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Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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internen und persönlichen Verbindungen es gab. Snorri überflog die Liste. Er war ein schlanker, drahtiger Typ, der sich offensichtlich im Fitness-Studio einiges abverlangte. Er hatte die Antworten sofort parat und verlor sich nicht in Nebensächlichkeiten.
    »Diese beiden sind bei unserer Firma«, sagte Snorri und zeigte auf die Namen von zwei Ausländern. »Wir sind im Grunde genommen nur eine Dependance eines internationalen Wirtschaftsprüfungs-und Beratungsunternehmens, das sieht man ja schon am Namen. Diese beiden sind für die Kommunikation der Filialen mit der Zentrale zuständig, sowohl hier in Island als auch in den anderen skandinavischen Ländern. Sie besuchen uns regelmäßig, und wir hielten es damals für eine gute Idee, sie zu dieser Incentive-Fahrt auf den Gletscher einzuladen. Soweit ich weiß, waren sie begeistert.«
    »Und der hier?«, fragte Sigurður Óli und deutete auf den dritten Namen.
    »Hm, über den weiß ich wenig«, sagte Snorri. »Ich meine aber, er wäre mit den vier Leuten von der isländischen Bank zusammen gewesen. Aber wir können ihn ja mal unter die Lupe nehmen.«
    »Wenn es dir nichts ausmacht«, sagte Sigurður Óli.
    »Kein Problem.«
    Snorri öffnete eine Suchmaschine im Internet und gab den Namen des Mannes ein. Eine ganze Reihe von Links tauchte auf, und er öffnete den obersten, schloss ihn aber gleich wieder. Dann den nächsten. Nach einer knappen Minute hatte er die Informationen, die er brauchte.
    »Er hat eine leitende Position in einer Luxemburger Bank«, sagte Snorri. »Kein Top-Manager, aber eine gute Position. Mittlere Führungsebene. Alain Sörensen. Vater Franzose, Mutter Schwedin. Geboren 1969, in Schweden aufgewachsen. Experte in SWAP-Geschäften. Verheiratet, zwei Kinder. Ausbildung in Frankreich. Hobbys: Fahrradfahren und Reisen. Ist das der Mann?«, fragte Snorri und sah von seinem Monitor auf.
    »Es ist derselbe Name«, sagte Sigurður Óli.
    »Also mit unserer Firma hat er nichts zu tun, das kann ich mit einiger Sicherheit sagen.«
    »Dann ist es wohl wahrscheinlich, dass er über die isländischen Banker mit eingeladen wurde?«
    »Sehr wahrscheinlich. Sie waren die einzigen in dieser Gruppe, die Verbindungen zu ausländischen Banken hatten.«
    Sigurður Óli musste sofort an die drei Männer denken, die behauptet hatten, niemanden auf der Liste zu kennen, als er sie ihnen vorgelegt hatte.
    »Worum geht es?«, fragte Snorri. »Die Polizei wird sich ja wohl kaum dafür interessieren, wenn sich irgendwelche Banker treffen?«
    »Sollte man eigentlich meinen«, entgegnete Sigurður Óli. »Kannst du mir ein wenig darüber erzählen, was in der Finanzwelt eigentlich los ist? All diese Banken, all diese neuen Milliardäre und dieser ganze Cash-Flow.«
    »Das ist gar nicht kompliziert«, erklärte Snorri.
    »Sind das alles Finanzgenies?«
    »Weit entfernt. Das Problem ist, dass die wenigsten von denen, die sich diese neuen Milliardendeals an Land ziehen, die wenigsten von denen, die wir hier in Island Expansionswikinger nennen, sich wirklich in der Finanzwirtschaft auskennen, und nicht wenige von ihnen verfügen nur über eine durchschnittliche Intelligenz.«
    »Mich fasziniert, ehrlich gesagt, aber doch, was sie alles erreicht haben«, sagte Sigurður Óli.
    »Ja, ja. Na klar, die kaufen große Unternehmen in Dänemark und England auf, und Island hat auf diese Weise international von sich reden gemacht. Manche von ihnen sind cleverer als andere, und selbstverständlich hat das Wachstum der Banken hierzulande unglaublich viele Arbeitsplätze geschaffen, nicht zuletzt für Leute wie mich. Auch die Nation hat finanziell gewaltig davon profitiert. Aber Finanzgenies sind sie nicht. Die haben bloß rausgefunden, dass es überall auf der Welt Unmengen von billigen Krediten gibt, Kurzzeitdarlehen, und auf diese Darlehen stürzen sie sich. Es sind gar nicht so viele Leute, aber zwischen ihnen gibt es ein regelrechtes Spinnennetz von Eigneranteilen, und sie nehmen sämtliche Darlehen, die sie bekommen können. Und dann leihen sie sich selber Geld oder ihren Firmen oder wem auch immer, um Unternehmen aufzukaufen oder Anteile an Banken und Fluggesellschaften zu kaufen, und bezahlen dafür horrende Summen – und immer wieder stecken dieselben Personen dahinter.«
    »Ist das nicht okay?«, fragte Sigurður Óli.
    »Oberflächlich betrachtet scheffeln sie Geld und sammeln Unternehmen«, sagte Snorri. »Aber in Wirklichkeit steigen nur die Aktien in ihren Gesellschaften, und

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