Abgehakt
über die Wange, während Carsten einen kleinen Stich in der Magengegend verspürte. Er versuchte sich einzureden, dass er als Polizist hier war und nicht als Mann. Er wünschte, es wäre umgekehrt.
Mark hatte ihn noch nicht bemerkt, und er wollte nicht länger Zuschauer einer Begrüßung sein, die ihm nicht gefiel. Zumal Anne sich ziemlich zu quälen schien. So trat er zu ihnen in den Flur.
»Oh, hallo!«, sagte Mark, als er ihn sah und streckte ihm sofort die Hand entgegen. »Ich bin Mark Linn.«
»Hallo. Carsten Westphal.«
»Störe ich vielleicht?« Mark ließ seinen Blick zwischen Anne und Carsten hin und her wandern.
»Nein, nicht wirklich.« Es war deutlich zu sehen, wie unbehaglich sich Anne fühlte. »Ich bin gerade aus dem Büro gekommen.«
»Ich wollte auch nicht lange bleiben«, meinte Mark. »Nur kurz gratulieren, dir mein Geschenk geben, mit dir anstoßen und wieder verschwinden.« Er drückte ihr ein kleines Päckchen in die Hand.
»Danke!«, sagte sie höflich. »Geht doch rein. Ich hole Gläser.« Sie ging in die Küche, lehnte sich gegen die Arbeitsplatte und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Laut atmete sie aus. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
»Anne!« Sie zuckte zusammen und nahm die Hände vom Gesicht. Carsten trat zu ihr.
»Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.«
»Schon gut!«
»Geht’s dir gut?«
»Nein! Absolut nicht. Ich hätte Mark nicht reinlassen sollen. Es ist viel zu gefährlich.«
»Ganz ruhig. Vielleicht wäre jetzt der Zeitpunkt, ihm von der ganzen Sache zu erzählen.«
»Nein!«, rief sie, und er sah die Angst in ihren Augen. »Ich will das nicht. Ich schicke ihn wieder weg. Sicher hat der Verrückte gesehen, dass er zu mir gekommen ist. Wenn er jetzt gleich wieder geht, passiert vielleicht nichts.«
Es tat ihm im Herzen weh zu sehen, wie verängstigt sie war. Am liebsten hätte er sie beschützend in die Arme genommen.
»Na, kann ich helfen?« Mark streckte den Kopf zur Tür herein.
»Ja, indem du gehst«, antwortete Anne spontan. »Sei mir nicht böse, aber mir geht es zurzeit nicht gut. Ich kann dir das nicht erklären. Ich verspreche, ich melde mich bei dir, wenn bei mir wieder alles in Ordnung ist. Vielleicht können wir das Anstoßen nachholen.«
»Klar, kein Problem!« Einige Sekunden standen sie sich unbehaglich gegenüber. »Dann geh’ ich jetzt mal.«
»Ich bring dich zur Tür.« Anne begleitete ihn. »Du bist mir nicht böse?«
»Nein, nicht böse, nur verwundert. Du siehst unglücklich aus.«
Sie senkte den Blick.
»Ist er der Grund dafür?« Er wies mit einem Kopfnicken in Carstens Richtung.
»Nein. Im Gegenteil. Er versucht mir zu helfen.«
»Willst du nicht darüber reden?«
»Nein!«, rief sie energischer, als sie wollte.
»Schon gut«, sagte Mark beschwichtigend und legte seine Hand auf ihren Arm. »Es war nur eine Frage.« Auch ihm fiel ihr ängstlicher Blick auf, und er hätte gern gewusst, was passiert war. Doch er spürte, dass es jetzt keinen Sinn hatte, sie zu drängen, und verabschiedete sich mit einem »Pass auf dich auf!«
Sehr passend, dachte sie, nickte nur und schloss die Tür. Carsten wartete in der Küche. Er hatte inzwischen zwei Gläser mit Sekt gefüllt und hielt ihr eines entgegen.
»Mir ist überhaupt nicht nach Feiern zumute«, sagte sie traurig.
»Ich weiß! Und wir brauchen auch nicht zu feiern, wir können uns ja sinnlos betrinken.«
»Das ist eine richtig gute Idee.« Sie lächelte schwach und stieß mit ihm an.
»Alles Gute für dich!«, sagte er leise.
Anne trank ihr Glas in einem Zug leer und dachte dabei, dass sie alles nur noch hinter sich bringen wollte: Mark, den Sekt und Carsten mit seinen Laborergebnissen, nach denen sie ihn jetzt fragte.
»Wir haben vier verschiedene Fingerabdrücke auf dem Brief gefunden. Kannst du sagen, wer den Brief in der Hand hatte?«
Anne überlegte kurz. »Also, ich natürlich. Dann meine Freundin Kelly und Daniela, meine Nachbarin.«
»Hat Ludwig Dauscher den Brief angefasst?«
»Ja, stimmt.«
»Und ich habe ihn auch in den Fingern gehabt. Das wären dann fünf verschiedene Abdrücke. Bist du bei deiner Freundin sicher? Hast du gesehen, wie sie ihn angefasst hat?«
»Ja, ganz sicher.«
»Was ist mit deiner Nachbarin?«
»Sie hat den Brief doch auf mein Bett gelegt. Das hat sie ja sogar zugegeben.«
»Aber du hast ihr den Brief anschließend nicht mehr gegeben?«
»Nein, aber –«
»Wahrscheinlich sind ihre Fingerabdrücke nicht auf dem Brief,
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