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Abraham Lincoln - Vampirjäger

Abraham Lincoln - Vampirjäger

Titel: Abraham Lincoln - Vampirjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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der sich danach sehnte, ewig zu leben. Schon in seiner Jugend betete er zu Gott und bat ihn um Unsterblichkeit. Er war stets gütig, ernsthaft, aufrichtig, wenn er Geschäfte machte, seiner Gemahlin treu, und er kümmerte sich liebevoll um seine Kinder. Er wandte sich voll Demut an Gott und predigte jedem, der es hören wollte, sein Wort. Und dennoch hörte er nicht auf, mit jedem Jahr zu altern, bis er schließlich als gebrechlicher alter Mann starb. Als er in den Himmel kam, fragte er: »Herr, warum hast du mein Gebet nicht erhört? Habe ich mein Leben nicht deinem Wort entsprechend geführt? Habe ich deinen Namen nicht vor allen gepriesen?« Daraufhin antwortete Gott: »All das hast du getan. Und das ist der Grund, warum ich dich nicht strafe, indem ich dein Gebet erhöre.«
    »Sie reden von ewigem Leben. Sie reden von Annehmlichkeiten für Geist und Körper«, sagte Abe. »Aber was ist mit der Seele?«
    »Wer braucht schon eine Seele, wenn er niemals stirbt?«
    Abe konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Ihm gegenüber saß ein merkwürdiger kleiner Mann mit einer seltsamen Art, die Dinge zu sehen. Er war erst der zweite Mensch, den er je getroffen hatte, der die Wahrheit über die Vampire kannte. Er soff wie ein Loch und sprach mit einer lästig schrillen Stimme. Es fiel schwer, ihn nicht zu mögen.
    »Langsam glaube ich«, sagte Abe, »Sie wären selbst gern einer von ihnen.«
    Poe lachte über diese Vermutung. »Ist unser Leben nicht schon lang und elend genug?«, fragte er grinsend. »Wer in Gottes Namen würde danach streben, es noch verlängern zu wollen?«
    IV
    Am Nachmittag darauf, dem 22. Juni, ging Abe allein die St. Philip Street entlang. Allen Gentry war noch nicht wieder aufgetaucht – von den Verderbnissen, denen er letzte Nacht gefrönt hatte – , und Poe war erst im Morgengrauen zu seiner eigenen Pension zurückgetorkelt. Nachdem Abe den halben Tag verschlafen hatte, beschloss er, dass etwas frische Luft und ein kleiner Spaziergang nötig waren, um seinen vernebelten Kopf klar und den bitteren Geschmack aus seinem Mund zu bekommen.
    Ich stieß zufällig auf ein riesiges Spektakel, als ich mich dem Fluss näherte. Eine große Menschenmenge hatte sich rund um eine Tribüne versammelt, die über und über in den Farben Rot und Weiß und Blau geschmückt war. Über der behelfsmäßigen Bühne flatterte ein leuchtend gelbes Banner, auf dem stand: » Heute Sklavenauktion! Beginn Ein Uhr Mittags !« Bestimmt hundert Männer drängten sich vor der Tribüne, und mehr als doppelt so viele Neger standen in der Nähe bereit. Die Luft füllte sich mit Pfeifenrauch, als sich immer mehr potenzielle Käufer versammelten. Hin und wieder ertönte ihr Lachen, und als die Stunde der Auktion näher rückte, zückten sie ihre Stifte und Notizblöcke. Dann trat der Auktionator, ein Mann, so fett und rosig wie ein Mastschwein, vor die Menge und begann: »Wehrte Herren, es ist mir eine Ehre, Ihnen den ersten Schwung des Tages präsentieren zu dürfen.« Daraufhin betrat ein Neger, ein Mann von vielleicht fünfunddreißig Jahren, die Bühne und verbeugte sich höflich. Dann lächelte er und stand ganz aufrecht in seinem schlecht sitzenden Anzug (der so aussah, als sei er extra für diesen Anlass gekauft worden). »Ein Stier von einem Mann namens Cuff! Noch immer in der Blüte seiner Kraft! Der beste Feldarbeiter, den Sie sich vorstellen können, und der mit Sicherheit noch eine ganze Herde von Söhnen in die Welt setzen wird, die genauso gesund und kräftig sind wie ihr Vater!« Dass es dieser »Stier« offenbar kaum erwarten konnte, ersteigert zu werden, wie er lächelnd dort oben stand und sich wiederholt verbeugte, während der Auktionator seine vielen Vorzüge aufzählte, weckte in mir Mitleid und Abscheu zugleich. Das weitere Leben dieses Mannes und das all seiner Nachfahren hing von diesem Moment ab. Alles lag in den Händen eines Mannes, den er noch nicht kannte. Des Mannes, der bereit war, den höchsten Preis für ihn zu bezahlen.
    Alles in allem standen über einen Zeitraum von zwei Tagen mehr als zweihundert Sklaven zur Auktion. In der Woche zuvor waren sie in zwei Scheunen eingesperrt worden, wo potenzielle Kunden sie unter die Lupe nehmen konnten.
    Die Begutachtung schloss alle möglichen Eingriffe und Demütigungen ein. Männer, Frauen und Kinder im Alter zwischen drei und fünfundsiebzig mussten sich nackt vor Fremden aufstellen. Man befühlte ihre Muskeln und ließ sie ihre Münder aufreißen, damit ihre

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