Abraham Lincoln - Vampirjäger
eigene Kosten ausstatten. Und die Tage und Wochen, die ich mit dem Jagen verbringe, sind Tage und Wochen ohne Lohn. Wenn das, was Henry sagt, wahr ist – wenn ich wirklich dazu berufen bin, die Menschheit von der Tyrannei zu befreien – , dann muss ich erst einmal mich selbst befreien. Hier in [New Salem] hält mich nichts mehr. Der Laden ist am Ende, und ich fürchte, das Dorf wird bald dasselbe Schicksal ereilen. Von nun an werde ich mein eigenes Leben führen.
Abe war von seinem alten Kriegsgenossen, John T. Stuart, der eine kleine Kanzlei in Springfield führte, dazu ermutigt worden, Anwalt zu werden. Nachdem er völlig auf sich selbst gestellt (und ausschließlich in seiner Freizeit) studiert hatte, erhielt er im Herbst 1836 seine Konzession als Anwalt. Kurze Zeit später bat ihn Stuart, sein Partner zu werden. Am 12. April 1837 schalteten die beiden Männer eine Anzeige im Sangamon Journal, mit der sie ihre neue Kanzlei bewarben, die sich in Springfield »Nummer vier Hoffman’s Row, Obergeschoss« befand. Drei Tage später ritt Abe auf einem geliehenen Pferd feierlich in Springfield ein. Alles, was er besaß, führte er in seinen beiden Satteltaschen mit sich. Er war achtundzwanzig Jahre alt, und er war völlig mittellos. »Mein ganzes Geld fließt in die Rückerstattung meiner Schulden und die Anschaffung der Bücher, die ich für meinen neuen Beruf benötige«. Er band sein Pferd draußen vor dem A. Y. Ellis & Co an, einem Gemischtwarenladen auf der Westseite des Platzes, und schlenderte »mit nicht einmal einem Penny in der Tasche« hinein. Der Verkäufer war ein schmächtiger vierundzwanzigjähriger Mann namens Joshua Fry Speed mit pechschwarzen Haaren und einem »anmutigen« Gesicht, das den Rahmen für zwei »enervierend« blaue Augen bildete.
Auf den ersten Blick wirkte er seltsam und aufdringlich auf mich. »Sind Sie neu in Springfield, Sir? Darf ich Sie auf diesen Hut aufmerksam machen, Sir? Haben Sie Neuigkeiten aus der Gegend, Sir? Müssen Sie sich üblicherweise bücken, wenn Sie durch eine Tür gehen, Sir?«
Noch nie hat man mir so viele Fragen auf einmal gestellt! Noch nie ließ ich mich so widerwillig auf ein Gespräch ein! Nicht im Traum hätte ich während meiner eigenen Zeit als Verkäufer daran gedacht, meine Kunden so zu behandeln. Ich konnte nicht von einem einzigen Regal zum anderen gehen, ohne dass er um mich herumgesummt wäre wie eine Pferdebremse und mich mit Fragen gelöchert hätte, wo ich doch lediglich meine Einkäufe erledigen und mich so schnell wie möglich wieder auf den Weg machen wollte. Zu diesem Zwecke drückte ich ihm eine Liste von Waren in die Hand, auf der auch die Chemikalien erfasst waren, die ich für meine Jagdzüge benötigte.
»Verzeihen Sie mir, wenn ich dies bemerke«, sagte Speed, »aber das sind in der Tat merkwürdige Wünsche, die Sie da haben.«
»Es ist nun mal das, was ich benötige. Ich nenne Ihnen gern auch die Namen der … «
»Wirklich merkwürdig … sind Sie sicher, dass wir uns nicht schon einmal begegnet sind, Sir?«
»Mein Herr, können Sie die Dinge besorgen oder nicht?«
»Ja, ich bin mir sicher! Ja … ja, ich habe Sie eine Rede halten hören, Juli letzten Jahres in Salisbury! Über die Notwendigkeit, den Sangamon besser befahrbar zu machen. Erinnern Sie sich, mein Herr? Joshua Speed? Ein Mitbürger aus Kentucky?«
»Ich muss jetzt wirklich … «
»Eine glänzende Rede, wirklich! Natürlich finde ich persönlich, dass Sie bei diesem Thema völlig falsch liegen – jeder Dollar, der auf dieses elende Rinnsal verwendet wird, ist vergeudet. Aber was für eine Rede!«
Er versprach mir, die Waren auf meiner Liste umgehend zu ordern, und machte sich (zur Erleichterung meiner müden Ohren) emsig daran, die einzelnen Posten abzuschreiben. Bevor ich mich verabschiedete, erkundigte ich mich allerdings noch, ob er von einem Zimmer wisse, das zu vermieten sei – bevorzugterweise ein billiges, da ich momentan kein Geld hätte, es zu bezahlen.
»Nun, mein Herr … wenn Sie kein Geld haben, darf ich Sie dann so verstehen, dass Sie ›billig‹ oder ›umsonst‹ meinen?«
»Auf Kredit.«
»Ah, Kredit, ja … verzeihen Sie, Sir, aber ich habe gelernt, dass ›Kredit‹ ein französisches Wort ist und dass es so viel bedeutet wie: ›Ich werde Ihnen das Geld nie zurückzahlen.‹«
»Ich geruhe meine Schulden zu begleichen.«
»Oh, das bezweifle ich nicht, das bezweifle ich keineswegs. Dennoch werden Sie ein solches Zimmer in Springfield
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