vor elf.«
»Und was sagt uns das?« Mark redete mit ihr wie mit einem begriffsstutzigen Kind. Den Ton konnte Daniela überhaupt nicht leiden. Sie stützte die Hände in die Hüften und blickte Mark angriffslustig an.
»Das sagt uns, dass es Zeit für Sie ist, nach Hause zu gehen.«
»Wie bitte?«
»Es geht mich zwar nichts an, aber sind Sie nicht verheiratet?« Sie deutete auf Marks Ehering und lächelte süffisant. »Wartet Ihre Frau nicht auf Sie, während Sie …«, ihr Blick glitt wieder hinunter zu Marks Hüften, »sich hier vergnügen?«
»Wie Sie schon richtig erkannt haben: Es geht Sie nichts an.« Mark tippte ihr mit dem Zeigefinger gegen die Schulter. »Wollten Sie noch irgendetwas anderes, außer in anderer Leute Angelegenheiten herumschnüffeln?«
»Eigentlich wollte ich mir Milch ausleihen, aber ich glaube, das hat doch Zeit bis morgen.« Daniela wandte sich ab und ging hinüber zu ihrer Tür. Bevor sie dahinter verschwand, sagte sie in kumpelhaftem Ton: »Fahr’n Sie nicht zu spät nach Hause, sonst fliegt ihr kleines Geheimnis noch auf.« Ein fieses Lächeln folgte.
»Neugierige Zicke!«, rief Mark und schloss die Tür.
»Was war denn?«, wollte Anne wissen, die gerade in den Flur trat.
»Deine liebe Nachbarin wollte Milch, sagt sie. Aber im Grunde wollte sie wohl nur einen gut gebauten Mann sehen.« Er lächelte Anne vielsagend an und zog das Handtuch von den Hüften. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals.
»Dann war sie ja hier an der richtigen Adresse«, neckte sie ihn.
Er drückte ihr einen Kuss auf die Nasenspitze. »Ich muss los.«
»Ich weiß!«
In der darauffolgenden Woche erhielt Anne einen Anruf von Bernd Castor. Er fragte, ob er sie am Abend zum Essen einladen dürfe. Anne war leicht verwirrt. Sie war sich nicht sicher, ob er von ihrer Beziehung zu Mark wusste, und wollte eigentlich ablehnen. Doch er verstand es, sie zu überreden, und so trafen sie sich im Restaurant Prinz in der Nähe des Casinos.
Er war bereits da, als sie eintraf, und begrüßte sie mit einem Kuss auf die Wange. »Jetzt, wo ich dich wiedersehe, bedaure ich zutiefst, nicht früher angerufen zu haben.« Er war einfach zum Du übergegangen, was sie lächelnd zur Kenntnis nahm.
»Danke für die Einladung!« Sie setzte sich ihm gegenüber und sah ihn unverbindlich an.
Heute trug er die Haare offen, und seit ihrem letzten Zusammentreffen hatte er sich einen Schnauzbart wachsen lassen. Normalerweise mochte sie Bärte nicht, aber Bernd stand er ausgezeichnet. Er wirkte wie ein Abenteurer.
»Du siehst gut aus!«, sagte sie und deutete auf den Bart.
»Ja, manchmal lohnt es sich, etwas Neues auszuprobieren. Apropos, hier gibt’s eine neue Karte. Wollen wir aussuchen?«
Sie nickte und hatte wenig später Lammbraten mit Blumenkohl und Kroketten bestellt. Bernd schloss sich ihrer Wahl an. Beide genossen das vorzügliche Gericht, den Wein sowie den Smalltalk, den sie beim Essen führten. Und wäre Bernd danach nicht auf den eigentlichen Grund ihres Treffens gekommen, hätte der Abend sogar recht schön werden können.
»Ich kann Mark schon verstehen, wenn ich dich so ansehe. Ich hätte wirklich früher anrufen sollen.« Bernd sagte das leicht dahin, aber Anne wurde hellhörig. »Dann wäre es vielleicht nie dazu gekommen.«
»Was meinst du?« Sie wusste genau, was er meinte.
»Ich meine, dass ich von euch beiden weiß.«
Anne sah ihm fest in die Augen. Jetzt nur nicht verlegen wegsehen, dachte sie.
»Bernd, warum habe ich das Gefühl, dass du mir etwas ganz Bestimmtes sagen willst?«
»Ich wollte dich tatsächlich fragen, was du für Mark empfindest.«
»Warum sollte ich dir das sagen?«
»Vielleicht weil ich sein Freund bin und nur sein Bestes will? Drücken wir’s mal so aus«, fuhr er fort, als Anne nicht antwortete. »Saskia und Mark sind meine besten Freunde und zwar als Paar, als Ehepaar. Ich möchte nicht, dass ihre Ehe kaputtgeht.«
»Keine Angst! Die Gefahr besteht nicht.« Sie trank ihr Glas leer.
»Die Gefahr besteht sehr wohl, solange ihr ein Verhältnis habt. Und je länger das so geht, umso größer wird die Gefahr.«
»Ich will Saskia nicht den Mann wegnehmen.«
»Nichts anderes tust du aber.«
»Saskia weiß doch nichts davon, und wenn du ihr nichts sagst, wird sie es auch nicht erfahren.«
»Du bist ganz schön kaltschnäuzig.« Er beugte sich zu ihr herüber, und seine Augen blitzten. »Hast du nicht den Hauch eines schlechten
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