Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
zwiespältige Reaktion hervor. Einerseits könnte ich mich ohrfeigen, weil ich darauf nicht selbst gekommen bin. Andererseits bin ich froh, dass meine ursprüngliche Theorie immer noch gültig bleibt.
»Wir haben übrigens herausgefunden, was Lepeniotis in seinem Leben machte«, ergänzt Gonatas.
»Was denn?«
»Er war beim Amt für Schulbauplanung angestellt, aber das war nur sein Broterwerb. Seine Hauptbeschäftigung war etwas anderes.«
»Und was?«
»Er war Vorstandsmitglied im Dachverband der Gewerkschaften im öffentlichen Dienst.«
Ach so, denke ich. Ein erfolgreicher Geschäftsmann, ein erfolgreicher Universitätsdozent und ein erfolgreicher Gewerkschaftsfunktionär. Und bei allen Mordopfern dringt die Studentenparole von damals aus dem Handy.
Ich ersuche Papadakis, beim gewerkschaftlichen Dachverband einen Termin zu vereinbaren. In der Zwischenzeit sind Koula und Dermitsakis eingetroffen und haben die Ochsentour von Tür zu Tür begonnen.
Mich interessiert Manias Einschätzung des Ganzen, deshalb rufe ich sie an und gebe ihr eine Zusammenfassung unserer Ermittlungen zu den Morden und dem mutmaßlichen Täter durch.
»Und was wollen Sie genau von mir wissen, Herr Charitos?«, fragt sie.
»Erstens, ob diese Vorgangsweise zur rechtsextremen Szene passt. Und zweitens, ob es in ideologischer und taktischer Hinsicht glaubhaft ist, dass Rechtsextreme einen Killer einsetzen, der wie der Prototyp der Generation Polytechnikum aussieht.«
Sie verspricht mir, darüber nachzudenken und mir Bescheid zu geben. Dann beschließe ich, mir zuerst den gewerkschaftlichen Dachverband und danach das Amt für Schulbauplanung vorzuknöpfen.
29
Jetzt, da ich den Seat in der Garage des Präsidiums untergebracht habe und mich wie einer jener mittellosen Väter fühle, die ihre Kinder beim griechischen Wohlfahrtsverband abgeben müssen, lerne ich die Vorteile des Streifenwagens schätzen. Mit eingeschalteter Sirene ist Papadakis in zehn Minuten bei der Zentrale des gewerkschaftlichen Dachverbandes angelangt.
Vor dem Verlassen des Tatorts habe ich noch kurz Gikas Bericht erstattet. Dass die Opfer alle oben auf der Karriereleiter standen, verursachte ihm gewaltige Bauchschmerzen. Und das Ende seiner Leiden ist noch gar nicht abzusehen. Er hat es höchstpersönlich übernommen, den Gewerkschaftsvorstand zu verständigen, der nun Gewehr bei Fuß auf unser Eintreffen wartet.
Die Anspannung wird spürbar, als wir das Gebäude betreten. Ein Mann in den Vierzigern unterbricht sein unruhiges Hin- und Hertigern und eilt auf uns zu.
»Guten Tag, Herr Kommissar. Kommen Sie mit, Sie werden schon erwartet.« Auf dem ganzen Weg murmelt er vor sich hin:
»Was für ein Schlag… Was für ein schlimmer Schlag…«
Der Typ führt uns in einen großen Raum, offenbar das Besprechungszimmer des Vorstands. Um den Sitzungstisch stehen vier Männer, abgesehen von einem sind alle ungefähr im selben Alter. Auch der Gesichtsausdruck ist ähnlich, denn alle zeigen sich gleichermaßen betroffen.
»Setzen Sie sich, Herr Kommissar«, sagt einer der Anwesenden zu mir, der sich mit dem Namen Velissaridis vorgestellt hat. »Können Sie uns sagen, was passiert ist?«
Ich gebe einen kurzen Überblick über die bislang bekannten Fakten. Es liegt ja nichts vor, was ich ihnen verschweigen müsste.
»Haben Sie einen Hinweis darauf, wer der Mörder sein könnte?«, fragt mich Velissaridis.
»So weit sind wir noch nicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach steht der Mord an Lepeniotis mit zwei anderen Fällen in Verbindung. Kürzlich sind ein Bauunternehmer und ein Universitätsprofessor getötet worden. Aber die Beweise reichen noch nicht aus, um einen eindeutigen Zusammenhang herzustellen.«
»Ihr Polizisten könnt nur eins gut: bei Demos die Chemiekeule schwingen«, meint das jüngste Vorstandsmitglied feindselig. »Und Schattenboxen.«
Papadakis späht zu mir herüber und wartet ab, wie ich darauf reagiere.
»Ich bin Chef der Mordkommission«, entgegne ich dem Typen ruhig, »und nicht Einsatzleiter der MAT -Sondereinheit. Wenn Sie der Einsatz chemischer Mittel mehr interessiert als die Ermordung Ihres Kollegen, ziehe ich gerne Herrn Esperoglou hinzu, der dafür zuständig ist. Dann können Sie das mit ihm besprechen, und ich kann ungestört weiterarbeiten.«
»Komm schon, Jorgos, nicht schon wieder diese Diskussion! Wenn sich deine Partei so brennend für die MAT -Einsätze interessiert, dann soll sie direkt bei der Leitung der Sondereinheit
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