Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
Koula.
»Was denn?«
»Man hat aus dem Yjia-Krankenhaus angerufen und Bescheid gegeben, dass wir Frau Demertsi vernehmen können. Aber wir sollen uns vorher mit der behandelnden Ärztin, einer gewissen Dr. Fokidou, in Verbindung setzen.«
Gleich darauf rufe ich im Krankenhaus an, und zu meinem Glück ist Dr. Fokidou gerade im Dienst.
»Wir wurden benachrichtigt, dass Frau Demertsi vernehmungsfähig ist.«
»Ja, aber es darf nicht mehr als ein Beamter zu ihr, und nicht länger als eine halbe Stunde. Am besten nach elf, wenn die Arztvisite vorbei ist. Und ich möchte Sie ersuchen, vorher bei mir im Ärztezimmer vorbeizukommen, damit ich Ihnen erklären kann, worauf Sie achten müssen.«
Beschwingt und glücklich, als hätte ich im Lotto gewonnen, lege ich auf und blicke Koula an. »Besorgen Sie mir die Adresse von Lepeniotis’ Frau und Sohn.«
Koula lacht. »Immer kriege ich die harten Nüsse.«
Jetzt steht mir noch die Berichterstattung bei Gikas bevor. Bei seiner Sekretärin kündige ich an, dass Gonatas und ich den Kriminalrat dringend sprechen müssen.
Gikas macht, als wir bei ihm eintreffen, einen fahrigen und verkniffenen Eindruck.
»Diese Geschichte hat sich zu einem Alptraum ausgeweitet, und wir kommen einfach nicht voran«, sagt er zu uns, sobald wir Platz genommen haben. »Das ist ein gefundenes Fressen fürs Fernsehen. Es ist nur noch davon die Rede. Sogar unser Herr Übergangsminister hat Interesse gezeigt und bei mir nachgefragt, wie es mit der Sache steht.«
Ich bin Adriani ja so dankbar, dass sie uns eine TV -Diät verordnet hat und ich so nicht mehr jeden Abend vor der Glotze sitzen und mich über die Berichterstattung ärgern muss.
»Kommen die Ermittlungen denn gar nicht vom Fleck?«, fragt uns Gikas mit der Miene eines Schiffbrüchigen, der sich an die letzte Planke klammert.
»Doch«, entgegnet ihm Gonatas. »Mittlerweile gehen wir mehr oder weniger davon aus, dass wir die Morde der rechtsextremen Szene zuordnen können. Ich habe bereits mit Vernehmungen begonnen, aber auf einen Tatverdächtigen sind wir noch nicht gestoßen.«
»Und bis wir ihn finden, müssen wir eventuell noch ein paar Morde in Kauf nehmen«, hält ihm Gikas verbittert entgegen.
»Es wird keine weiteren Opfer geben«, sage ich zu ihm.
»Wie können Sie da so sicher sein?«
»Ich weiß, was Sie meinen«, sagt Gonatas. »Die Parole.«
»Welche Parole?«, wundert sich Gikas.
»›Brot, Bildung, Freiheit‹«, erwidere ich. »Der Mord an Demertsis bezog sich auf ›Brot‹, der an Theologis auf ›Bildung‹ und der an Lepeniotis auf ›Freiheit‹. Da alle Elemente des Spruchs abgehakt sind, sollte es keine weiteren Opfer geben.«
Gikas seufzt halb genervt, halb erleichtert. »Ihr Wort in Gottes Ohr.«
»Es gibt noch eine gute Nachricht. Das Yjia-Krankenhaus hat uns mitgeteilt, dass Demertsis’ Witwe befragt werden kann. Das tue ich morgen.«
»Dann gibt es ja Grund zur Hoffnung«, bemerkt Gikas versöhnlich.
Ich verabschiede mich und beschließe, noch in Katerinas Büro vorbeizuschauen. Wenn alles weiter so gut läuft, dann hat vielleicht auch Mania interessante Neuigkeiten für mich.
Es juckt mich in den Fingern, den Seat aus der Garage zu holen, aber ich widerstehe der Versuchung mit dem Spruch »Weiche, Satan« und nehme den Bus. Um zu Katerinas Büro oder auch zu uns nach Hause zu gelangen, muss ich zweimal umsteigen. Doch ich bin fest entschlossen, mich davon nicht unterkriegen zu lassen.
Katerina sitzt in ihrem Arbeitszimmer über einer Akte.
»Ich wollte Mania sprechen«, sage ich zu ihr. »Ich hatte sie um einen Gefallen gebeten.«
»Sie erwartet dich in ihrem Büro.«
»Ist sie heute nicht auf Sendung? Habt ihr euren Radiosender wieder eingestellt? Wie willst du das deiner Mutter erklären?«
Sie lacht auf. »Die heutige Sendung macht Uli.«
Mir bleibt die Spucke weg. »Hat Uli so schnell Griechisch gelernt, dass er eine Radiosendung moderieren kann?«
»Nein, er macht sie auf Deutsch. Wir haben uns gedacht, dass es gut wäre, wenn seine Landsleute von einem ganz normalen Bürger hören, was in Griechenland los ist, und nicht nur von Auslandskorrespondenten, Diplomaten und den deutschen Mitgliedern der Troika.«
»Gute Idee!«, sage ich beeindruckt.
»Uli ist darauf gekommen. Und hat gleich alle seine Freunde angeschrieben, dass sie die Sendung hören sollen. Das nennt man Verbesserung der deutsch-griechischen Beziehungen«, sagt sie und fügt hinzu: »Was Liebe nicht alles
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