Abschaffel
Übergardinen zuzog, erinnerte er sich an Margot. Wenn er mit ihr zusammengewesen war, mußte es hell im Zimmer sein. Dagmar verdunkelte den Raum fast vollständig. Sogar den hellen Streifen in der Mitte der beiden Gardinenhälften schloß sie sorgfältig. Sie zogen sich rasch aus. Ich muß mich erst noch ein bißchen waschen, sagte sie. Ist es dir unangenehm, wenn ich dir zusehe? fragte er. Ein bißchen schon, sagte sie. Dann drehe ich mich zur Wand, sagte er. Das Fließen des Wassers im Becken erregte ihn. Immer wieder klatschte Dagmar mit einem Waschlappen in das Becken und wrang ihn aus. Frierend kam sie zu ihm ins Bett. Sie hatte sich fast ganz ausgezogen; nur ihre dicken Wollsocken hatte sie nicht abgelegt. Ihr Körper war schwer und weich. Frierst du an den Füßen? fragte er. Das auch, antwortete sie, aber das ist nicht der Grund, warum ich die Strümpfe anhabe. Und der Grund ist? fragte er. Du lachst mich aus, wenn ich es sage, lachte sie. Sie küßte ihn, und ihre Haare fielen ihm ins Gesicht. Sie waren hart und strähnig. Dagmar lag auf ihm, und als er in sie eindrang, wunderte er sich, wie groß und weit ihr Geschlecht war. Nimmst du die Pille? fragte er. Nein, nicht mehr, sagte sie, aber du hast Glück, ich hatte erst meine Tage. Ich will wissen, warum du die Socken nicht ausziehst, sagte er; hast du einen Ausschlag? Sie lachte. Gleich sag ich es dir. Ich habe wieder das Gefühl, daß alles mißlingt, sagte er. Deine Wahrnehmungen betrügen dich, sagte sie. Er lachte kurz, und da kam es ihm schon. Jetzt meine ich, ich müßte mich entschuldigen, sagte er. Weil es zu Ende ist? fragte sie, oder weil überhaupt etwas geschehen ist? O Gott, stöhnte er, deine Fragen verfolgen mich noch genauer als meine. Mit einem Zipfel des Kissens wischte er sich das Gesicht ab. Ich bin fürchterlich ausgehungert, sagte er. Das war dir anzusehen, sagte sie. Hat dich meine Schnelligkeit nicht gestört? Ich bin genauso ausgehungert wie du, sagte sie, und es war höchste Zeit, daß ich mal wieder etwas gespürt habe. Sie lachten. Dagmar stieg aus dem Bett und ging zum Waschbecken. Sie wusch sich zwischen den Beinen. Riechst du deinen Samen? fragte sie zu ihm herüber. Nein, sagte er, wie riecht das denn? Streng, sagte sie, streng, fast säuerlich, wie eine alte Brotschublade. Dagmar wusch sich den ganzen Oberkörper. Der seifige Waschlappen über ihrer rechten Hand glitt geübt über den Körper. Er sah sich in ihrem Zimmer um. Er selbst wusch sich nie mit dem Waschlappen. Das glitschige, lappende Geräusch störte ihn, aber er sagte nichts. Als sie abgetrocknet war, kam sie wieder ins Bett zurück. Jetzt sag ich dir, warum ich die Socken nicht ausgezogen habe, sagte sie. Also erstens, weil ich friere, das weißt du ja schon; zweitens, weil du mich jetzt bitte an den Fußsohlen streicheln sollst. Das geht nur, wenn ich Socken anhabe, weil mich das Streicheln sonst kitzeln würde und ich das nicht aushalten könnte; tust du das? fragte sie. Wenn du es willst, sagte er. Sie drehte sich um und streckte ihm die Füße entgegen, und er begann tatsächlich, mit den Fingern ihre Wollsocken zu streicheln. Ist es so gut? fragte, er. Ganz toll, sagte sie, das könnte ich stundenlang haben. Sie drehte den Kopf zur Seite und bewegte ihren Körper nicht mehr. Das Fußsohlenstreicheln mit Strümpfen hat mein Vater erfunden, sagte sie. Er hat es auch bei mir getan, als ich klein war, jahrelang, und ich kann nicht darauf verzichten. Ahh, stöhnte sie auf, das geht mir bis ins Hirn. Hat es dein Vater auch bei deiner Mutter gemacht oder nur bei dir? fragte er. Das weiß ich nicht, antwortete sie, ich habe aber nie gesehen, daß er es bei meiner Mutter gemacht hat. Ich habe meinen Vater auch gestreichelt, aber nur sonntagsmorgens, wenn wir alle länger im Bett blieben. Hast du bei deinen Eltern im Bett geschlafen? fragte er. Nein, sagte sie, ich bin sonntags in ihr Bett gekrochen. Dann drehte sich mein Vater auf die Seite, und ich habe mich hinter seinen Rücken gelegt. Und dann hast du ihm den Rücken gestreichelt? Ja, bis ich müde wurde und wieder einschlief. Und deine Mutter? Die lag hinter meinem Rücken und hat nichts gesagt. Soll ich dir einmal vormachen, wie ich meinem Vater den Rücken gestreichelt habe? Ja, sagte Abschaffel. Er drehte sich mit dem Gesicht zur Wand, und Dagmar legte sich hinter ihn und begann mit den gespreizten Fingern der rechten Hand in vielen Richtungen über seinen Rücken zu gleiten. Gut, nicht? sagte sie. Ja,
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