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Abschied in Dunkelblau

Abschied in Dunkelblau

Titel: Abschied in Dunkelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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in das Schwimmbecken vom Flughafenmotel gehen und nur ab und zu lang genug auftauchen, um einen großen, kalten Cocktail zu trinken. Manche von den Mädchen bleiben einfach nur im Zimmer, aber ich finde, die sind zu kalt. Davon kriege ich Schnupfen. Ich bleibe über Nacht und fliege morgen um zehn wieder weiter, und irgendwie ist Houston immer so langweilig, wissen Sie?«
    Ihre sanften, verträumten blauen Augen beobachteten mich, ihr Mund lächelte mich an, und sie wartete ab, was ich unternehmen würde. Man kann fast überall eine von Tigers immerwährenden schwimmenden Hausbootpartys antreffen. In 8500 Metern Höhe, und das bei derselben Geschwindigkeit von 880 kmh, die das Geschoß eines 45er Armeerevolvers beim Austreten aus dem Lauf erreicht. Niemand hinterläßt beim anderen eine Spur. Man trifft nur indirekt aufeinander, klammert sich einen Augenblick lang aneinander fest und prallt dann voneinander ab. Danach würde sie »diese Stewardeß aus Houston« sein und ich dieser »Braungebrannte aus Florida«, es bliebe die kurzlebige Erinnerung an das gechlorte Wasser im Swimmingpool, den Gincocktail, das Steak, in der Mitte noch roh, und an den herzerfrischenden Rhythmus im Zwielicht der zugezogenen Vorhänge des grabeskalten Motelzimmers beim Ritt auf dem gestrandeten Fleisch der düsengetriebenen Walküre. Ein harmloses Vergnügen. Für harmlose Leute aus kratzfestem Plastik, die es verstehen, sich eine romantische Scheinwelt zu schaffen.
    Aber es gilt gemeinhin als unhöflich, den Appetithappen abzulehnen, ohne nicht wenigstens zu behaupten, er sehe köstlich aus.
    »Ich würde gerne in Houston bleiben«, sagte ich mit gekünsteltem Bedauern, »aber mein Ticket geht durch bis Harlingen.«
    Das Lächeln veränderte sich nicht, nur die Augen wirkten leicht abwesend. Sie plauderte noch ein Weilchen, dann schaukelte sie lächelnd den Gang entlang und bot ihre beruflich bedingten Dienstleistungen an. Die meisten von ihnen finden Ehemänner, manche sind in einsamen Feldern früh verblüht oder vertrocknet, manche wiederum werden zwanghaft, haltlos freizügig, Himmelsfahrer zwischen den Männern in jedem Hafen, Opfer des schnellen Durchgangsverkehrs, jeder Flug nur noch ein langgestreckter Bogen zwischen zwei Betten.
    Später sah ich sie in der Abfertigungshalle von Houston scherzend und plaudernd neben einem großen, auffällig gekleideten jungen Mann mit einem riesigen Texanerhut daherstolzieren.

    Kurz nach fünf war ich in Harlingen, die Sonne stand hoch am Himmel und knallte herunter, die Hitze war so drückend und feucht wie in Florida. Ich mietete einen Galaxie mit Klimaanlage, fand ein hohes, mit viel Glas gebautes Motel mit grünen Rasenflächen, Pool und Springbrunnen und nahm Quartier in einem schattigen, eiskalten Zimmer mit Blick auf den Swimmingpool. Ich duschte, zog mir ein Sporthemd und eine Hose an und fuhr durch die Gegend. Harlingen war ein Dorf, das sich Mühe gab, den Namen Stadt zu verdienen. Hohe, pastellfarbene Gebäude schossen aus unerfindlichen Gründen an unerwarteten Stellen hoch. Harlingen war mit Brownsville durch die Bundesstraße 77 verbunden, eine fünfundvierzig Kilometer lange Nabelschnur. George Brell residierte in Wentwood, Linden Way 18. Große Grundstücke, große, weit geschwungene Asphaltkurven. Von Architekten entworfene Häuser, überhängende Balkone, Innenhöfe, Rasensprenger, Auffahrten und Wendeschleifen aus braunem Kies, Palmen, Pfefferbäume, mexikanische Gärtner, Hausfrauen in kurzen Hosen, traditionelle, schmiedeeiserne Namensschilder. Nummer 18 bestand aus gelbem Kalkstein, Glas, Sequoiaholz und Schiefer. Vorschriftsmäßig bepflanzt. Ein schwarzer Lincoln und ein weißer Triumph in der Auffahrt, hinter einem der Fenster des Hauses starrte ein schwarzer Pudel in die Welt hinaus.
    Ich begab mich wieder unter die einfachen Leute und fand eine Bierkneipe. Gespräche wurden standardmäßig mit »Heiß heute« eröffnet, standardmäßig mit »Kann man sagen« quittiert.
    Das Bier war so kalt, daß es nach gar nichts schmeckte. Die Jukebox spielte traurige Country-Balladen. Ich traf auf einen gesprächigen Vertreter. Lokale Wirtschaftslage: Die verdammte Stadt war zu lange auf Gedeih und Verderb von der Luftwaffe abhängig. Stützpunkt eröffnen, Stützpunkt schließen und so weiter. Orangen und Grapefruits waren das Hauptgeschäft. Ein Jahr mit schwerem Frost und alles verreckt. Ein bißchen Wintertourismus war im Aufbau. Auf der Insel Padre und so. Mehr

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