Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
»Wir haben einen Albaner gefasst, der aus dem Gefängnis ausgebüxt ist. Er ist uns nach einem Bankraub ins Netz gegangen, den er mit drei Mittätern begangen hat, die einer terroristischen Vereinigung angehören. Wir vernehmen ihn gerade, aber bisher streitet er alles ab.«
»Glauben Sie, er könnte der Täter sein?«
»Es gibt zwei Dinge, die ihn verdächtig machen: seine Verbindung zu den Terroristen und die Waffe, die beim Bankraub zum Einsatz kam, eine 9-mm-Pistole.«
»Hat man die Waffe gefunden?«
»Ja. Er hat einen Fluchtversuch unternommen und dabei einen unserer Kollegen mit einer solchen Waffe angeschossen. Aber das will noch nichts heißen. Eventuell hatte er von seinem Waffenlieferanten noch eine weitere Pistole. Räuber und Berufskiller verwenden ja, um sicherzugehen, in der Regel immer denselben Waffentyp.«
»Wurden die anderen drei gefasst?«
»Nein. Sie haben eine Bankangestellte als Geisel genommen und konnten entkommen.«
»Und was sagt der Albaner?«
»Dass er seither nicht mehr mit ihnen in Kontakt war und dass er keine Ahnung hat, wo sie sich verstecken. Aber selbst wenn er es wüsste, würde er nichts anderes sagen, weil er befürchten muss, dass wir sie bereits im Visier haben.«
»Womöglich sagt er die Wahrheit.«
»Kann sein, aber diese Leute haben tausend Möglichkeiten, um miteinander in Kontakt zu treten. Jedenfalls fahren wir mit der Vernehmung fort und halten Sie auf dem Laufenden.«
»Wäre es nicht sinnvoll, wir setzen einen Termin mit Gikas an, damit er auf dem letzten Stand ist? Ich könnte da auch ein paar Informationen beisteuern, und Spyridakis von der Steuerfahndung kommt gleich mit seinen neuesten Ergebnissen rüber.«
»Gut, ich geh gleich zu ihm. Mal sehen, ob er Zeit hat. Ich melde mich bei Ihnen.«
Wer weiß, vielleicht haben wir gleich das Rätsel gelöst, und Gikas kann sich freuen, denke ich mir, als ich in mein Büro zurückkehre.
Spyridakis wartet bereits auf mich. Er hat einen aufgeschlagenen Aktenordner auf den Knien und blättert seine Unterlagen durch. Gleich nach der Begrüßung nimmt er Anlauf und will loslegen.
»Moment«, unterbreche ich ihn. »Gikas sollte besser dabei sein.«
Fünf Minuten später ruft er uns in sein Büro. Gonatas ist schon vor Ort und berichtet als Erster von dem festgenommenen Albaner. Dann bin ich an der Reihe. Ich erzähle von meinen Besuchen bei Theologis’ Witwe und bei der Tochter und auch von der Zusammenkunft mit Kasantsis am Flughafen.
»Na so was, pickt er sich Leute heraus, die sich mit ihren Kindern überworfen haben?«, fragt mich Gikas.
»Das ist nicht auszuschließen, aber es könnte auch Zufall sein«, entgegne ich.
Spyridakis haben wir uns für den Schluss aufgehoben, da seine Informationen für uns alle neu sind. Mit einem Lächeln auf den Lippen öffnet er sein Dossier.
»Jetzt führe ich Ihnen vor, wie eine Firma vollkommen legal Schwarzarbeiter einsetzen kann«, sagt er. Schon die Einleitung klingt vielversprechend. »Beim Bau der olympischen Sportanlagen waren in der Firma Domotechniki nur die Ingenieure, Bauführer und Facharbeiter griechischer Herkunft. Das ganze übrige Personal bestand aus Ausländern. Teils hatten sie eine Aufenthaltserlaubnis, teils waren es Illegale. Keiner der ausländischen Arbeiter, egal, ob legal oder illegal im Land, hatte eine Arbeitserlaubnis. Keiner war bei der Sozialversicherungsanstalt IKA angemeldet. Und all das war absolut zulässig. «
»Wie ist das möglich?«, fragt ihn Gonatas.
»Weil die Anstellung nicht über die Domotechniki lief. Demertsis hat die Leute von Petrakos’ Unternehmen als Leiharbeiter gestellt bekommen. Darüber gab es Verträge, das lief absolut korrekt. Die Domotechniki hat Petrakos regelmäßig die vertraglich vereinbarte Gebühr für das Personalleasing überwiesen. Ob die Leute bei ihrem Arbeitgeber Petrakos angemeldet waren, interessierte die Domotechniki nicht. Doch Petrakos’ Transportunternehmen hatte nur die Fahrer und das eigene Firmenpersonal angemeldet. Keiner hat je hinterfragt, ob die Leute, die er Demertsis beschaffte, Papiere hatten oder nicht.«
»Und Lakodimos’ Ehefrau war an Petrakos’ Unternehmen beteiligt«, füge ich hinzu.
»Genau. Daraus erklärt sich, warum das nie geprüft wurde«, bekräftigt Spyridakis.
»Nicht genug damit, dass diese Leute mich und meine Truppen jedes Jahr am Polytechnikum-Gedenktag bei ihren Demonstrationen vor der amerikanischen Botschaft auf Trab gehalten haben. Jetzt muss ich auch
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