About Ruby
gleiten. »Dann wurde Rachel Webster schwanger. Kein Grund zur Freude natürlich, aber zumindest hörten die Leute auf, sich über uns das Maul zu zerreißen. Wenigstens vorübergehend.«
»Perkins Day ist eine kleine Schule«, sagte ich.
»Du sagst es.« Sie richtete sich auf, wischte erneut die Hand an ihrer Jeans ab, warf mir einen Blick zu. »Wie . . . wie geht’s ihm denn so?«
»Nate?«, fragte ich.
Sie nickte.
»Keine Ahnung«, antwortete ich. »Okay, denke ich. Wie schon gesagt, wir sind nicht sonderlich eng befreundet.«
Darüber schien sie einen Moment nachzudenken, während wir Seite an Seite dastanden und den Fischen beim Kreisen zuschauten, erst in die eine, dann in die andere Richtung. »Tja«, erwiderte sie schließlich. »Man kennt ihn, ohne ihn wirklich zu kennen, schätze ich.«
Das hatte ich allerdings gar nicht gemeint. Im Gegenteil, ich hielt Nate eher für viel zu leicht durchschaubar, alles Teil seines Netter-Junge-von-nebenan-Verhaltens. Doch ich sprach es nicht aus. Das wäre mir in dem Moment komisch vorgekommen. Deshalb schwieg ich.
Und eine Sekunde später redete Heather auch schon weiter: »Jedenfalls finde ich . . . also, ich freue mich, dass ihr Freunde seid. Er ist ein guter Typ.«
Ich hätte nie und nimmer damit gerechnet, so etwas aus ihrem Mund zu hören, das muss ich fairerweise zugeben. Exfreundinnen verhalten sich in der Regel nicht so. Andererseits war sie schließlich Miss Mitgefühl mit einem ausgeprägten Helfersyndrom – oder wie war es sonst zu deuten, dass sie öfter am WIR-HELFE N-Tisch auftauchte als sonst irgendjemand? Außerdem würde Nate sich sowieso nur in
nette
Mädchen verlieben! Was sonst?
»Nate hat viele Freunde«, sagte ich. »Einer mehr oder weniger – wo ist da der Unterschied?«
Heather betrachtete mich einen Augenblick forschend,als versuchte sie, in meinem Gesicht zu lesen. »Vielleicht gibt es keinen«, meinte sie schließlich. »Aber man kann trotzdem nie wissen, oder?«
Wie bitte?
, dachte ich. Spürte im selben Moment jedoch, wie mir jemand die Hand auf die Schulter legte: Jamie stand hinter mir. »Das Wasser hier scheint also in Ordnung zu sein«, sagte er. »Hast du den idealen Fisch schon gefunden?«
»Wenn man einen aussuchen muss – wo und wie fängt man überhaupt an?«, erkundigte ich mich bei Heather.
»Mach’s einfach aus dem Bauch raus«, antwortete sie. »Nimm einen, der dich irgendwie anspricht.«
Jamie nickte weise. »Da hörst du’s«, meinte er. »Lass die Fische zu dir sprechen.«
»Außerdem hängt es immer davon ab, wer vor dem Kescher ausbüchst«, fügte Heather hinzu. »Dadurch wird einem die Entscheidung oft von selbst abgenommen.«
Schlussendlich bestimmten zwei Faktoren, welcher Fisch meiner wurde: Ich zeigte, Heather ließ zielsicher den Kescher durchs Wasser gleiten. Ich hatte mich für einen kleinen weißen Koi entschieden und hielt das arme Ding nun in einer Plastiktüte in der Hand, während Jamie insgesamt ungefähr zwanzig Shubunkins und Kometfische aussuchte. Der kleine weiße Koi wirkte ziemlich panisch, wie er da in der Plastiktüte durchs Wasser kreiselte. Jamie kaufte noch ein paar Kois, allerdings keinen weißen mehr, damit ich »meinen persönlichen« unter all den Fischen immer erkennen konnte.
»Wie wirst du ihn nennen?«, fragte er mich. Heather befüllte derweil die Tüten mit Sauerstoff, damit die Fische die Heimfahrt überstanden.
»Lass uns erst einmal abwarten, ob er überlebt«, erwiderte ich.
»Natürlich überlebt er«, lautete seine Antwort. Als bestünde daran überhaupt kein Zweifel.
Nachdem Heather kassiert hatte, trug sie die Plastiktüten mit den Fischen zu unserem Auto. Sie verstaute sie sorgfältig in Pappkartons, die sie auf die Rückbank stellte.
»Ihr müsst die Fische langsam an ihre neue Umgebung gewöhnen«, erklärte sie. Die Fische zogen in den durchsichtigen Plastikbeuteln nun ruhig ihre Kreise; immer mal wieder erschien ein Maul an der Oberfläche. Und verschwand. »Legt sie mitsamt den Tüten ins Wasser, wartet ungefähr eine Viertelstunde, damit sie sich an die Temperatur gewöhnen können. Dann öffnet ihr die Tüten und lasst etwas von dem Teichwasser hineinlaufen, damit beide Wassersorten sich mischen. Dann wartet noch ein Viertelstunde, bevor ihr sie schwimmen lasst.«
»Der Trick besteht also darin, dass sie sich ganz langsam akklimatisieren können?«, fragte Jamie.
»Das geschlossene Wasserbecken zu verlassen, ist ein Schock für sie.«
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