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Abgründig (German Edition)

Abgründig (German Edition)

Titel: Abgründig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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angstgeweiteten Augen ihn an.
    Als er entdeckte, weswegen sie so geschrien hatte, erstarrte auch er.

21
    Stumm starrten alle auf Ralfs Platz. Was ihnen dort an mehreren Stellen matt entgegenschimmerte, waren ohne jeden Zweifel Blutflecken. Und es waren viele.
    »Verdammt!«, stieß Sebastian aus und ging in die Hocke. Er betrachtete die sieben oder acht eurostückgroßen Sprenkel auf dem Boden, die unregelmäßig um eine weitere, etwa handtellergroße Lache angeordnet waren. Nach einer Weile richtete er sich wieder auf und baute sich vor Tim auf.
    »Ich schätze, das ist nicht dein Blut, oder?«
    Tim schüttelte nur den Kopf.
    »Damit wäre deine Erklärung von vorhin wohl ziemlich dahin, nicht wahr, Timmi?«
    Tim war vollkommen verwirrt, sein Verstand lieferte wieder viel zu viele Eindrücke auf einmal, als dass er sie hätte aufgreifen und zu etwas Vernünftigem zusammensetzen können. Wie war das möglich? Wo konnten diese Flecken herkommen? Von ihm sicher nicht. Die Lache war auf Ralfs Platz, unter Ralfs Decke … Es musste Ralfs Blut sein. Was aber bedeutete das für Tim? Das Blut in seinem Gesicht, an seinen Händen … Seine Nase war sauber gewesen.
    »Nasenbluten«, hörte er sich selbst sagen und wunderte sich darüber, wie das möglich war, ohne es bewusst gewollt zu haben. »Ralf hatte vielleicht … Nasenbluten?«
    Sebastian stieß ein humorloses Lachen aus. »Nasenbluten, aha. Schau dir mal die Menge an, die dort auf dem Boden klebt. Hast du schon mal gesehen, dass jemand beim Nasenbluten so verdammt viel Blut verloren hat?«
    Das hatte Tim noch nicht, aber welche Erklärung gab es sonst?
    Eine Ahnung wollte sich ihm aufdrängen, doch sein Verstand unterdrückte sie. Es musste doch eine plausible, harmlose Erklärung geben. Es musste .
    Tim spürte jemanden neben sich und sah erschrocken zur Seite. Lena fuhr wegen seiner heftigen Reaktion zusammen und sah ihn verstört an. »Tim … was ist denn nur los mit dir?«
    »Was los ist?«, fragte er und stieß einen kurzen hohen Lacher aus. Er gestand sich selbst ein, dass es sich etwas irre anhörte. »Siehst du das denn nicht? Sie versuchen schon wieder, mich zum Schuldigen zu machen.«
    Tim riss seinen Blick von Lena und richtete ihn auf Sebastian, der ihn fixierte wie die Schlange das Kaninchen.
    »Vor allem diejenigen, die gezeigt haben, dass sie selbst am ehesten dazu in der Lage sind, Ralf wirklich zu verletzen, bemühen sich besonders, den Verdacht auf andere zu lenken.«
    Sebastians zuletzt maskenhaftes Gesicht zuckte. »Nun lenk nicht ab. Ich hatte beim Aufwachen kein blutverschmiertes Gesicht und auch keine blutigen Hände. Ralf ist verschwunden und jetzt finden wir an seinem Platz Blutspuren. Da muss man kein Bulle sein, um zu kapieren, dass es da einen Zusammenhang gibt.«
    Tim musterte Sebastian und überlegte fieberhaft, was er entgegnen könnte, aber in seinem Kopf herrschte plötzlich eine seltsame Leere, ein fremdes Gefühl der … Seelenlosigkeit?
    Alles in ihm schrie danach, einfach wegzulaufen, die Tür aufzureißen und diese Katastrophe hinter sich zu lassen. Selbst der tobende Sturm dort draußen erschien ihm harmlos angesichts dessen, was er gerade in dieser Hütte erlebte.
    Er sah die anderen der Reihe nach an, forschte in ihren Gesichtern danach, wie sie zu ihm standen, ob sie auch dachten, er hätte etwas mit Ralfs Verschwinden zu tun. Ob vielleicht sogar jemand etwas wusste … Jenny! Tim erinnerte sich an ihr seltsames Verhalten an diesem Morgen. Hatte sie etwas gesehen? Er sah sie flehend an, doch sie wandte sich ab und stierte auf die Wand neben sich.
    Dann war da noch Julia, anders als Jenny hatte sie ihn offen angeblickt. In ihren Augen hatte deutliche Angst gestanden. Angst vor ihm? Er linste zu ihr und entdeckte die Angst sofort wieder.
    Tim spürte Lenas Hand an seiner. Fassungslos beobachtete er, wie er sie abschüttelte. Es war, als gehörte seine Hand nicht zu ihm, als hätte sie ein Eigenleben entwickelt. Schnell bat er Lena mit einem Blick um Verzeihung. Er verstand selbst nicht, warum er das gerade getan hatte, und er fand auch keine Worte, es ihr zu erklären.
    Immer lauter wurde die unschöne Ahnung in ihm. Schließlich hatte sie sich so weit in sein Bewusstsein gedrängt, dass sich passende Worte dazu formten. Worte, die sich nun zu Sätzen aneinanderreihten: Vielleicht hast du es getan. Du weißt, dass du dazu fähig bist. Du hast schon einmal jemanden verletzt. Im Schlaf. Und du weißt auch, dass du jetzt

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