Abraxmata
sonst wäre er längst hier aufgetaucht. Vielleicht erwartet er auch von mir, dass ich ihn aufsuche. Verstehst du, ich kann hier nicht weg. Ich muss auf ihn warten«, versuchte Abraxmata seine Beweggründe zu erläutern.
»Du meinst Askan, ich verstehe«, entgegnete Murus. »Dann suche ihn und zwar sofort.«
Abraxmata hatte diesen seltsamen, gequälten Blick in seinen Augen, den Murus von ihm kannte, wenn er eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen hatte. Wenige Sekunden später war Abraxmata verschwunden.
»Also, langsam wird er mir auch unheimlich«, säuselte Murus und stieg den Geheimgang hinunter aus Abraxmatas Höhle.
Scheherazadon
Murus war zwar etwas verwundert, aber er machte sich keine sonderlich großen Sorgen, als er Abraxmata am nächsten Tag nicht in seiner Höhle vorfand. Abraxmata hatte wohl erreicht, was er wollte und was mit Sicherheit auch das Richtige war: seine Ausbildung ging weiter. Murus war auch etwas beunruhigt gewesen, dass Askan so lange nichts von sich hören ließ, aber es war ja auch nicht das erste Mal. Ein Azillo musste eben den größten Teil seiner Fähigkeiten selbst entdecken. Aber irgendwann war es so weit, wie Murus aus Abraxmatas Erzählungen von Askan wusste, dass er gezielt üben musste, sie einzusetzen. Vielleicht war dieser Zeitpunkt nun gekommen. Zeit wurde es ja langsam, obwohl wahrscheinlich niemand so genau wusste, wie viel Zeit ihnen noch blieb, außer vielleicht der Rat der Zwölf. Murus stapfte durch den gefrorenen Schnee zurück in Richtung seines Nestes, als er durch laute Stimmen aufmerksam gemacht wurde.
Es war für Murus ein völlig ungewohnter Anblick, als er auf einer kleinen Lichtung beobachtete, wie sich zwei Wesen gegenseitig anbrüllten. Die feine Stimme von Atma klang völlig absurd in diesem Ton, von dem Murus so abgelenkt war, dass er überhaupt nicht wahrnahm, worüber sich die beiden eigentlich stritten. Als Chamor auch noch anfing mit drohenden Gesten wild in der Luft herumzuwirbeln, wurde es Murus zu blöd.
»Kann mir einer erklären, was hier eigentlich los ist?«, fragte er. Doch keiner der beiden Streitenden schien ihn zu hören. Erst als er sich zwischen das hübsche Azillomädchen und seinen Freund stellte, wurde der Worthagel eingestellt. Chamor sah entsetzt an sich herunter. Er betrachtete seine Hand, die noch immer zu einer Faust geballt war und öffnete sie langsam. Als er wieder aufblickte, konnte er gerade noch Atma weinend im Wald verschwinden sehen.
»Worüber habt ihr eigentlich gestritten?«, fragte Murus, als die beiden schon eine ganze Weile schweigend nebeneinanderher gelaufen waren.
Der Monolito dachte nach und musste dann erstaunt zugeben: »Ich … ich kann es nicht mehr sagen.«
Murus war sehr nachdenklich geworden. Und so gingen sie den Rest des Weges wieder schweigend bis zum Mondschattenbach.
»Hast du Lust noch mitzukommen, um Hevea zu besuchen?«, fragte Murus.
Chamor warf einen kurzen Blick auf die Stelle, unter der seine Höhle eingeschneit war. »Nein, ich möchte lieber ein bisschen alleine sein. Ich muss nachdenken.«
Murus konnte Chamor sehr gut verstehen. Er schämte sich für etwas, an dem er unter Umständen gar nicht mal alleine schuld war. Murus flog zu Abraxmatas Höhle zurück, nicht zu Hevea, was er ursprünglich vorgehabt hatte. Er hechtete den Gang hinauf und stürzte bis zu der Säule vor, auf der der Schatz auf einem Mooskissen gebettet lag. Außer Atem stützte sich Murus an der Säule ab. Als er mit dem Kopf ein Stück näher darüber ging, prallte er gegen eine unsichtbare Wand. »Die Feen«, murmelte er. Er musste einen Augenblick warten, bis wieder einige der lila Funken aus dem dunkel gewordenen Stein spritzten. Dann hörte der Funkenregen wieder für eine Weile auf. Erst nach einiger Zeit kamen wieder wenige, aber diesmal kontinuierlich, lila Funken zum Vorschein. Erschrocken sah sich Abraxmata um, er fühlte sich verfolgt, konnte aber niemanden erkennen.
Er fand keine Ruhe. Auf dem Weg zu Hevea überlegte er es sich doch wieder anders und flog zu Pentons Insel. Nicht gerade zu seiner Überraschung war Penton nicht da. Öfter mal hatte er eine der Feen im Winter draußen gesehen, die sich daraus einen Spaß machte, mit bunten Lichtern unter dem weißen Schnee jemanden auf sich aufmerksam zu machen. Aber schon seit Wochen hatte er keine der Feen mehr zu Gesicht bekommen und schon gar keine der fünf mächtigsten Feen des Mondschattenwaldes, denen er in Zerelinor begegnet war. Dass
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