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Abschaffel

Titel: Abschaffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Genazino
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Vergnügen hervorzurufen. Der weiß doch gar nicht, wo er zuerst hinsehen soll, sagte er. Frau Schönböck lachte. Vielleicht sitzt er auf einem Karton und wartet auf den nächsten Zug nach Jugoslawien. Frau Schönböck kicherte in ihr Erdbeertellerchen hinein und hörte überhaupt nicht mehr auf. Abschaffel wußte in jedem Augenblick, daß er nicht so war, wie er jetzt redete. Hätte er je eine Unterhaltung gehört wie die, die er nun selber führte, er hätte sich empört abgewendet. Und alle, die an solchen Unterhaltungen teilnehmen, hätte er zu den niederen Menschen gerechnet. Zum Glück konnte er im Augenblick nicht mehr nachdenken. Er wurde nur wütend auf Frau Schönböck. Warum kenne ich eine Frau, mit der zusammen es mir Spaß macht, fing er an zu denken und ließ es sofort wieder, weil er nicht mehr weiterkam. Aus Wut empfand er Lust, Frau Schönböck für alles zu bestrafen, und als Strafe fiel ihm ein, sie in gemeiner Schnelligkeit zu vögeln und dann sofort nach Hause zu gehen. Frau Schönböck warf den Kopf zurück und sagte: Herr Abschaffel, Herr Abschaffel. Er glaubte, daß sie genau wußte, er konnte nun jeden Augenblick aufstehen, sie sofort ausziehen und sich noch am Tisch über sie hermachen. Tatsächlich fiel es ihm schon schwer, sich noch immer zurückzuhalten. Auf keinen Fall wollte er mit ihr ins Bett gehen. Alles, was er tat, sollte beiläufig und nebensächlich aussehen. Am besten wäre, er würde es fertigkriegen, sie im Türrahmen zu fassen. Er wußte nicht, warum er auf all diese Details einen solchen Wert legte. Er wußte noch nicht einmal, warum sie ihm überhaupt in den Kopf kamen. Er fühlte sich wie ein Idiot, der sich soeben selbst in eine Anstalt einliefert und immerzu mit dem ausgestreckten Finger auf sich selbst zeigt und dabei ausruft: So ist es immer mit mir, und dann endlich würden ihn zwei Pfleger an den Armen fassen, und in diesem wunderbaren Augenblick könnte er endlich aufhören, ein Idiot zu sein. Aber er war nicht in einer Anstalt, sondern in der Wohnung einer Kollegin, und er erhob sich, ging um den Tisch herum und mußte ein Idiot sein. Frau Schönböck erhob sich ebenfalls, als sie sah, daß er auf sie zuging. Sie legte ihm die Arme um den Hals, und er faßte sie an den Hüften. Sie küßten sich mit einer rätselhaften Heftigkeit, und er wunderte sich über die Kraft, mit der sie seinen Kopf festhielt. Er streifte ihr das leichte Sommerkleid hoch über die Schultern und den Slip herunter. Und eine entsetzliche Scham kam über ihn, als er seine eigene Hose herunterließ. Frau Schönböck öffnete ihm die Hemdenknöpfe, und er küßte ihr den Hals und die Schultern und drehte sie dabei um, so daß er genau hinter ihr stand. Sie beugte sich herunter und stützte sich mit gestreckten Armen auf einer Kommode ab. Es war für ihn ganz einfach, von hinten in sie einzudringen. Warum kamen denn die Pfleger nicht und rissen ihn zurück? Weit hinten im Mund, wo die Zunge im Körper verschwindet, spürte er einen kehligen Reiz, den er von früher kannte, als er Kind gewesen war und heulen wollte, es aber nicht konnte. Was geschah denn immerzu? Wenigstens schreien konnte er kurz, als es ihm kam, aber er fürchtete, vielleicht doch heulen zu müssen. Ich befinde mich dauernd in Panik, weil ich nicht herausfinden kann, was ich will und was ich nicht will, dachte er hastig. Der Satz beruhigte ihn flüchtig. Rasch zog er sich die Hosen hoch und stürzte in sein Hemd. Frau Schönböck hatte sich quer über die Lehnen eines Sessels gelegt und schlief. Er zog sich die Jacke an und prüfte, ob seine Brieftasche noch darin war. Wie erbärmlich und blöde war sein Mißtrauen, ausgerechnet hier nach seiner Brieftasche zu sehen. Verwechselte er neuerdings den Hauptbahnhof mit dem kleinen ehrlichen Wohnzimmer einer Kollegin? Er spürte, daß ihm alles durcheinandergeriet. Er mußte so rasch wie möglich diese Wohnung verlassen. Mit zusammengepreßten Lippen verhinderte er, daß er zu heulen anfing. Frau Schönböck schnarchte und pfiff, während sie schlief. Er überlegte, ob er sie ins Bett tragen sollte. Er zwängte seine Füße in die Schuhe, ohne sich zu bücken. Es fiel ihm auf, daß er seine Hemdenknöpfe noch immer nicht richtig geschlossen hatte. Wie immer, wenn er sich nachts anzog, war er überzeugt, alle seine Kleider paßten ihm nicht. Er trug Frau Schönböck in ihr Bett, und sie wachte nicht auf. Dann löschte er das Licht und verließ die Wohnung.
    Es war erst elf Uhr, als er

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