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Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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zwar so, dass alle glauben müssen, sie würden gewaltig Profit machen, und damit steigt ihre Kreditwürdigkeit. Es deutet aber einiges darauf hin, dass sie selber den Wert ihrer Aktien überdimensional in die Höhe treiben. Wenn Privatpersonen und sogenannte institutionelle Investoren wie beispielsweise die Rentenversicherungen sehen, dass Aktien im Wert steigen, klinken sie sich ein und kaufen diese Aktien. Aufgrund dieserangeblichen Wertsteigerung können dann unsere Wikinger wieder neue Kredite bekommen. Die Steigerung als solche ist beeinflusst von einer Unternehmensbewertung, die völlig unrealistisch ist. Und so weiter und so fort.«
    »Unterliegt denn so etwas überhaupt keiner Kontrolle?«
    »Diese Leute bestimmen selber den Wert ihrer Firmen. Zum Beispiel operieren sie mit dem sogenannten Goodwill-Unternehmenswert, der im Grunde genommen nichts anderes als eine spekulative Prognose über einen zukünftigen Wert der Firma ist, und setzen ihn mit dem faktischen Unternehmenswert gleich. Streng genommen beruhen diese Zahlen, die in die Milliarden gehen können, auf purer Fantasie. Kontrolle gibt es da so gut wie keine.«
    »Goodwill-Unternehmenswert?«, murmelte Sigurður Óli.
    »Die tun alles, was in ihrer Macht steht, um die Zahlen zu schönen«, sagte Snorri. »Wenn man nach diesem Modell verfährt, darf allerdings nichts aus dem Ruder laufen, sonst platzt die Seifenblase. Nicht ein einziger Kredit darf ausfallen, dann geht alles zum Teufel. Dir ist offensichtlich noch nie etwas über den Goodwill-Unternehmenswert zu Ohren gekommen, da kannst du dich ja auf etwas gefasst machen, wenn du erst mal was von Kreditlinien hörst.«
    »Aber ist dann nicht so eine Firma wie diese hier verantwortlich dafür, dass das alles mit rechten Dingen zugeht?«
    »Das ist ja mein Reden. Deshalb sind wir auch dabei, uns so peu à peu aus der Tätigkeit für diese Leuteherauszuziehen«, erklärte Snorri. »Ich habe hier im Haus dafür gekämpft, und allmählich hört man auf mich. Wir nehmen nicht mehr an so etwas teil.«
    »Und dieser Alain Sörensen?«
    »Den kenn ich nicht«, sagte Snorri. »In den Banken wird so einiges praktiziert, was die Überführung von Geldern in Steuer-Oasen und dergleichen betrifft. Aber den Mann kenne ich nicht.«
    »In Steuer-Oasen?«
    »Nein. Der sitzt ja in Luxemburg. Sehr viele von diesen Transfers laufen über Luxemburg.«

Fünfundvierzig
    Am Nachmittag wurden Þórarinn und Hörður weiter vernommen. Sigurður Óli und Finnur führten sie in Litla-Hraun durch, wohin man die beiden überführt hatte, nachdem die Untersuchungshaft verfügt worden war. Sie begannen mit Þórarinn. Sigurður Óli hatte Finnur über seine Recherchen in Bezug auf Línas Kontakte zu den Bankern informiert. Er hatte ihm auch mitgeteilt, dass er sich mit den Bankern unterhalten hatte, dass jedoch nicht viel dabei herausgekommen sei. Sie einigten sich auf eine gemeinsame Taktik beim Verhör von Þórarinn, der bislang außerordentlich unkooperativ gewesen war. Es war an der Zeit, ihm deutlich klarzumachen, in was für einer Lage er sich befand.
    »Ein ermüdender Zeitgenosse«, bemerkte Finnur.
    »Unerträglich«, stimmte Sigurður Óli zu.
    Der Untersuchungshäftling schien guter Dinge zu sein, als er, gefolgt von seinem Rechtsanwalt, in das Vernehmungszimmer geführt wurde. Er setzte sich grinsend und breitbeinig auf den ihm zugewiesenen Stuhl und schlug mit einem Fuß rhythmisch auf den Boden.
    »Gibt’s hier eigentlich auch was anderes als Haferbrei zu fressen?«, fragte er.
    »Du solltest versuchen, dich daran zu gewöhnen«, sagte Finnur.
    Sigurður Óli schaltete das Aufnahmegerät ein und eröffnete das Verhör mit der Frage, die er bereits zuvor gestellt hatte: Weshalb Þórarinn mit einem Baseballschläger bewaffnet zu Lína nach Hause gekommen war und sie so zugerichtet hatte, dass es ihren Tod herbeiführte. Þórarinn hielt sich an seine Aussage, dass sie ihm Geld für Drogen geschuldet hatte und dass es nicht seine Absicht gewesen sei, so weit zu gehen. Er sprach immer noch von Notwehr.
    »In Ordnung«, sagte Sigurður Óli. »Etwas anderes. Kennst du einen Banker namens Sverrir?«
    »Wer ist das?«
    »Antworte auf meine Frage!«
    »Ich kenne keinen Sverrir. Was behauptet der? Der lügt sich was über mich zusammen! Ich kenn den Typ überhaupt nicht.«
    »Und einen Mann namens Arnar? Der arbeitet bei derselben Bank.«
    »Kenn ich nicht.«
    »Und der Dritte, nach dem ich dich frage, heißt Knútur. Kommt

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