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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Vale Allen
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lasse ich’s lieber gleich bleiben!”
    „Sollte er nochmal anrufen, verabrede ich mich vielleicht mit ihm zum Lunch. Einverstanden?”
    „Mir musst du nichts beweisen, Ro! Wieso meldest du dich nicht bei ihm und fragst zumindest, was er will?”
    „Wahrscheinlich höre ich sowieso nichts mehr von ihm.”
    „Na, das ist vielleicht ’ne Einstellung!” Kopfschüttelnd griff Mark nach der Kaffeedose.
    Richard, Marks neuer Freund, war Anfang vierzig, etwa einsfünfundachtzig groß, athletisch und sehr geschmackvoll gekleidet – schiefergrauer Anzug, gestärktes weißes Oberhemd mit feinen burgunderroten Streifen, dunkelgraue Seidenkrawatte. Seine Nase war einen Tick zu lang geraten, und die tief liegenden Augen hinter der Brille mit dem schmalen, goldfarbenen Gestell schauten etwas melancholisch drein. Mit seinem zurückhaltenden Lächeln und dem offenen Blick wirkte er jedoch ziemlich sympathisch. Rowena war auf Anhieb von ihm angetan.
    Sie hatte den beiden den besten Zweiertisch direkt am vorderen Fenster reserviert. „Freut mich sehr, Sie kennen zu lernen, Richard”, sagte sie.
    „Ganz meinerseits. Mark redet oft von Ihnen.”
    „Nun tu bloß nicht so, als spräche ich den ganzen Tag von Rowena”, lamentierte Mark. „Am Ende bildet sie sich noch was darauf ein!” Sein Gesicht hatte Farbe angenommen; Rowena hatte ihn lange nicht so glücklich gesehen, und dieser Eindruck verstärkte sich noch, als er Kip kommen sah.
    „Hallo, Onkel Mark! Hi! Wusste gar nicht, dass du kommst! Ist ja Klasse!”
    Mark stellte ihm Richard vor, und die zwei schüttelten sich die Hand.
    „Ich muss mich um einen Tisch kümmern”, sagte der Junge. „Aber ich lasse mich mal sehen, okay? War mir ein Vergnügen, Richard.”
    Nachdem er sich verabschiedet hatte, reichte Rowena den beiden die Speisen- und Getränkekarte. Dann bemerkte sie ein Paar, das unschlüssig am Empfang wartete. „Sucht euch bitte etwas aus. Ihr habt die freie Wahl. Lasst euch Zeit. Ich schaue bei Gelegenheit wieder vorbei.”
    Immer wieder blickte sie zu den beiden Männern hinüber, um zu sehen, wie sie miteinander auskamen. Als die zwei irgendwann in schallendes Gelächter ausbrachen, musste sie unwillkürlich lächeln. Offenbar hatte dieser Richard Humor – für Mark ein absolutes Muss, wenn es um Freunde ging. Gewiss fiel es beiden nicht leicht, ihre Erinnerungen an vergangene und verlorene Liebesbeziehungen zu verdrängen. Rowena konnte nur hoffen, dass es gut ausging mit den beiden. Das Alleinsein lag Mark nicht, und für seinen neuen Bekannten galt das offensichtlich gleichermaßen.
    Als Doug ihnen eine Flasche Wein mit den Empfehlungen des Hauses kredenzte, schauten die zwei Männer zu Rowena herüber und prosteten ihr zu. Sie lächelte zurück und wandte sich dann um, da sich in diesem Augenblick die Tür öffnete. Tony Reid trat ein, zusammen mit einem älteren Begleiter.
    Einige Sekunden lang stand sie starr vor Schreck da. Was, in aller Welt, suchte Reid denn hier? Und wieso kam er ausgerechnet an dem Abend, an dem Mark ebenfalls im Lokal war? Erneut fühlte sie einen dumpfen Schmerz in der Magengegend, und als sie schließlich ihr übliches Begrüßungslächeln aufsetzte, brach ihr mit einem Mal der Schweiß aus.
    Auch Reid lächelte und trat mit ausgestreckter Hand auf sie zu. „Miss Graham! Wie geht es Ihnen? Darf ich Ihnen meinen Kollegen Colin Innes aus London vorstellen? Er hält sich zu einem Besuch hier bei uns auf. Leider haben wir nicht reserviert; ich hatte gehofft, Sie könnten uns vielleicht dennoch irgendwo unterbringen.”
    „Nennen Sie mich doch bitte Rowena”, sagte sie. Um Fassung bemüht, schüttelte sie den beiden Neuankömmlingen die Hand und sah sich dann, wohl wissend, dass kein Tisch frei war, prüfend im Lokal um – eine Atempause, in der sie versuchen konnte, ihre Nerven unter Kontrolle zu bekommen. „Wir sind zwar ausgebucht, doch falls es Ihnen recht ist, können Sie an der Bar Platz nehmen. Ich würde Sie dann persönlich bedienen.”
    „Mir reicht das vollkommen”, bemerkte Innes, wobei er so breit lächelte, dass man seine Zähne sah. Sein ausgesprochen elitäres Oxford-Englisch verriet den Angehörigen der britischen Oberschicht.
    „Sehr zuvorkommend von Ihnen, Rowena”, bedankte sich Reid.
    „Gern geschehen.”
    Nachdem die zwei sich gesetzt hatten, bat Rowena Ian, sie einige Minuten am Eingang zu vertreten, und ging die Treppe hinunter zu den Damentoiletten. Dort hielt sie die Handgelenke unter das

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