Abrechnung: Ein Fall für Kostas Charitos (German Edition)
Ihre Büros zurück«, sagt Gikas zu uns beiden. Dabei macht er einen ziemlich überforderten Eindruck.
»Diesmal ist es etwas Erfreuliches«, beruhige ich ihn.
»Ja, dann dürfen Sie reinkommen.«
Ausführlich erläutere ich den beiden, wie wir auf Jannis Chalatsis gestoßen sind.
»Es war wie so oft. Ein Name ist gefallen, und plötzlich begannen die Fäden, sich zu entwirren.«
»Wie hoch ist Ihrer Meinung nach die Wahrscheinlichkeit, dass er der Täter ist?«, fragt mich Gikas.
»Sehr hoch. Alles deutet darauf hin, dass es Chalatsis sein muss.« Ich ergänze den Bericht mit den von Kasantsis beigesteuerten Details. »Ich brauche einen Durchsuchungsbeschluss mit sofortiger Wirkung. Inzwischen halte ich Kasantsis fest, damit er Chalatsis nicht warnen kann, aber ich kann ihn nicht tagelang hierbehalten. Sonst müsste ich ihn festnehmen, und das möchte ich vermeiden.«
Ich gebe Gikas Chalatsis’ Personaldaten und Adresse. Der stürzt damit zum Telefon und lässt sich mit dem diensthabenden Staatsanwalt verbinden.
»Also waren es doch nicht die Rechtsextremen«, meint Gonatas zu mir.
»Nein.«
Mania hat auch diesmal ins Schwarze getroffen.
Gikas kommt mit einem Zahnpastalächeln auf uns zu.
»Ich habe die mündliche Zusage. Der Staatsanwalt hat mir versprochen, den Durchsuchungsbeschluss innerhalb der kommenden Stunde auszustellen. Viel Erfolg!«, ruft er hinter mir her, als ich sein Büro verlasse.
Diesen frommen Wunsch höre ich von ihm nur alle Schaltjahre. In seiner jetzigen Verzweiflung würde er sogar der Muttergottes eine Kerze stiften.
Ich bitte Papadakis, zwei Streifenwagen zu bestellen, den einen für uns und den zweiten mit kompletter Besatzung. Dermitsakis übernimmt die Benachrichtigung der Spurensicherung, und auch der Durchsuchungsbeschluss trifft nach einer knappen halben Stunde ein.
Selbst mit heulender Sirene ist die Fahrt nach Petroupoli alles andere als einfach zu bewältigen. Als wir endlich in der Gegend sind, fragen wir an einem Kiosk nach Chalatsis’ Haus, worauf uns der Kioskbesitzer ein einstöckiges Gebäude gleich neben einer Schule zeigt. Die Außenwände sind schmutzig, der Putz bröckelt, und die Hälfte der Fensterläden ist kaputt.
Der Mann, der uns die Tür öffnet, muss im selben Alter wie die Opfer sein, doch er wirkt mindestens zehn Jahre älter. Er trägt einen fleckigen Pullover und eine fadenscheinige Hose. Sein schütteres Haar ist schneeweiß.
»Sind Sie Jannis Chalatsis?«, frage ich ihn.
»Ja, was wollen Sie von mir?«
»Herr Chalatsis, wir nehmen Sie zur Vernehmung mit aufs Präsidium. Doch davor müssen wir Ihr Haus durchsuchen. Dafür haben wir einen richterlichen Beschluss.«
Ich strecke ihm das Papier entgegen, dem er keinerlei Beachtung schenkt.
»Wenn Sie meinen Kram durchwühlen wollen, viel Vergnügen«, sagt er gelassen.
Der Raum, den wir alle zusammen betreten, ähnelt eher einer Abstellkammer als einer Wohnung. Überall stapeln sich Kartons und Bücher. Unter Mithilfe von Papadakis und Dermitsakis beginnen die Kriminaltechniker ihre Arbeit. In den Kartons befinden sich handschriftliche und maschinengeschriebene Aufzeichnungen sowie Computerausdrucke.
Chalatsis bleibt ruhig. Er hat im einzig vorhandenen und völlig durchgesessenen Fauteuil Platz genommen und scheint sogar Spaß an der Sache zu finden.
»Das ist ja eine richtige Razzia! Ihr seid ja Bullen wie im Bilderbuch!«, ruft er und bricht in Gelächter aus.
Ich übernehme die Durchsuchung seines Schreibtisches. Erstaunlicherweise sind die Schubladen alle leer. Offenbar war es bequemer für ihn, alles auf den Boden oder auf die Arbeitsplatte zu legen, die mit Papieren übersät ist. Ich schiebe alles am einen Ende zusammen, um es mit den übrigen Kartons ins Labor zu schicken. Übrig bleibt nur noch ein geschnitztes Kästchen, das vor Notizzetteln, Radiergummis und Heftklammern überquillt. Auf seinem Boden liegt ein Schlüsselbund.
»Was sind das für Schlüssel?«, frage ich Chalatsis.
Er zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung. Die liegen seit ewigen Zeiten dort. Kann sein, dass sie meinen Eltern gehört haben«, antwortet er. »Ich weiß nicht, in welches Türschloss sie passen. Meine habe ich in der Hosentasche.«
Er zieht einen weiteren Schüsselbund heraus, überreicht ihn mir, und ich stecke alles zusammen ein. Die restliche Durchsuchung, die eine knappe Stunde dauert, bleibt ergebnislos. Die 9-mm-Pistole, mit der die Morde begangen wurden, ist immer noch nicht
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