Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
kommen. Alles andere lässt mich kalt.«
»Wir hätten gern ein paar Auskünfte über Lepeniotis«, schalte ich mich in das Gespräch ein.
Die Frau steht auf und schließt die Tür.
»Wollen Sie die Wahrheit hören, oder soll ich Ihnen erzählen, was für ein toller Kollege Dimos war?«, fragt sie uns.
»Die Wahrheit«, antwortet Papadakis.
»Dann müssen Sie einen anderen Ort für unser Gespräch vorschlagen. Hier drin, wo die Wände Ohren haben, mache ich den Mund nicht auf.«
»Dann laden wir Sie offiziell zur Vernehmung vor«, sage ich zu ihr. »Wie lautet Ihr Name?«
»Vassiliki Petrojanni.«
»Frau Petrojanni, noch im Verlauf des heutigen Tages erhalten Sie die Vorladung ins Präsidium für morgen früh.«
»Gut«, antwortet sie mit einem Lächeln.
Ihre Andeutungen klingen vielversprechend, und ich hoffe sehr, dass sie mir auch wirklich weiterhelfen.
30
Koula warnt mich per Handy, dass mir die Journalistenmeute bereits auflauert. »Wenn Sie ihnen ausweichen wollen, machen Sie besser einen Bogen um Ihr Büro«, sagt sie.
Meine erste Reaktion ist, ihrem Rat zu folgen und unterzutauchen. Andererseits kann man seinem Schicksal ohnehin nicht entrinnen. Morgen früh, wenn die Befragung von Vassiliki Petrojanni ansteht, werden sie bestimmt wieder vor meiner Bürotür stehen. Dann ist alles noch schlimmer. Außerdem muss ich morgen auch noch Gikas Bericht erstatten.
»Sagen Sie ihnen, dass ich gleich da bin«, weise ich Koula an.
Sie haben ihren gewohnten Posten auf dem Korridor bezogen. Sobald ich die Tür öffne, stürmen sie das Büro und gehen zum Angriff über.
»Zuerst ein Unternehmer, dann ein Universitätsprofessor und jetzt ein führender Gewerkschafter. Ich glaube, die Sache ist eine Nummer zu groß für Sie, Herr Kommissar«, meint die lange Dürre.
Ich unterdrücke den Impuls, sie entnervt zum Teufel zu jagen, und entgegne gelassen: »Es ist wie immer, wenn es sich um einen Einzeltäter handelt, eine komplexe Angelegenheit. Wir sind einer Reihe von Hinweisen nachgegangen, konnten den Täter jedoch noch nicht aufspüren. Die Nachforschungen gehen weiter.«
»Bis das nächste Opfer zu beklagen ist«, bemerkt Merikas, Sotiropoulos’ Nachfolger, mit einer Miene, die alles andere als betroffen wirkt. Dabei könnte er durchaus geknickt sein, da ihm die lange Dürre ständig eine Nasenlänge voraus ist.
»Halten Sie es für möglich, dass die Morde das Werk einer rechtsextremen Organisation sind?«, fragt mich der junge Mann, der jahrein, jahraus T-Shirts trägt.
»Momentan sind alle Möglichkeiten offen. Wir können nichts ausschließen.«
Ich versuche, keine konkreten Erkenntnisse preiszugeben, da ich dem Mörder sonst ungewollt Informationen zuspiele.
»Ist damit zu rechnen, dass es noch weitere Opfer geben wird?«, beharrt Merikas.
»Auf so eine Frage hätte Ihnen Ihr Vorgänger, Herr Sotiropoulos, erklärt, dass sich bei laufenden Ermittlungen immer und jederzeit neue und auch unerfreuliche Wendungen ergeben können. Deshalb tun wir alles Menschenmögliche, um sie rasch abzuschließen.«
Ich merke, wie Merikas das Gesicht verzieht, weil ich ihn auf Sotiropoulos angesprochen habe, der bis vor kurzem als der Papst der Polizeireportage galt. Auch das spöttische Lächeln, das ihm daraufhin die lange Dürre schenkt, entgeht mir nicht.
Da ich keine Lust habe, mir die Konkurrenzkämpfe unter Journalisten weiter mit anzusehen, versuche ich, die Diskussion zu beenden. »Mehr kann ich Ihnen vorläufig nicht sagen. Wenn sich etwas Neues ergibt, hören Sie von mir.«
»Können Sie oder wollen Sie uns nichts sagen?«, fragt mich die Kurze mit den rosa Strümpfen.
»Ich kann Ihnen wirklich nichts sagen. Die Nachforschungen sind genau auf dem Stand, den ich Ihnen referiert habe.«
Sie räumen das Feld, und ich schaue ihnen erleichtert nach. Es war richtig, sie schon heute abzufertigen. Als endlich wieder Ruhe eingekehrt ist, rufe ich Koula und Dermitsakis herein.
»Habt ihr was rausgefunden?«, frage ich sie.
»Nein, nichts, Herr Kommissar«, antwortet Dermitsakis. »Die meisten Nachbarn kannten Dimos Lepeniotis, haben ihn heute Morgen aber nicht gesehen. Die Zuwanderer wollen nichts gehört und nichts gesehen haben. Nur einer erzählte, dass er den Laden für einen Orientshop anmieten wollte. Aber Lepeniotis hätte ihm eine Abfuhr erteilt, und damit war die Sache erledigt.«
»Allerdings ist gerade eine Eilmeldung hereingekommen, wie die Nachrichtenagenturen immer sagen«, informiert mich
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