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Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Konfrontation. Zwei Beamte der Personenfahndung trafen Peter W. in der Kneipe an, die erst um 17.00 Uhr geöffnet hatte und in der um 18.00 Uhr noch keine Gäste waren. Wortlos folgte er ihnen zur Dienststelle. Die Mutter schaute betreten, als ihr Sohn abgeführt wurde. Sie sagte kein Wort. Das war ungewöhnlich. Wusste oder ahnte sie etwas? Den Haftbefehl, der ihm ausgehändigt wurde, las er im Auto.
    Er wurde direkt in mein Büro gebracht. Auf die Frage, ob er den Haftbefehl gelesen habe, nickte er nur, sagte aber nichts dazu. Also war es an mir, zu reden. Was schwer ist, wenn man kaum Antworten bekommt und
dadurch das Gegenüber nicht so richtig einschätzen kann. Obwohl er ohnehin schwieg, klärte ich ihn über sein Recht zu schweigen auf, so wie es vorgeschrieben ist. Ich bot ihm an, einen Anwalt seiner Wahl zu verständigen. Er schüttelte den Kopf, wollte keinen. Warum denn nicht, fragte ich ihn. Es sei doch besser, wenn er sich gleich von Anfang an vertreten lasse. Dann wären auch wir auf der sicheren Seite und müssten uns nicht vorwerfen lassen, wir hätten ihn über den Tisch gezogen. Genau dadurch, dass ich ihm unbedingt einen Anwalt einreden wollte, erweckte ich bei ihm den Eindruck, als sei ich mir meiner Sache absolut sicher und als gäbe es an seiner Täterschaft nicht die geringsten Zweifel. Die es für mich übrigens auch nicht gab, allerdings hätte ein Geständnis die Dinge für uns wesentlich vereinfacht. Er schwieg. Er rechtfertigte sich nicht, er verteidigte sich nicht, er bestritt nichts. Mit keinem Wort. Ich redete und zählte ihm auf, was auf ihn als Täter hindeute. Er antwortete hin und wieder kurz und knapp, meist mit »Ja« oder »Nein«. Abklopfen nennt man das. Hatte ich doch bemerkt, wie verklemmt er war. Über sexuelle Dinge zu sprechen war ihm unangenehm, peinlich. Er verneinte, als ich ihn fragte, ob er liiert sei, und er schwieg, als ich ihn fragte, wie es mit seinem Sexualleben aussehe. Und irgendwie, nach etwa 20 Minuten, traf ich ihn, den entscheidenden Punkt. Ohne es vorher zu wissen. Jedenfalls entschloss ich mich, die sexuelle Komponente auszuklammern, und machte ihm deutlich, dass mich eigentlich nur zwei Fälle interessieren würden, nämlich die, bei denen ein Messer eingesetzt worden sei. Schließlich wären wir hier bei der Mordkommission und nicht bei der Sitte. Plötzlich bemerkte ich, dass er aufhorchte. Er
schaute mich an, als ob er prüfen wollte, ob ich das auch wirklich so meinte. Also schob ich nach, dass mich der »ganze sexuelle Schmarr’n« nicht im Geringsten interessieren würde. Ich wolle nur wissen, ob es ihm wenigstens leid täte, dass er die beiden Frauen mit dem Messer verletzt habe. Da geschah das Wunder: Er schaute mich an und sagte: »Ja, das tut mir leid.«
    Das war’s. Peter W. legte ein umfassendes Geständnis ab. Allerdings nur diese beiden versuchten Tötungsdelikte betreffend. Er gab zu, die beiden Frauen überfallen und niedergestochen zu haben. Aber mit keinem einzigen Wort erklärte er sein wahres Motiv. Kein Wort davon, dass er sexuelle Handlungen vorgenommen hatte und kein Wort darüber, was ihn getrieben hatte zu diesen Taten. Das ginge uns nichts an, meinte er. Er verriet uns das Versteck des Tatmessers in der Kneipe und räumte den rein objektiven Sachverhalt bis ins kleinste Detail ein. Wissend, dass er wegen Mordversuchs in zwei Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt werden könnte. Die Überfälle auf andere Frauen, die eigenartige Geschichte mit der Spritze sowie die von ihm begangenen Brandstiftungen gab er nicht zu. Vor Gericht wurde er sogar erstmals ungehalten. Er, der sonst so introvertierte Angeklagte, fuhr hoch und schrie die Richter an, er habe alles gesagt, alles zugegeben und alles andere ginge niemanden etwas an. Besonders wütend reagierte er, wenn er auf den Vorfall mit der Spritze angesprochen wurde. So wissen wir bis heute noch nicht, warum er sich von einer Frau Blut abnehmen ließ, um eine andere damit zu bedrohen. Peter W. war das Paradebeispiel für jene Täter, die unter keinen Umständen einen Blick in ihre Seele gestatten wollen.

    Die Erleichterung über die Festnahme des Mannes, der als »Messerzwerg von Schwabing« für Angst und Schrecken gesorgt hatte, war groß. Interessant war in diesem Zusammenhang, was nachträglich bekannt wurde: Peter W. war mindestens ein Dutzend Mal als Exhibitionist aufgetreten, meist gegenüber jungen Frauen, die vorher in der Kneipe seiner Mutter waren. Dort

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