Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
der Schnellste und Effizienteste.
»Wir haben das Kartenhandy untersucht, aber es ist sauber, Herr Kommissar. Das Motto des Polytechnikums wurde aus einem im Internet frei zugänglichen Archiv kopiert und mit dem Zusatz ›Nur Brot haben wir keins‹ versehen, bevor man es als Klingelton geladen hat. Ansonsten waren weder ein- noch ausgehende Anrufe verzeichnet.«
»Was ist mit Demertsis’ Handy?«
»Da sind wir noch dran. Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald wir so weit sind.«
Das alles überrascht mich wenig. Auch die Erkenntnisse über das Kartenhandy enttäuschen mich nicht, da ich nichts anderes erwartet habe. So rufe ich Gikas zwecks Berichterstattung an, doch von Stella erfahre ich, dass er in einer Besprechung ist. Sie verspricht, mich zu informieren, sobald er fertig ist. In der Zwischenzeit zitiere ich Papadakis zu mir. Anscheinend haben ihn die anderen vorgewarnt, denn er kommt herein wie ein begossener Pudel.
»Bevor du mir zugewiesen wurdest, hat man wohl vergessen, mir zu sagen, dass du Sonderarbeitszeiten hast. Du kommst und gehst offenbar, wann du willst«, sage ich zu ihm.
»Was soll ich denn machen, Herr Kommissar? Der Staat zahlt nicht. Ich muss doch etwas tun, um an Geld zu kommen.« Die Antwort kommt prompt, wahrscheinlich hat er sie schon in seinem Büro geprobt.
»Glaubst du denn, dass alle, die hier pünktlich zur Arbeit erscheinen, anderweitig Einnahmen haben, um ihre Ausgaben zu decken?«
»Das habe ich nicht gesagt. Es ist nur so, dass ich einen Nebenjob gefunden habe.«
»Was für einen Nebenjob?«
»Als Wachmann bei einer Firma. Normalerweise gehe ich nach dem Dienst dorthin, aber ab und zu muss ich ausnahmsweise auch morgens für zwei, drei Stunden hin.« Er lässt einen tiefen Seufzer hören, um sich Luft zu verschaffen, und fährt fort: »Ich muss zwar keine Familie ernähren, Herr Kommissar, aber meine Eltern sind krank. Meine Mutter ist bettlägerig, und die Rente meines Vaters ist brutal zusammengestrichen worden. Bei uns haben sie zuerst die Zulagen gekürzt und dann die Sonderzahlungen abgeschafft. Und jetzt gibt’s gar kein Geld mehr. Meine Eltern brauchen Medikamente. Mal geben die Apotheken sie raus und mal nicht. Je nachdem, ob sie von den Krankenkassen Geld bekommen. Was soll ich tun? Soll ich meine Eltern sterben lassen?«
»Warum hast du mir das alles nicht gesagt, Papadakis? Wir hätten schon eine Lösung gefunden.« Er blickt mich stumm an. »Wieso hast du den Mund nicht aufgemacht?«
Seine Antwort ist nur ein Flüstern. »Ich hab mich geschämt, Herr Kommissar.«
Er weicht meinem Blick aus und heftet die Augen auf seine Fußspitzen.
»Du hast keinen Grund, dich zu schämen. Besser ein Nebenjob, als Schmier- und Schutzgelder abzukassieren. Sag mir nur nächstes Mal Bescheid, damit wir gemeinsam eine Regelung finden.«
»In Ordnung, Herr Kommissar.«
Unser Gespräch wird durch Stellas telefonische Nachricht, dass Gikas jetzt zu sprechen sei, unterbrochen. Ich ersuche um einen fünfminütigen Aufschub und bitte Papadakis, mir Koula rüberzuschicken. Nachdem sie sich das Ergebnis meiner Unterredung mit Papadakis angehört hat, schlägt sie das Kreuzzeichen.
»Menschenskind, warum hat er denn nichts gesagt? Der gibt den ganzen Tag keinen Ton von sich. Wenn man ihm etwas aufträgt, erledigt er es wortlos. Der ist ein ganz Schweigsamer.«
»Vielleicht, weil er sich noch fremd in der Abteilung fühlt. Vielleicht, weil er sich nicht nur vor mir, sondern auch vor euch geschämt hat. Die Seele ist ein weites Land. Da tun sich immer wieder Abgründe auf.«
»Nur in der Seele? In unserem Leben tut sich doch jeden Tag ein neuer Abgrund auf. Lassen Sie mal, ich spreche mit den Jungs. Dann sehen wir zu, wie wir ihm entgegenkommen können.« Als sie aufbricht, bleibt sie an der Tür noch einmal kurz stehen. »Demertsis habe ich jetzt gar nicht erwähnt, weil ich über ihn nichts Großartiges herausgefunden habe. Anscheinend hat er mit Bauaufträgen für die Olympiade das große Geld gemacht. Und die Geschichte von seiner Teilnahme am Studentenaufstand kennen Sie ja schon, wie ich von Vlassopoulos gehört habe.«
Die Tatsache, dass er sein Geld durch Bauaufträge im Vorfeld der Olympiade gemacht hat, erklärt möglicherweise den Tatort, das Olympische Zentrum Faliro.
Gikas empfängt mich im Stehen. »Der Mord an diesem Demertsis hat mächtig für Aufregung gesorgt. Die Angst geht um, dass es sich um einen Terrorakt handelt.«
»Das ist nicht von der Hand zu weisen«,
Weitere Kostenlose Bücher