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Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Widersprüche zulässt,
wieder einmal bestätigt hatte. Als Robert H. aus dem Gerichtssaal kam, war er schweißgebadet. Ich klopfte ihm anerkennend auf die Schulter, und auch der Staatsanwalt lobte ihn für seine offene, ehrliche, konstante Aussage. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte Robert H. etwas wirklich Schwieriges gemeistert. Er war diesmal nicht weggelaufen und hatte dafür auch noch Anerkennung bekommen. Darauf war er ganz stolz. Für ihn war es der Anfang einer guten Entwicklung. Als ich an diesem Tag nach Hause ging, dachte ich mir, dass unser Beruf doch auch schöne Seiten hat.
    Die Enttäuschung traf uns alle wie ein Faustschlag. Als der Richter sagte, dass der Angeklagte schuldig ist des Mordes, fiel allen Aufrechten im Saal ein Stein vom Herzen. Dann aber folgte sofort die schockartige Enttäuschung. Sedar M. wurde zu sechs Jahren Jugendstrafe verurteilt. Eine schallende Ohrfeige für die junge Witwe, die in Tränen aufgelöst aus dem Gerichtssaal stürzte.
    In seiner Urteilsbegründung hob der Vorsitzende Richter hervor, dass das Gericht an Sedar M.s Täterschaft nicht die geringsten Zweifel habe. Und dann erklärte der Richter, warum das Strafmaß dennoch so und nicht anders ausfallen musste. Das Gericht war nämlich den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen gefolgt, der den Angeklagten zwar nicht untersuchen konnte, weil der sich damit nicht einverstanden erklärte, der ihn aber schon damals vor vier Jahren, als er wegen versuchten Totschlags angeklagt war, begutachtet hatte. Also wisse er, wie Sedar M. damals gewesen sei, und könne ihn mit seinem »Jetzt-Zustand« vergleichen. Letzteren habe er sich anhand seiner Beobachtungen während der Hauptverhandlung erschlossen. Dabei sei er zu dem Ergebnis
gekommen, dass Sedar M. heute reifer sei als damals. Und wenn er heute reifer sei als er es damals war, dann müsse er damals noch unreif gewesen sein, wie er ja seinerzeit auch schon festgestellt hatte. Insofern sei diese »Nachreife« eine Bestätigung dafür, dass Sedar M. damals noch auf der Stufe eines Jugendlichen stand, also noch unreif war. Und deshalb sei auch hier Jugendstrafrecht anzuwenden gewesen.
    Die Staatsanwaltschaft München I legte Revision gegen dieses Urteil ein, das zu einer Welle der Empörung in der Öffentlichkeit geführt hatte. Der Richter erhielt Morddrohungen, der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf. Nach Meinung der obersten Strafrichter war die Frage der Anwendung von Erwachsenenrecht nicht ausreichend geprüft worden.
    Es folgte die zweite Auflage. Sedar M. erhielt nun zwar volle zehn Jahre Haft, die er auch vollständig absitzen muss, aber auch dieser Richter folgte dem Gutachter, sprach von einer Nachreife und sah keine Möglichkeit, Erwachsenenstrafrecht anzuwenden, was zu lebenslanger Haft geführt hätte. Besonders in Erinnerung blieb die Begründung, Sedar M. habe ja schließlich niemanden mehr getötet, obwohl das doch auch im Gefängnis möglich sei. Das beweise doch, dass er nachgereift sei. Mir wurde schlecht.
    Eine nachträgliche Sicherungsverwahrung wäre zwar inzwischen auch bei nach Jugendrecht Verurteilten möglich, aber die Voraussetzungen dafür sind derart weltfremd, dass damit nicht zu rechnen ist. Einziger Trost: Nach seiner Entlassung wird Sedar ja abgeschoben werden. Komisch ist nur, dass dies niemanden so richtig beruhigt. Warum wohl?

PERVERSITÄTEN
    Als die Frau die Treppe vor mir hinaufging, hörte ich die Glocken läuten. Besser gesagt, waren es Glöckchen. Mehrere vermutlich. Wie ich sie vom Weihnachtsbaum her kannte, als ich noch ein Kind war. Die dicke, ca. 50-jährige Frau vor mir sah aber nicht aus wie ein Weihnachtsbaum. Trotzdem bimmelte es unter ihrem weiten, langen Rock. Ich ahnte natürlich, was da zwischen ihren Schenkeln herumbaumeln dürfte. Schließlich hatte ich auch einige Zeit beim Sittendezernat Dienst verrichtet und lernen müssen, dass es Menschen gibt, die Dinge schön finden, die für Normalos wie mich unbegreiflich sind. Die Dame hatten wir samt ihrem gleichgesinnten Ehemann kurz vorher in ihrem Haus außerhalb der Stadt festgenommen. Weil der Verdacht bestand, dass sie die Grenzen ihrer sexuellen Freiheit und Selbstbestimmung überschritten hatten oder zumindest beabsichtigten, sie zum Schaden anderer Menschen zu überschreiten.
    Ich ahnte noch nicht, dass die Einblicke, die mir dieser Fall zumuten sollte, alles in den Schatten stellen würde, was ich auf diesem Gebiet bisher gehört, gesehen und selbst

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