Abiona - Das Bündnis (German Edition)
sollte ein Bote nun noch die Reihen der Dämonen durchbrechen, um Verstärkung zu holen und Lichterstadt zu warnen?
Shekowah stieß einen stummen Fluch aus. Er hatte alles falsch gemacht. Er hatte sich um Eldana gekümmert, anstatt Strategien zu ersinnen, wie man die Lichtarbeiter vor einem möglichen Angriff schützen könnte. Diesen Fehler würden sie alle mit ihrem Leben bezahlen. Und mehr noch. Die Welt würde von nun an eine andere werden, denn andere Mächte würden von dieser Nacht an über sie herrschen.
Mit einer großzügigen Geste trat die Dunkle Herrscherin vor. Ihr Lächeln wirkte einladend. Ihre weiche Geste mit der feingliedrigen Hand und das würdevolle Kopfnicken waren bewusst inszeniert, um die Gefühle der Lichtarbeiter zu erhitzen und die Konzentration zu brechen.
»Ihr Arbeiter des Lichts! Aus den Dunkelkammern des Unterreichs sind wir aufgestiegen, um Eure Sehnsucht nach unserer nächtlichen Umhüllung zu stillen. Die Zeit der Geheimnisse und Trennungen ist vorüber. Wir haben viel zu lange gewartet, uns Euch zu offenbaren. Ihr besitzt so vieles, was anmutig, schön und begehrenswert ist…«
Sie lächelte und ließ ihre Hand wie zufällig zu der seidigen Schleppe ihres langen Kleides wandern. Die gesamte zur Verfügung stehende Energie auf dem Platz schien allein ihr zu gehören. Keiner der Ratsmitglieder wagte sich zu bewegen oder das Wort zu ergreifen. Die Dunkle Herrin aber setzte sich langsam in Bewegung und schritt an der kurzen Reihe der Lichtarbeiter entlang.
»…deshalb sind wir in freundlicher Absicht hier, denn wir benötigen etwas, das uns genommen wurde und das wir wiederhaben möchten. Doch zuvor würden wir gern mit euch über den Preis verhandeln.«
Sie legte eine Pause ein und strich sich eine schwarze Haarsträhne zurück. Ihre langen Wimpern hielten ihren feurigen Blick ein wenig zurück, doch Shekowah hatte dennoch das Gefühl, bei der kurzen Begegnung mit ihrem Augenaufschlag in Flammen aufzugehen.
»Doch nur einer unter euch ist würdig, mit uns in Verhandlungen einzutreten. Einer, der uns ebenbürtig ist. Wer hat die Macht, uns zu antworten?«
Shekowah wusste, dass es seine Aufgabe war, das Wort zu ergreifen, doch was konnte er schon gegen die Gewalt ihrer Stimme ausrichten? Seine Worte würden verklingen wie ein leises Flüstern in der Brandung eines Ozeans. Auch wollten keine Worte kommen. Leer war sein Kopf und hinweggewischt alle Gedanken durch ihre subtile Verführungsmagie.
Die Dunkle wartete eine Weile und schritt dann weiter an ihrer ungeordneten Reihe entlang. Ihr Blick glitt über Shekowah hinweg. Noch nie hatte sich der König der Lichtarbeiter so gedemütigt gefühlt. Er öffnete den Mund, doch seine Zunge war schwer wie Blei und alles, was er herausbrachte, war ein stumpfer, hirnloser Laut.
Die Herrscherin lächelte ihn herablassend an und schritt an der Priesterin vorbei, die neben dem König stand. Kaisho senkte die Augen bald, nachdem ihr herrischer Blick sie traf, und wieder lächelte die Herrscherin unverhohlen hochmütig. Vankoti hielt ihrem Blick stand und zuckte nicht mit der Wimper, aber er wurde merkwürdig blass um den Mund und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Shekowah beschlich die dumpfe und entsetzliche Ahnung, dass die Dunkle Herrin dem Heiler qualvolle Schmerzen zufügte, um sich an ihm für Abionas Schicksal zu rächen. Doch dieser Gedanke stieg sehr träge in ihm auf und hatte nicht die gewünschte Macht, ihn aus seiner stummen Erstarrung zu befreien.
Als Nächstes trat die Dunkle Herrscherin vor die Schamanin, die sie mit ihren schwarzen Adleraugen scharf musterte. Shekowah hatte die blasse Hoffnung, dass Selana der Dunklen etwas entgegensetzen konnte. Doch auch sie blieb stumm und schüttelte nur in tiefer Abneigung und Resignation den Kopf.
Falfarev starrte Gea Mortan an, als hätte er noch nie etwas derart Schrecklich-Schönes gesehen und die Dunkle bedachte ihn mit einem herausfordernden Lächeln. Schließlich blieb die Königin der Unterwelt vor Torfun und Korkoran stehen, die beide durch sie hindurch zu blicken schienen und eine unergründliche Miene aufgesetzt hatten.
»So wollt ihr uns also nicht antworten«, sagte die Herrin plötzlich sehr leise und eine Kälte lag in ihrer Stimme, die die milde Nacht mit eisigem Frost durchwirkte. »Seid ihr zu vornehm, um euch mit uns Hinaufgestiegenen zu unterhalten? Oder habt ihr euch mit jenen verbündet, die wir ausgestoßen haben aus unseren Reihen?«
Ihr Blick war
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