Abiona - Das Bündnis (German Edition)
menschlichen Welt. Ju Lissanto und Ritor Weltan hingegen trotzen vor Kampfeslust, da ihre Kräfte frisch und unverbraucht waren.
Shekowahs Blick glitt zu den anderen, etwa hundert Dädos hinüber, die sich angeführt von ihren Dämonenobersten auf dem Vorplatz der Kathedrale gruppierten, um in kleineren Suchtrupps die Gärten, das Novizenheim, den Wald und die Kathedrale nach Abiona abzusuchen. Ein dicklicher Dämon mit der schlechten Nachbildung einer silbernen Brille befehligte einen Trupp gackernder Dädos, die sich in Richtung Gärten aufmachten und dabei alles niedertrampelten, was sich ihnen rechts und links des Pfades darbot.
Im gleichen Moment spürte Shekowah den aufmerksamen Blick der Dunklen Herrscherin auf ihn ruhen und nahm wahr, wie der Fluch der trägen Gedanken verschwand und sein Gehirn wieder anfing normal zu arbeiten. Zuerst kam ihm der Gedanke, sich auf den nächstbesten Dädo zu stürzen, so die Reihen der Vadoiten zu durchbrechen und zur Heiligen Quelle zu rennen, um den Botenstein hineinzuwerfen, der Dragon die Nachricht vom Angriff übermitteln würde. Doch er verwarf den Gedanken wieder. Wenn er bei dem Versuch zu fliehen nicht umkam, so würden die Dämonen schlau genug sein, einen der Lichtarbeiter zu ergreifen und ihn zurück zu zwingen. Nein, es war wichtiger, Abiona vor ihnen versteckt zu halten, denn, wenn sie ihn vergeblich suchten, würden sie vielleicht wieder abziehen. Doch auch das erschien ihm nahezu unmöglich. Wie sollte er Eldana eine Nachricht zukommen lassen und wohin sollte sie Abiona bringen? Die Dämonen würden sicherlich jede unterirdische Grabkammer der Kathedrale mit Freuden durchforsten!
Jetzt erhob die Dunkle Herrscherin in dem allgemeinen Tumult ihre Stimme; und es schien Shekowah so, als klinge sie amüsiert. »Spart Euch das Suchen!«, sagte sie belustigt. »Wir wissen, wo Abi Iona verweilt, denn ein freundlicher Lichtarbeiter hat es uns verraten.« Ihr Blick verweilte spöttisch auf Shekowah und sie lachte unbarmherzig. »Er ist in dieser heiligen Kirche! Was für ein fantasieloses Versteck, KÖNIG der Lichtarbeiter!« Sie warf den Kopf in den Nacken und stieß ein Heulen aus. »Ergreift den Prinzen und tötet alle, die ihn bewachen!«
Shekowah hörte auf zu denken. Er rannte los. Vielleicht konnte er noch vor den Dämonen in der Kirche sein und Eldana und die Kinder schützen. Doch schon traf ihn ein flammender Schwertstreich von irgendwoher und er stolperte und fiel zu Boden. Ritor Weltan war sofort über ihm; sein Gesicht eine zähnefletschende Grimasse ohne Kontur. Neben ihm dröhnende Dädos, die gurgelnde, zischende und gierigen Laute ausstießen, während sie ihm stampfend umkreisten. Aus den Augenwinkeln sah Shekowah die Dunkle Herrscherin, die sich ihm unheilvoll näherte. Und dann…, dann hörte er ihre Stimme.
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Dragon schloss vor Müdigkeit und Anspannung die Augen und rieb sich über die schmerzenden Lider. Unnötig. Unnötig und schwachsinnig! Er verabscheute Aufgaben wie diese. Das Sitzen an einem Wissenden Auge, das nicht reden wollte, weil die, die es befehligen konnten, vielleicht schon tot oder schlimmer noch fast tot waren und Folterqualen litten. Der Gedanke war unerträglich, genau wie diese Nacht.
Er stand auf und warf Zalfor einen kurzen Blick zu. Der alte Tempelhüter verstand und richtete sich schwerfällig auf, um an den Brunnen zu treten, der das Wissende Auge von Lichterstadt barg. Dragon reckte sich und gähnte lautlos. Stimmen, immer diese Stimmen im Kopf…
Er hatte nie die Gabe besessen, Ahnengeister zu sehen wie Selana, oder die Auren von Tieren und Menschen wie Akonta. Aber er hörte Stimmen, wahllose, wirre Stimmen und zwar immer dann, wenn Gefahr drohte. Die Stimmen schienen alle miteinander zu tuscheln und ihm Warnungen zuzurufen. Doch was sie sagten, blieb für Dragon stets unverständlich.
Nutzloses Geisterkonzert, schimpfte er und hielt sich die Ohren zu, obwohl er wusste, dass das die Stimmen nicht aussperrte. Verdammt, sie sind in Gefahr und ich kann nichts machen!
Flüchtig überlegte er zu Akonta zu gehen, doch er wusste, sie würde ihn mit allen Mitteln aufhalten, den Stadtrat zu informieren. Zu oft schon hatten sie sich wegen dieses Lichtarbeiter-Zeugs , wie der edle Graf Rahorst von Ulrienstein, der Vorsitzende des Stadtrats zu sagen pflegte, lächerlich gemacht. Der Rat der Elf wurde gebilligt und geschätzt, solange die Heiler ihre Arbeit taten, die Stadt wohlig geschützt war und
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