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Abgrund der Lust

Abgrund der Lust

Titel: Abgrund der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Schone
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behaupten, das sei eine Form von Verrat.«
    Die Vergangenheit geisterte durch Gastons Blick. »Monsieur Michael wollte Ihre Leiche nicht loslassen«, sagte er ungewöhnlich bewegt.
    Gabriel erinnerte sich …
    … Das Echo eines Schusses.
    … Der Silberdunst von Atem.
    Hast du um mich getrauert ?
    Ja .
    »Es war nicht meine Leiche«, sagte Gabriel abwesend.
    Michael hatte den verbrannten Leichnam eines Bettlers in Armen gehalten – nicht Gabriel.
    Gabriel hatte die Leiche des Bettlers in sein Bett gelegt in der Hoffnung, dass man ihn fälschlich für Gabriel halten würde.
    So war es auch gekommen.
    Gabriel hatte getan, was notwendig war, um Michael zu retten. Damit er ein Leben statt eines Alptraums leben konnte.
    Nur um zu erkennen, dass der Alptraum gerade erst angefangen hatte.
    »Er dachte, es wäre Ihre Leiche, Monsieur.« Der seltene Gefühlsausbruch ließ Gastons Gesicht leuchten. »Er liebt Sie. Monsieur Michael gehört zu unserer Familie. Ich werde ihn nicht hinauswerfen. Jamais . Er hat sich um uns gekümmert, als wir nicht wussten, wo wir hin sollten.«
    Zwei Worte trafen Gabriel wie ein Schlag.
    Jamais . Niemals.
    Familie.
    Sie waren alle Huren. Zuhälter. Bettler. Mörder. Diebe.
    Ihre Vergangenheit würde sich niemals ändern. Sie alle wären nicht zusammen, wenn sie eine Familie hätten.
    Gaston starrte über Gabriels Kopf hinweg. »Soll ich mir selbst zwei Monatslöhne als Abfindung geben, Monsieur?«
    Gabriels linker Mundwinkel zuckte nach oben.
    Gaston war seit vierzehn Jahren bei Gabriel. Er hatte ihn, zu blutigem Brei zerschlagen, in einer Gasse in Seven Dials gefunden.
    Ohne Gaston wäre das Haus Gabriel undenkbar. Er führte das Haus und die Leute, die darin arbeiteten.
    »Damit Sie bei Monsieur Michael in Dienst gehen können?«, fragte er leichthin. » Je ne crois pas, mon ami . Sie beide würden nur ein Konkurrenzhaus eröffnen, und was soll dann aus mir werden?«
    Gaston entspannte sich nicht bei Gastons Geplänkel.
    »Die Männer haben Angst, Monsieur.«
    Jegliche Leichtfertigkeit war mit einem Schlag verschwunden.
    »Zahlen Sie ihnen mehr«, sagte Gabriel angespannt.
    »Sie wollen wissen, wen sie töten sollen, Monsieur, statt jedes Mal aus der Haut zu fahren wie die Kaninchen, wenn eine Champagnerflasche entkorkt wird. S'il vous plaît . Wenn Sie doch nur den Mann beschreiben würden, der hinter Ihnen her ist …«
    Victoria hatte etwas ganz Ähnliches gesagt.
    Wenn Sie meine Fragen nicht beantworten, können Sie nicht erwarten, dass ich Ihre beantworte .
    Gabriel öffnete den Mund.
    Es war ein berechtigtes Ansinnen. Männer, die ihr Leben aufs Spiel setzten, um das Leben eines anderen zu retten, hatten ein Recht zu erfahren, wie ihr möglicher Mörder aussah.
    Aber die Worte kamen ihm nicht über die Lippen.
    »Heute Abend war ein Mann hier«, sagte er stattdessen.
    »Es waren heute Abend mehrere Hundert Männer hier, Monsieur.«
    Gabriel überhörte Gastons Sarkasmus.
    »Der Mann hat graue Haare – er ist Mitte bis Ende fünfzig. Sein Name ist Gerald Fitzjohn. Ich möchte seine Londoner Adresse wissen. Schicken Sie Jeremy in die Bibliothek, sie nachzuschlagen.«
    »Jeremy hat sich gerade schlafen gelegt, Sir.«
    »Dann würde ich vorschlagen, dass Sie ihn wecken, Gaston«, sagte Gabriel leise, bedrohlich.
    »Sehr wohl, Monsieur«, antwortete Gaston hölzern.
    »Schicken Sie Jacques zur Times und zu den News .«
    Es waren die beiden meist gelesenen Tageszeitungen Londons.
    Gaston wollte schon Einwände erheben – auch Jacques hatte sich gerade schlafen gelegt.
    Er schloss den Mund.
    »Ich möchte, dass Jacques die Stellenanzeigen der letzten eineinhalb Jahre durchsieht.« Gabriel erinnerte sich an Victorias Behauptung: Würde er Ihr Haus kennen, würde er nicht den Gouvernanten seiner Kinder nachstellen, Sir . »Sagen Sie ihm, er soll nach wiederholten Stellenangeboten derselben Inserenten für eine Gouvernante suchen. Wenn er welche findet, möchte ich, dass er Namen und Adressen notiert.«
    Victoria mochte glauben, dass sie ein zufälliges Opfer ihres Dienstherrn war; Gabriel wusste es besser. Männer, die Frauen nachstellten, hatten meist schon eine entsprechende Vorgeschichte. Der Haushalt, in dem sie angestellt war, suchte wahrscheinlich regelmäßig eine neue Gouvernante.
    » Très bien «, sagte Gaston.
    »Lassen Sie David die Stellenagenturen aufsuchen.« David konnte Mann und Frau, Jung und Alt mit seinem Charme bezaubern. »Er soll sagen, eine Gouvernante namens

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