Abgeschaltet
Die ersten Kühlschränke, Waschmaschinen und Geschirrspüler mit dem Label »smart grid-ready« sind 2011 auf den Markt, sie gehören fast ausnahmslos zum gehobenen Preissegment. Das ist aus Herstellersicht sicher die richtige Markteinführungsstrategie, denn eine vollständige Hausautomatisierung leistet sich ohnehin nur der energiebewusste Eigenheimbesitzer, der parallel vielleicht auch in Solarmodule investiert. Entsprechend zurückhaltend sind die meisten Stromversorger, was die Einführung intelligenter Zähler betrifft. Zwar sind die mittlerweile für Neubauten vorgeschrieben, doch in der Fläche herrscht Stillstand. Nur die Hälfte der vom FAZ-Institut befragten Vorstände von Energieversorgern glaubt daran, dass 2020 die Mehrheit der Haushalte mit dieser Technik ausgestattet sein wird. Und nur elf von 100 Befragten glauben, dass die intelligenten Zähler dem Klimaschutz dienen.
Welche Einsparpotenziale sich durch eine konsequente Umstellung auf Intelligente Netze tatsächlich ergeben, wird derzeit in mehreren Pilotprojekten von Bitburg über Mannheim bis Pellworm untersucht. Erste Ergebnisse deuten auf teilweise bis zu 10 Prozent Einsparung hin. Allerdings wurden im Rahmen der Projekte gleichzeitig oft alte gegen neue, effizientere Elektrogeräte ausgetauscht, so dass die Wirkung auf die Energieeffizienz nicht überschätzt werden darf. Aber es geht bei der Integration erneuerbarer Energien nicht nur um die absolute Höhe des Verbrauchs, sondern vor allem um den richtigen Zeitpunkt für den Verbrauch.
SUPER LEITER MIT SUPRALEITUNG?
Irgendwo wird immer Strom gebraucht, irgendwo auf dieser Welt ist immer Sommer oder Winter, müssen Klimaanlagen oder Heizungen angeworfen werden. Und irgendwo weht auch immer der Wind oder scheint die Sonne. Handelt es sich am Ende nicht allein um ein Verteilungsproblem? Ist nicht auch das Internet längst weltumspannend? Selbst die kühnsten Visionäre der Supernetze würden diesen Vergleich im Moment nicht anstellen, mit wenigen Ausnahmen. Auch nur drei Prozent Verlust auf 1000 Kilometer mit supermodernen Gleichstromleitungen machen einen Stromtransport rund um den Globus völlig unwirtschaftlich. Dennoch sollten wir nicht so anmaßend sein, die Idee für völlig absurd zu halten.
Denn Strom kann man sehr wohl ohne Verluste transportieren, man spricht dann von Supraleitung. Allerdings muss man den Leiter stark abkühlen, damit der elektrische Widerstand, den sonst jedes Material aufweist, auf null sinkt. Leider tritt dieses Phänomen erst nahe am absoluten Nullpunkt von –273,15 Grad Celsius auf. Vom absoluten Nullpunkt sprechen Physiker, weil es nirgends im Universum so kalt werden kann. Allerdings wissen wir ja, dassWärme immer vom heißeren zum kälteren Körper wandert, mithin benötigt man ziemlich viel Energie, um eine so tiefe Temperatur zu erreichen und dann aufrechtzuerhalten – auf jeden Fall mehr Energie, als man beim Stromtransport über weite Entfernungen verliert. Seit der Entdeckung des Phänomens im Jahr 1911 haben Wissenschaftler an der Hochtemperatur-Supraleitung gearbeitet. Den Physikern Karl Alexander Müller und Johannes Georg Bednorz gelang 1986 der Durchbruch, für den sie nur ein Jahr später mit dem Nobelpreis geehrt wurden. Sie setzten ein mit Lanthanum und Barium versetztes Kupferoxid ein, ein Material, das immerhin schon bei relativ warmen –220 Grad Celsius supraleitende Eigenschaften besitzt. Angespornt von diesem Erfolg arbeiteten plötzlich viele Forscher an weiteren Verbesserungen, bald war der Sprung über die Marke von –196 Grad Celsius geschafft – eine entscheidende Wende: Denn bei dieser immer noch recht winterlichen Temperatur wird Stickstoff flüssig, was erste technische Anwendungen ermöglichte.
Auch heute, ein Vierteljahrhundert später, sind supraleitende Kabel nicht wettbewerbsfähig, wie Bednorz in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung zugab. Allerdings laufen erste Pilotprojekte. So wird in Long Island mit einem 600-Megawatt-Kabel experimentiert (das ist die Leistung des Kraftwerks Rheinfelden aus dem Wasserkraft-Kapitel). Diese hohe Leistung wird allerdings nur über 600 Meter übertragen und soll nur die technische Machbarkeit zeigen. Noch sind solche Kabel um ein Zehnfaches zu teuer. Der Technikchef eines großen Infrastrukturausrüsters sagte mir sogar, er hätte noch nichts gesehen, was er für geeignet halte, um in den nächsten zehn Jahren großflächig verbaut zu werden.
Nicht nur für den Transport
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