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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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sich aus Sicherheitsgründen nicht verriegeln. Dennoch zögert Clarke. Sie weiß, wie sie sich fühlen würde, wenn jemand ungebeten in ihre Privatsphäre eindringt.
    Aber sie hat gesagt, dass sie noch eine Schicht machen will. Außerdem habe ich angeklopft …
    Sie dreht an dem Rad in der Mitte der Luke. Die mimetische Dichtung an ihren Rändern wird weich und zieht sich zurück. Clarke öffnet die Luke und wirft einen Blick hinein.
    Alice Nakata liegt zuckend in ihrer Koje. Ihre Augen sind geschlossen, die Taucherhaut ist teilweise geöffnet. Kabel hängen von Anschlussstellen an ihrem Gesicht und ihren Handgelenken herab und führen zu einem leuchtenden Traumerzeuger auf dem Regal neben dem Bett.
    Sie legt sich schlafen, zehn Minuten, bevor ihre Schicht anfängt?
    Das ergibt keinen Sinn. Außerdem war Nakata eben noch unten bei den anderen. Bei Fischer. Wie kann irgendjemand nach so einem Vorfall schlafen?
    Clarke tritt näher heran und mustert die Kontrolllampen an dem Gerät; die REM-Schlaf-Induktion ist auf höchste Stufe gestellt und die Weckfunktion ausgeschaltet. Nakata muss innerhalb weniger Sekunden eingeschlafen sein. Verdammt, bei dieser Einstellung würde sie selbst mitten in einer Massenvergewaltigung einschlafen.
    Lenie Clarke nickt anerkennend. Netter Trick .
    Widerstrebend drückt sie auf den Weckknopf. Der Schlaf verschwindet aus Nakatas Gesicht; ihr Ausdruck verändert sich abrupt. Ihre asiatischen Augen zucken und öffnen sich dann, werden weit und dunkel.
    Überrascht tritt Clarke einen Schritt zurück. Alice Nakata hat ihre Augenkappen herausgenommen.
    »Es wird Zeit, Alice«, sagt sie leise. »Tut mir leid, dass ich Sie wecken muss …«
    Es tut ihr tatsächlich leid. Sie hat Nakata noch nie lächeln gesehen. Es wäre schön gewesen, wenn es noch etwas länger angedauert hätte.

    Brander setzt gerade einen Breitband-Sensor in ein Gehäuse ein, als Clarke im Aufenthaltsraum erscheint. »Sie kommt später nach«, sagt sie zu ihm und geht zum Trockengestell, um ihre Schwimmflossen zu holen.
    Die Luke zur Krankenstation vor ihr ist geschlossen. Von drinnen sind keine Geräusche zu hören, weder von Mensch noch Maschine.
    »Oh ja. Er ist immer noch dort drin.« Brander hebt ein wenig die Stimme. »Und das ist verdammt noch mal gut so, solange ich hier bin.«
    »Er hat es nicht bös…« Halt die Klappe! Halt, verflucht noch mal, die Klappe!
    »Lenie?«
    Sie dreht sich um und sieht seine Hand sinken. Brander ist viel empfindlicher, als man denkt. Manchmal vergisst er sich in ihrer Nähe fast. Aber das ist in Ordnung. Er meint es auch nicht böse.
    »Nichts«, sagt Clarke und greift nach ihren Schwimmflossen.
    Brander trägt den Sensor zur Schleuse hinüber, wirft ihn mit ein paar anderen Ausrüstungsgegenständen hinein und befördert sie nach draußen. Ihr Weg hinaus in die Tiefe wird von einem Gluckern und Klappern begleitet.
    »Es ist nur …«
    Er sieht sie an, sein Gesicht mit den leeren Augen verzieht sich fragend.
    »Was haben Sie eigentlich gegen Fischer?«, sagt sie fast im Flüsterton.
    Du weißt genau, was er gegen Fischer hat. Das geht dich nichts an. Halt dich da raus.
    Branders Gesicht verhärtet sich wie abbindender Zement. »Er ist ein verdammter Perverser. Er betatscht kleine Kinder.«
    Ich weiß. »Wer sagt das?«
    »Das muss mir niemand sagen. Einen wie ihn erkenne ich aus zehn Kilometern Entfernung.«
    »Wenn Sie meinen.« Clarke lauscht ihrer eigenen Stimme. Kühl. Abweisend, beinahe gelangweilt. Gut.
    »Er sieht mich so komisch an. Teufel auch, haben Sie schon mal gesehen, wie er Sie anschaut?« Metall klirrt auf Metall. »Wenn er mich auch nur anfasst, bringe ich ihn um.«
    »Nun, das sollte Ihnen wohl nicht schwerfallen. Er sitzt einfach nur da und lässt sich alles gefallen, wissen Sie, er ist so … passiv …«
    Brander schnaubt verächtlich. »Was kümmert Sie das überhaupt? Sie finden ihn doch genauso unheimlich wie wir alle. Ich habe gesehen, was letzte Woche in der Krankenstation passiert ist.«
    Die Schleuse zischt. Ein grünes Licht leuchtet daneben auf.
    »Ich weiß nicht«, sagt Lenie. »Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich weiß, was er ist.«
    Brander öffnet die Schleuse und steigt hinein. Clarke greift nach der Kante der Luke.
    »Aber da ist noch etwas anderes«, sagt sie wie zu sich selbst. »Irgendetwas … fehlt. Er passt nicht hierher.«
    »Keiner von uns passt hierher«, knurrt Brander. »Das ist verdammt noch mal Sinn der Sache.«
    Sie schließt die

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