Abgehakt
Grunde alles versuchen, aber ob es viel bringt, sei dahingestellt.« Sie sah die Skepsis in seinem Blick und nickte.
»Und ich sollte wohl einfach abwarten?«
»Sie könnten schon etwas tun. Ich würde das Türschloss austauschen. Zwar haben Sie Ihren Schlüssel jetzt wieder, aber wissen Sie, ob es mittlerweile nicht einen Zweitschlüssel gibt? Außerdem wäre es sinnvoll Ihren Freund, wie war noch sein Name … Mark?«, Anne nickte, »also, ihn einzuweihen, um aus seiner Sicht zu klären, wer als Briefeschreiber infrage kommt.«
»Nein, auf keinen Fall! Im Augenblick will ich keinen Kontakt zu ihm aufnehmen. Ich hätte Angst, dass mein Verfolger das mitbekommt, und wer weiß, was dann passieren würde.«
Anne tat Carsten leid. Sein Beschützerinstinkt regte sich, und am liebsten hätte er ihre Hand genommen, griff aber nach seiner Tasse.
»Der anonyme Schreiber wollte nicht, dass ich diese Briefe irgendjemandem zeige. Und ich hoffe nur, dass er meinen Gang zur Polizei, der noch dazu völlig überflüssig war, nicht gesehen hat.« Anne konnte nicht länger verbergen, dass sie Angst hatte, wenn sie an die Drohbriefe dachte. »Ständig schaue ich in den Rückspiegel, wenn ich Auto fahre, um einen eventuellen Verfolger auszumachen. Bisher ist mir nie einer aufgefallen. Und trotzdem hat dieser Verrückte immer alles mitbekommen.«
»Sie müssen keine Angst haben«, versuchte Carsten sie zu beruhigen. »Nach allem, was Sie erzählt haben, denke ich, dass der Absender Ruhe geben wird, sobald er merkt, dass Sie sich nicht mehr mit Mark treffen. Inzwischen kann ich aber auf jeden Fall den Brief untersuchen lassen, und Sie sollten sich überlegen, ob Sie nicht doch mit Mark darüber sprechen wollen. Sie können ihn ja anrufen.«
»Was, wenn mein Telefon abgehört wird?«
»So einfach ist das alles nicht.«
»Aber immerhin war jemand in meiner Wohnung«, gab sie zu bedenken.
»Ja, das stimmt. Wenn es Sie beruhigt, kann man Ihre Wohnung auf Abhörvorrichtungen untersuchen.«
»Das würden Sie tun?« Ungläubig sah sie ihn an.
»Sicher, wenn Sie möchten.«
»Es würde mich ziemlich beruhigen, denke ich.«
Er nickte verständnisvoll. »Geben Sie mir Ihre Handynummer. Dann kann ich Sie anrufen, um Bescheid zu sagen, wann jemand deswegen kommt.«
Sie kramte einen Zettel aus ihrer Handtasche und notierte die Nummer.
»Haben Sie noch einen Zettel?«, fragte Carsten. »Ich würde Ihnen gern meine Nummer geben, für den Fall, dass Sie Hilfe brauchen.« Sie reichte ihm einen, und er gab ihn ihr kurz darauf mit den Worten »Sie können mich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen« zurück.
»Sie sind sehr nett. Danke!«
Schweigend tranken sie ihren Kaffee aus.
»Wir müssen jetzt leider gehen«, sagte er und blickte auf seine Armbanduhr. »Mein Dienst ist noch lange nicht zu Ende, und ich müsste mich mal wieder um meine Drogendealer kümmern.«
Im Wagen hatte er ihr bereits erzählt, dass er Kommissar beim Drogendezernat war. Jetzt auf der Rückfahrt forderte sie ihn auf, über seine Arbeit zu sprechen, was er bereitwillig tat. Und sie merkte, dass er das verkörperte, was sie sich unter einem guten Polizisten vorgestellt hatte. Er schien Ziele zu haben, die seinen Ehrgeiz beflügelten. Er wirkte selbstbewusst, ohne arrogant zu sein, und dass er hilfsbereit war, hatte sie ja selbst schon zu spüren bekommen. Ein ausgesprochen netter Mensch, befand sie und schämte sich noch immer, ihn so beschimpft zu haben.
Er hielt direkt neben ihrem Wagen und ließ sie aussteigen. »Sie hören von mir, wegen des Briefs und der Wohnung.«
»Danke!« Sie hoffte, dass er sich bald melden würde, damit sie sich zu Hause wieder etwas sicherer fühlen konnte.
Bisher war noch keines ihrer Opfer so dreist gewesen, zur Polizei zu gehen. Zwar wusste sie nicht genau, was Anne dort gemacht hatte, aber es stand zu vermuten, dass sie wegen der Briefe dort gewesen war. Das machte sie wütend, wenngleich die Tatsache, dass die Polizei jetzt mit im Spiel war, eine besondere Herausforderung darstellte, die sie nur zu gerne annahm. Ein Gefühl von Überlegenheit stieg in ihr auf. Sie hatte doch die Situation in der Hand, und sie würde Anne zeigen, wie sträflich ihr Handeln war. Anne würde bekommen, was sie verdiente.
35
Am Wochenende passierte gar nichts, und das machte Martin ganz verrückt. Er fieberte dem Montagmorgen regelrecht entgegen, an dem verschiedene Untersuchungsergebnisse vorliegen sollten. Früher als sonst saß
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