Abgründe der Leidenschaft
war er kein gutaussehender Mann. Sein scharf geschnittenes Profil und sein spitzes Kinn, die buschigen schwarzen Augenbrauen und der Bart wirkten erdrückend.
Als Tory aufblickte und sie auf sich zukommen sah, lächelte Ronnie und nickte ihm zu. Er sah sie offen an, und sie war beeindruckt von seinen Augen – sie waren so leuchtend blau, dass sie darauf getippt hätte, dass er Kontaktlinsen trug, wenn da nicht die Brille gewesen wäre. Sein Lächeln und seine außergewöhnlichen Augen machten sein Gesicht überraschend anziehend.
Tory beobachtete, wie die wunderschöne Frau an seinen Tisch kam. Sie sieht nicht aus wie ein Callgirl, dachte er. Aber Frank hatte ihm versichert, dass sie die Beste war. Wenn sie so gut im Bett war, wie sie aussah, würde er vermutlich anschließend bedauern, dass er nur zwei- oder dreimal pro Jahr nach New York reiste.
»Du musst Ronnie sein«, sagte Tory.
»Tory«, erwiderte Ronnie und streckte ihm die freie Hand entgegen. »Ich bin so froh, dich kennenzulernen.« Der Maître rückte den Tisch ab, und Ronnie nahm auf der Sitzbank Platz. Sie stellte die Tasche, die sie bei sich trug, neben sich auf die Bank.
»Wein?«, fragte er. Als sie nickte, fragte er: »Rot oder weiß?«
»Rot.«
»Ich habe in die Weinkarte geblickt. Sie haben hier einen ganz hervorragenden
Burgunder
, wenn es dir recht ist.«
»Das klingt gut.« Ronnie hatte es sich kaum bequem gemacht, als der Kellner bereits den Wein brachte. Auf Torys Nicken hin öffnete der Kellner die Flasche und füllte den Wein in ihr langstieliges Glas. »Auf einen ereignisreichen Abend«, sagte Ronnie und erhob ihr Glas.
»Ereignisreich«, wiederholte Tory und stieß mit Ronnie an. »Wundervoll, es so zu sehen.« Er nahm einen Schluck. »Du siehst reizend aus.«
Ronnie lächelte. Sie hatte sich für ein weiches Chiffonkleid mit U-Ausschnitt entschieden, dessen Farbe man am besten mit »Melone« beschreiben konnte. Dazu hatte sie eine dreireihige Perlenkette und lange Perlenohrringe angelegt. Ein passendes dreireihiges Armband und eine goldene Uhr betonten ihre langen, schlanken Finger. Aus einer Laune heraus hatte sie ihre Nägel am Nachmittag in einem matten Rosa lackieren lassen, das perfekt zum Farbton des Kleides passte.
»Danke«, sagte sie leise und hob eine Augenbraue. Torys dunkler Anzug war maßgeschneidert und kaschierte den leichten Bauchansatz, der ihr aufgefallen war, als Tory sich zur Begrüßung erhoben hatte. Dazu hatte er ein weißes Hemd mit Monogramm an und eine konservative Krawatte mit Paisleymuster. Alles an ihm spiegelte wider, wie stolz er auf seine Erscheinung war und dass er genug Geld hatte, um sich einen exklusiven Geschmack leisten zu können. »Du siehst auch nicht schlecht aus.«
Bei einer schmackhaften Gemüsepastete, einem knackigen grünen Salat mit einer Pfeffer-Vinaigrette, Kalb mit Kapern, das mit einer Soße aus Wein, Zitrone und Butter serviert wurde, und gestifteltem Gemüse unterhielten sie sich über das Geschäft, die Familie und andere alltägliche Themen. Und bei Apfelkuchen mit einer köstlichen, hauchdünnen Kruste diskutierten sie über Politik. Sie waren öfter einer Meinung, als sie beide gedacht hätten.
Bei Brandy und Espresso brachte Tory die Sprache schließlich auf den Grund ihres gemeinsamen Dinners. »Wir haben einen gemeinsamen Freund«, sagte er und war mit einem Mal zögerlich. »Frank Morrison.«
»Ich weiß«, entgegnete Ronnie. »Er hat dir meine Telefonnummer gegeben.«
»Richtig.«
Als das Schweigen peinlich wurde, ergriff Ronnie das Wort. »Willst du, dass ich dir den Rest des Abends über Gesellschaft leiste?«
»Ich habe unser Essen genossen. Du bist eine sehr intelligente und kluge Frau für eine …« Er stolperte über den Rest des Satzes und schluckte schwer.
»Für eine Hure.« Ronnie lachte. »Das muss dir nicht peinlich sein. Ich liebe meinen Job, und ich liebe es, Männerfantasien zu erfüllen – und das ist es doch, was du möchtest, nehme ich an?«
»Versteh mich nicht falsch … Meine Frau ist wundervoll.«
Ronnie unterbrach ihn. »Warum einigen wir uns nicht darauf, dass wir sie für den Rest des Abends nicht mehr erwähnen? Heute geht es um ein bisschen Spaß für Erwachsene. Vielleicht fühlst du dich eines Tages dazu imstande, einige deiner Wünsche mit ihr zu teilen. Ich wette, dass sie weit aufgeschlossener ist, als du es für möglich hältst. Aber das ist im Moment nicht von Belang. Lass uns über dich sprechen.«
»Ich wünsche
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